Essen. Bei der Contemporary Art Ruhr auf Zollverein sind 300 Künstler vertreten, darunter Thomas Baumgärtel. Was es noch alles zu sehen gibt.
Ein lieblich und gleichsam verstörender Berg Puppen und Masken als Stillleben: Auf ihren Ölgemälden widmet sich die 86-jährige Künstlerin Gudrun Brüne dem gesellschaftlichen Miteinander. Die Maske als Wechselspiel aus Transparenz und Verbergen, die den Menschen hinter der Verhüllung erkundet.
In der DDR aufgewachsen, hat sie die Wende und die Wiedervereinigung erlebt, ist bis heute als Künstlerin bekannt. In Anlehnung an die Berliner Trümmerberge der Nachkriegszeit verweist die Witwe des Malers Bernhard Heisig mit Humor auf die versteckte Systemkritik während ihres Erwachsenwerdens und gleichzeitig auf aktuelle multiple Krisen. Mit der Galerie ARTAe aus Leipzig ist sie zum ersten Mal auf der Kunstmesse „Contemporary Art Ruhr“, kurz C.A.R., auf dem Welterbe-Zeche Zollverein in Essen vertreten.
Über 300 lokale und internationale Künstlerinnen und Künstler stellen in vier Hallen der Industriearchitektur ihre Arbeiten zwischen Malerei, Skulptur, Zeichnung und Grafik, Fotografie, Installationen und Videokunst aus und geben damit Einblicke in aktuelle Strömungen der zeitgenössischen Kunst. Die Kunstmesse läuft vom 25. bis 27. Oktober und findet bereits zum 18. Mal statt.
Contemporary Art Ruhr (C.A.R.): Eine neue Galerie aus Essen fördert unbekannte Künstler
Auch die Galerie Spitzbart und Bracke aus Essen, die erst im August eröffnete, hat ihren ersten Auftritt auf der Messe in Halle 5. Mit seiner Rente ist Klaus-Otto Bracke von einem Sammler zum Galeristen geworden. „Uns ist es wichtig, zeitgenössische und möglichst unbekannte Künstlerinnen und Künstler zu zeigen. Es gibt viel gute Künstler, aber zu wenig Galerien“. Auch politische Botschaften kommen nicht zu kurz, wie etwa bei der Künstlerin Heike Kurth, die in ihrer Reihe „All die Dinge“ aus Müll Kunst schafft. So webt sie aus Kassenzetteln und Verpackungen Werke, die an Teppiche erinnern.
Zwischen den in Vielzahl präsentierten C.A.R.-Talenten in der Halle 12, dem Ruhrländischen Künstlerbund und der Hochschule der Bildenden Künste Essen sind auch elf Künstlerinnen und Künstler aus der Mongolei zum ersten Mal dabei. Neben vielen Messe-Neulingen, darunter auch die Essener Galerie Ludwig Kleebolte, die Haze Gallery aus Berlin, Galerie Minrath, Köln/ Mallorca und Galerie 21.06 aus Ravensburg, finden sich einige vertraute C.A.R.-Akteure in den vier Hallen.
Darunter: Papierskulpturen von Suria Kassimi, Fotoprints von Tom Bienert, figurative Kleinbronzen von Petra Giesberg, farbstarke Porträts von Maria Mancini und Tafelbilder von Barbara Niesen, vertreten von dem Kunsthaus Hage, das mit acht Künstlerinnen und Künstlerinen auf eine außergewöhnlich große Stilmischung setzt. Eine unverwechselbare Ausdruckssprache zeigt sich auch wenige Stände weiter bei der Dortmunder Galerie ART|CON von Britta Blom. Die Künstler– allesamt aus dem Ruhrgebiet – schaffen Werke aus Holz, Papier oder Bienenwachs, wodurch sie sich besonders abheben.
Für eine Studienreise durch das Ruhrgebiet hat sich der Leipziger Künstler Metulczki der Tradition der Region angenähert und sich in die urigen Kneipen begeben. Das Ergebnis: zwölf Bier-Stillleben unter dem Titel „Trinkgedächtnisse“, ein Begriff aus der Suchttherapie, den er mit einem Augenzwinkern adaptierte. Zwischen Romantisierung und Tristesse greift er die Profanität des Alltags in den Kneipen auf. Ortskundige könnten das Jago in Bochum und die Rathausschänke in Bottrop, die mittlerweile geschlossen hat, erkennen. Auch der bekannte Künstler Thomas Baumgärtel mit seinen Bananen-Motiven ist wieder dabei.
Zeche Zollverein Essen: Kunst trifft auf Industriearchitektur
Neben den zeitgenössischen Werken gibt es auch weitere Veranstaltungen. Am Samstag, 26. Oktober, können Besucherinnen und Besucher zwischen 13 und 17 Uhr am C.A.R. Super Saturday Editionen und Unikate zu einem besonderen Preis kaufen, Werke signieren lassen oder Kunstaktionen erleben. In Halle 6 gibt es um 14.30 Uhr zudem einen Vortrag von dem Galeristen, Kurator und Kunstcoach Axel Schöber über Künstliche Intelligenz und Kunst, bei dem er sich der Frage annähert, wie sich die Wahrnehmung von Kunst verändert. Passend dazu spielt die Künstlerin Maria Kirchhof in ihren Selbstporträts zu Traumata mit Malerei und KI.
Contemporary Art Ruhr, Zeche Zollverein, Hallen 5, 6, 8 und 12, Gelsenkirchener Straße 181, 45309 Essen. Freitag 19-22 Uhr, Samstag 11-19 Uhr; Sonntag 11-19 Uhr. Eintritt: je Veranstaltungstag: 14 €, ermäßigt 12 €. Tageskasse in Halle 8.