Voerde. Ein Großteil des Tecklenburg-Grundstücks in Voerde liegt nach der Insolvenz brach. Welches Unternehmen nun einen möglichen Kauf des Areals prüft.
Beim Blick auf das riesige Gelände an der Friedrichsfelder Straße gegenüber der Polizeidienststelle bietet sich dem Betrachter ein facettenreiches Bild. Während auf einem Teilstück einige der dort ursprünglich geplanten Doppelhaushälften augenscheinlich in Richtung Fertigstellung gehen, herrscht auf dem Rest des Geländes noch immer Stillstand. An einigen Stellen haben sich aus Regenwasser kleine Seen gebildet. Ein Jahr ist es mittlerweile her, dass der Investor, der auf dem 43.000 Quadratmeter großen Grundstück ein neues Wohnquartier realisieren wollte, Insolvenz anmeldete. Nur wenige Monate später folgte auf die schlechte Nachricht, dass das Bauunternehmen Tecklenburg mit Hauptsitz in Straelen zahlungsunfähig ist, der finale Paukenschlag: Das Projekt in Voerde „wird vom Insolvenzverwalter nicht weitergeführt“, das Baugebiet „daher nicht weiter vermarktet“. Bereits laufende Bauvorhaben können durch die Käufer in Eigeninitiative fortgesetzt werden, lautete damals immerhin eine weitere Botschaft.
Etwa 30.000 Quadratmeter sind auf dem Gelände in Voerde bislang nicht bebaut
Und so kommt es, dass sich auf dem riesigen Gelände überhaupt etwas tut. Doch was ist mit den restlichen etwa 30.000 Quadratmetern, die bislang nicht bebaut sind? Was geschieht damit? Im Besitz von Tecklenburg „befindliche Grundstücke werden im Laufe des weiteren Insolvenzverfahrens im Sinne der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung zum Verkauf angeboten“, hieß es dazu, als öffentlich wurde, dass das Vorhaben mit Namen „Live green Voerde“ von dem Straelener Bauunternehmen nicht weitergeführt wird. Seit dieser letzten öffentlichen Verlautbarung sind erneut sieben Monate ins Land gegangen. Doch womöglich gibt es einen guten Grund zur Hoffnung, dass sich auf dem riesigen Areal wieder etwas tun könnte. Die Volksbank Rhein-Lippe überlegt, hier aktiv zu werden.
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„Wir beschäftigen uns mit der Frage, welche Rolle wir einnehmen können, dass es dort weitergeht“, bestätigt Vorstand Marc Indefrey auf NRZ-Anfrage ein entsprechendes Interesse, die verbliebene Grundstücksfläche zu erwerben. Noch ist hier ihm zufolge nichts entschieden, das Gelände habe noch nicht den Besitzer gewechselt. Die Volksbank Rhein-Lippe erwägt, sich dort zu engagieren. „Wir prüfen sehr ernsthaft die Möglichkeiten“, erklärt Indefrey.
Aber: Am Ende habe der Insolvenzverwalter den Hut auf, er entscheide, wie es mit dem Gelände weitergeht, betont er. Klar ist indes: Die Volksbank Rhein-Lippe hält die Fläche an der Friedrichsfelder Straße angesichts der Nähe zum Bahnhof und zum Zentrum für „hochattraktiv“. Auch verweist Indefrey, der selbst in Voerde lebt, auf die aus seiner Sicht „relativ ruhige Wohnlage“.
Der Finanzexperte spricht von dem Willen seines Hauses, „Verantwortung in der Region zu übernehmen“, damit ein Gelände mit einem solchen Potenzial „nicht brach liegt“. Zuallererst aber sei die Volksbank Rhein-Lippe ihren rund 32.000 Mitgliedern verpflichtet. Insofern gelte es zu prüfen, ob ein Erwerb des riesigen Geländes „wirtschaftlich sinnvoll“ sei. Der Gedanke ist, mit der Tochtergesellschaft, der Volksbank Immobilien Niederrhein, in die Entwicklung zu gehen, Grundstücke an interessierte Häuslebauer oder an Bauträger zu veräußern. Eine weitere Möglichkeit schließt Indefrey für die Volksbank Rhein-Lippe beinahe aus: Dass sein Haus eine „echte Bauträger-Tätigkeit“ übernimmt, sei „nicht das Ziel“.
Hintergrund
Im Sommer 2023 begannen die Bauarbeiten für das neue Wohnquartier „Live Green Voerde“ der Firma Tecklenburg. Bei einem offiziellen Termin Ende August desselben Jahres nahmen Firmenchef Hermann Tecklenburg und Voerdes Bürgermeister Dirk Haarmann die Grundsteinlegung vor, mauerten gemeinsam eine Zeitkapsel ein. Der Verwaltungschef betonte damals die Bedeutung des Vorhabens für die Kommune: „Das ist das größte Wohnbauprojekt in der Stadt Voerde in den vergangenen Jahrzehnten.“
Im ersten Bauabschnitt sollten 16 von insgesamt 78 geplanten Doppelhaushälften gebaut werden. Zu einem Abschluss aber kam es nicht mehr. Ein halbes Jahr nach dem Start meldete die Firma Tecklenburg Insolvenz an.
Die Firma Tecklenburg wollte auf dem Areal an der Friedrichsfelder Straße 78 Doppelhaushälften – davon wird momentan gerade mal ein Bruchteil in Eigeninitiative realisiert – und sieben Mehrfamilienhäuser mit jeweils 19 Eigentumswohnungen bauen. Ob dies am Ende unter der Regie der Volksbank Rhein-Lippe eins zu eins so umgesetzt würde, sollte sie tatsächlich einsteigen, lässt sich heute noch nicht sagen. Der gültige Bebauungsplan für das Gelände an der Friedrichsfelder Straße wurde jedenfalls auf das Tecklenburg-Projekt abgestimmt. Die Lage der Baukörper ist, wie berichtet, ebenso festgeschrieben wie die Lage der Grünflächen, der Verkehrswege und der Erschließungslinien.
„Es muss darum gehen, eine zum Stadtbild passende Planung mit der Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum übereinander zu bringen.“
Die Volksbank Rhein-Lippe findet den Bebauungsplan „grundsätzlich gut“ und sieht auch innerhalb dieses Plans gewisse Anpassungsmöglichkeiten, wie Marc Indefrey sagt. Am Ende entscheide aber die Nachfrage, was gut ist. „Letztlich sind die Interessenlagen von Stadt und Investoren hier gleichgerichtet. Es muss darum gehen, eine zum Stadtbild passende Planung mit der Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum übereinander zu bringen“, erläutert Indefrey. Die Grundlage, die der B-Plan hier bietet, ist nach seiner Einschätzung gut.
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Der Wunsch nach Wohneigentum sei nach wie vor ausgeprägt, erklärt Indefrey. Die deutlich gestiegenen Baukosten infolge teurer gewordener Materialien, höherer Löhne und kostspieliger Vorschriften, wie gebaut werden muss (ein Stichwort: energetische Vorgaben), machten es für viele jedoch schwierig, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Auf der anderen Seite gebe es einen hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum.
Bürgermeister der Stadt Voerde zeigte sich im Frühsommer 2024 hoffnungsfroh, dass es weitergeht
Bürgermeister Dirk Haarmann zeigte sich im Frühsommer 2024 gegenüber der NRZ hoffnungsfroh, dass sich für das Projekt ein Nachfolge-Investor findet, der die bestehende Planung in Teilschritten umsetzt. Ob es mit der Volksbank Rhein-Lippe ein regional tief verwurzeltes Unternehmen sein wird, muss sich nun zeigen.