Dinslaken. Scott Hamilton trat mit Chris Hopkins‘ German-American Jazz Quartet in Lohberg auf: der Mann mit dem „wohl schönsten Tenorsaxophon-Ton der Welt“.

Das Konzert ist ausverkauft, die Luft im Saal des Ledigenheims ist bereits am frühen Sonntagabend zum Schneiden dick. Doch genau diese Luft braucht der Mann, für den einige Jazz-Freunde sogar von Leer, Bremen und der Lüneburger Heide nach Dinslaken angereist sind, um ihn spielen zu hören: Scott Hamilton, der zehn Tage zuvor seinen 70. Geburtstag feierte, ist eine Legende des Straight-Ahead-Jazz. Er stand mit Benny Goodman auf der Bühne, spielte das 2002er-Album von Tony Bennett ein – nur ein Tonträger unter Hunderten.

Chris Hopkins, mit dessen German-American Jazz Quartet Hamilton der Einladung der Jazz Initiative Dinslaken folgte, stellt ihn als den „Mann mit dem wohl schönsten Tenorsaxophon-Ton der Welt“ vor. Was das Geheimnis seines Spiels ist, durfte man zweieinhalb Stunden ergründen – wenn man sich nicht bis zu den Standing Ovations zum Schluss einfach nur zurücklehnen wollte, um den Interpretationen der melodischen Jazz-Klassiker von Gershwin, Porter und Ellington in einem einmaligen Sound zu lauschen.

Der Abend beginnt mit „I can‘t believe that you`re in love with me“ von 1926. Und augenblicklich wird klar, was Hamiltons Tenorsaxophonspiel so einmalig macht: Es verkörpert schlicht und einfach das Ideal. Die Melodien swingen nicht einfach, der Klang ist nicht einfach nur samtig weich: Jeder einzelne Ton, den Hamilton aus dem Instrument heraus zaubert, trägt alles, was den klassischen, melodischen Jazz ausmacht.

Hamilton formt jeden Ton einzeln, klanglich und dynamisch, lässt ihn dann federnd Swing tanzen. Samtig weich ist der Klang, und doch spürt man das Physische, wie der Atem das Rohrblatt in Schwingung versetzt. Lang angehaltene Töne setzt Hamilton nur wohldosiert ein, das Belting verleiht ihnen gesangliche Qualität, ein kleiner verzierender Schlenker zum Schluss das jazzige Element. Und alles ist eingebettet im Groove der großen musikalischen Spannungsbögen: Jazz-Genuss pur.

Swing-Pianist und charmanter Moderator

Es gibt Momente, in denen Hamiltons Tenorsaxophon völlig allein erklingt. Aber das ist es nicht. Henning Gailing ist nicht grundlos Chris Hopkins‘ erste Wahl, wenn es um den Kontrabass im Straight-Ahead-Jazz geht. Gailing schafft nicht nur das rhythmisch schwingende Fundament, seine Soli sind überaus melodiös, sein Spiel also gleich in doppelter Hinsicht tragend.

Chris Hopkins selbst ist seit seinen ersten Auftritten mit dem Echoes of Swing ein Stammgast der Jazz Initiative. Ein Swing-Pianist par excellence, aber auch ein charmanter Moderator. Gleich zu Beginn bat er um extra viel Applaus: Das Konzert werde aufgezeichnet. Das Publikum folgte dem nur zu bereitwillig, das Quartett machte es ihm auch leicht.

Highlights: George Gershwins „Someone to watch over me“, Rene Paulos „Ricardo Bossanova“. Eigentlich jede Ballade, die Hamiltons Ton voll zur Geltung brachte. Und das Stück, das dieser einem Kater widmete: „Moonriver“. Orangey spielt in „Frühstück bei Tiffany‘s“ mit, so wie in Produktionen von „Rhubarb“ (1951) bis „Mission Impossible“ (1967). Ein Star auf Samtpfoten – wie passend zu Scott Hamiltons Tenorsaxophon.