Hünxe. Zu einer Tour durch die Geschichte von Gartrop nahm Helene Förster vom Heimatverein die Gäste mit. Wie man den Ort auch selbst erkunden kann.
In Hünxe in den Adelsstand aufsteigen? Das geht ganz schnell, zumindest, wenn man an Helene Försters Tour durch die Geschichte Gartrops teilnimmt. Die Beisitzerin des Vorstands des Hünxer Heimatvereins führt eine Gruppe von interessierten Bürgern durch die Geschichte des Ortsteils. Und die beginnt natürlich am Schloss Gartrop, der „Keimzelle des Ortes“; wie Helene Förster sagt.
Wie nun die Führungsteilnehmer zu Adeligen werden? Ganz einfach: Helene Förster zieht sich einige der Männer aus der Gruppe, stellt sie hin und führt sie als die ehemaligen Herren des Schlosses ein. Ob es nun Henricus de Gardape ist, seine Nachfolger aus der Familie von Hüchtenbruck oder die späteren Freiherren von Quandt: Helene Förster lässt sie mit Hilfe ihrer Führungsgäste wieder auferstehen.
Geldverleih an den preußischen König
Dabei wird klar, wie bedeutend und einflussreich die Herren von Schloss Gartrop einst waren. Sie wurden Erbkämmerer der Grafen von Kleve und bauten sich ab 1675 das Barockschloss auf. Und sogar der preußische König Friedrich I. kam nicht an der Herren von Gartrop vorbei. „18.000 Taler hat er sich von ihnen geliehen, damit er Schloss Moyland kaufen konnte“, berichtet Helene Förster. Seinerzeit war Friedrich allerdings noch brandenburgischer Kurfürst und zahlte insgesamt 150.000 Taler für das Schloss. Eine nicht ganz kleine Summe, wenn man bedenkt, dass die Staatseinnahmen des Königsreiches in der Zeit bei um die zwei Millionen Taler lagen.
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Für die Gartroper selbst dürfte allerdings Schlossherr Heinrich von Quandt zu Wickrath bedeutender gewesen sein. „Er sorgte dafür, dass die Gartroper von Plünderungen während der Französischen Revolution verschont blieben“, führt Helene Förster aus. „Dafür mussten die Hünxer dran glauben.“ Schließlich übernahm die Familie von Nagell das Schloss von 1805 bis zum Ende der 1990er-Jahre. Heute ist das Schloss ein Hotel. „Eine Eventlocation - oder wie man sagen könnte: Man kann hier gut Essen, Trinken und Feiern - aber es kostet etwas“, fasst die Gästeführerin zusammen.
Badeanstalt, Baum und „Beamer“
Gleich neben dem Schloss liegt der Burggraben. „Das war früher eine Badeanstalt, in der halb Gartrop schwimmen gelernt hat“, weiß Helene Förster zu berichten. Allerdings musste der Badespaß zeitig beendet werden, damit sich der Sand im Wasser setzen und die Pferde gefahrlos daraus trinken konnten.
Gleich neben dem Graben findet sich ein besonderer „Star“: die Flatterulme am Schloss Gartrop. Der 300 Jahre alte Baum mit rund fünf Meter Umfang findet sich im deutschlandweiten Baumregister für alte und bemerkenswerte Bäume und Naturdenkmäler. Weiter den Weg am Schlossgraben entlang wohnten früher Tabakarbeiter in kleinen Häusern. „Da wurde Tabak angebaut und Schnaps gebrannt“, berichtet Helene Förster. Einer der Nachfahren der damals oft aus den niederlanden stammenden Arbeiter lebt bis heute im Ort.
An der Wassermühle erklärt Helene Förster den Besuchern dann die Geschichte des übrigen früheren Herrschaftssitzes. Dazu darf ihr Ehemann Hans-Dieter Förster den „menschlichen Beamer“ spielen, indem er Bilder der früheren Anlage hochhält. Die war früher mit noch mehr Gebäuden ausgestattet und verfügte sogar über ein eigenes Wildgehege.
Besondere Gebäude in Gartrop gekennzeichnet
Vom Schloss aus ging es weiter durch den Ort. Den kann man nun, Dank des Heimatvereins, allerdings auch auf eigene Faust erkunden. Denn der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, historische Gebäude und Orte zu kennzeichnen und sie der Öffentlichkeit näherzubringen. Zu diesem Zweck wurden jetzt auch in Gartrop Gebäude mit Bronzetafeln gekennzeichnet, die an den Häusern selbst oder an Findlingen angebracht sind. „Da die Arbeiten sehr kostenaufwendig sind, mussten sie auf mehrere Jahre verteilt werden“, erklärt Heinz Rühl, der Vorsitzende des Heimatvereins. In Hünxe und Drevenack wurden die Arbeiten bereits früher umgesetzt.
Historische Stätten in Gartrop
Die folgenden Gebäude und Orte hat der Heimatverein in Gartrop mit den Findlingen und Bronzetafeln kennzeichen lassen: Die ehemalige alte Försterei (Gahlener Straße 128), die ehemalige neue Försterei (Scheperstraße 21), das alte Bürgermeisteramt (Gahlener Straße 124), den Friedhof (Gahlener Straße), das Alte Pastora (Bühler Stege 1), die ehemalige Ev. Volksschule (Gahlener Straße 119), das ehemalige Rentmeisterhaus (Gahlener Straße 122), die Schlossmühle (Schloßallee 2) und die Kaisereiche (Schlossallee/Ehrenmal).
Auf den hier angebrachten Bronzetafeln gibt es jeweils eine kurze Information zu der jeweiligen historischen Stätte zu lesen. So erfährt man etwa, dass die Bürgermeisterei Gahlen als Vorgänger der Gemeinde Hünxe in Gartrop ihren Sitz hatte und auch der Bürgermeister hier seine Wohnung hatte.
Dazu gab es von der Bürgerstiftung der Sparkasse und der Nottenkämper-Tonstiftung jeweils Spenden an den Heimatverein. Und auch die Gemeinde Hünxe wirkte mit: Mitarbeiter des Bauhofs übernahmen den Transport und das Aufstellen der Findlinge. Zudem waren auch die heutigen Grundstückseigentümer mit im Boot, auf deren Gelände nun die Findlinge zu finden sind. „Der Heimatverein hofft und wünscht, dass mit der Kennzeichnung entscheidend dazu beigetragen wurde, dass die Bedeutung der historischen Gebäude und Stätten in Erinnerung bleibt“, so Heinz Rühl.