Essen. Becket, Melville, Shakespeare, Büchner: Unsere Übersicht, wie die Theater von Dortmund bis Düsseldorf in die neue Spielzeit starten.

Wo Robert Wilson auf Walfang geht: Moby Dick landet am Rhein

Nicht auszuschließen, dass wir rückblickend bloß von Sprotten und Stichlingen schreiben, aber welche Aussicht!: Robert Wilson inszeniert „Moby Dick“ samt großer Live-Band. Ein Admiral des Welttheaters geht auf Fischzug nach einem Monster der Weltliteratur. Düsseldorfs Schauspielhaus hat die hochprominente Paarung an Land gezogen. Und hofft ganz sicher auf einen Nachfolger von Wilsons „Sandmann“, Publikumsmagnet bis heute. Wiederum für Melvilles Riesenroman hat die britische Pop-Künstlerin Anna Calvi die Musik komponiert. Und ganz Trend ist nicht zuletzt die Besetzung: Ahab, der wahnsinnige Waljäger ist eine Frau. Passt irgendwie, dass Rosa Enskat am Rhein auch schon mal die Mutter Courage gespielt hat. Premiere 7.9., ausverkauft. Viele Vorstellungen in Folge. Details unter www.dhaus.de

Auch Filmgeschichte schrieb Hermann Melvilles Wal „Moby Dick“ jagte ihn als Ahab 1956 für die Traumfabrik Hollywood. Nun gibt es eine Bühnenfassung von Altstar Robert Wilson am Düsseldorfer Schauspielhaus
Auch Filmgeschichte schrieb Hermann Melvilles Wal „Moby Dick“ jagte ihn als Ahab 1956 für die Traumfabrik Hollywood. Nun gibt es eine Bühnenfassung von Altstar Robert Wilson am Düsseldorfer Schauspielhaus © Getty Images | Archive Photos

Trägt Geduld Rosen? Bochum wartet auf Godot

Die Spannung dehnte sich. Warten eben: Was ein gefeierter Regiestar seiner Generation wie Ulrich Rasche aus Samuel Beckets „Warten auf Godot“ herauslesen würde, sollte eigentlich schon letzte Spielzeit ans Licht des Bochumer Schauspielhauses kommen. Es gab Erkrankungen, Aufschübe... Aber jetzt: Stolze drei Stunden soll das absurde Auf-der-Stelle-Treten vollzogen werden. Man darf sicher sein, dass es ein Gegenentwurf wird zu Matthias Hartmanns Jux-Aufführung, die weiland mit Fritz Schediwy, Ernst Stötzner, Michael Maertens und „starring guest“ Harald Schmidt abertausende Zuschauer in die Warteschleife absurden Theaters lockte. Mit Guy Clemens, Dominik Dos-Reis und Steven Scharf steht die aktuelle Crème de la Crème des Ensembles auf der Bühne. Premiere ist am 6. September, es gibt Restkarten. Weitere Termine unter www.schauspielhausbochum.de

Aus dem Nichts die Funken der Weltliteratur geschlagen: 1969 ging für seine Arbeit der Literaturnobelpreis an Samuel  Beckett.
Aus dem Nichts die Funken der Weltliteratur geschlagen: 1969 ging für seine Arbeit der Literaturnobelpreis an Samuel Beckett. © picture alliance / AP Photo | BARBARA JACKSON

Entdeckungsreise am Grillo-Theater

Mit Gegenteil eines Klassiker-Einstands geht Essens Intendantinnenduo in seine zweite Spielzeit: vergessene Literatur! Der 2018 wiederentdeckte Roman „Der Reisende“ von Ulrich Alexander Boschwitz eröffnet in einer Bühnenfassung die Spielzeit. Boschwitz schrieb mit 23 Jahren 1939 über das Deutschland seiner Zeit. Im Grillo-Theater soll das Werk mit unserer Gegenwart korrespondieren. Premiere ist am 13.9. Für die Premiere sind noch Karten zu haben: www-theater-essen.de

Die Intendantinnen des Schauspiels Essen Christina Zintl und Selen Kara. Auch die neue Spielzeit soll überraschen - etwa mit einem Stück vergessener Literatur.
Die Intendantinnen des Schauspiels Essen Christina Zintl und Selen Kara. Auch die neue Spielzeit soll überraschen - etwa mit einem Stück vergessener Literatur. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Dortmund zwischen Büchner und Kant

„Dantons Tod und Kants Beitrag“. Ob mit solchen Werktiteln das schwer angeschlagene Dortmunder Schauspielhaus das Ruder herumreißt? Den Ehrgeiz, auch theaterferne Menschen zu locken, dürfte das nur in Gestalt eines Wunders speisen. Hinter dem Titel der Eröffnungspremiere verbirgt sich offenbar ein Stück Theater auf dem Theater, in dem „das tapfere Ensemble weiter für die zentralen Versprechen der Aufklärung kämpft“. Regie führt Kieran Joel, der letzte Spielzeit Marx und Musical für Dortmunder Verhältnisse relativ publikumsnah an den Mann brachte. Premiere ist am 14. September. Wie zuletzt leider fast immer gibt es noch reichlich Karten: www.theaterdo.de

Kämpft mit  extrem schwachem Publikumsinteresse: Dortmunds Schauspiel-Intendantin Julia Wissert.
Kämpft mit extrem schwachem Publikumsinteresse: Dortmunds Schauspiel-Intendantin Julia Wissert. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Mülheim: Theater an der Ruhr kreist ums Geheimnis

Das einzige Theater auf dieser Seite, das schon längst wieder im Spielbetrieb ist: Mülheim. Das hängt einerseits mit der Open-Air-Premiere von „Ödipus“ zusammen, andererseits wird an der Ruhr ja nicht mehr durch-, sondern auf Zeitinseln gespielt. Die erste endet bereits am 14.9. Alle Produktionen drehen sich in der ganzen Spielzeit ums Thema „Geheimnis“. Mehr Info: theater-an-der-ruhr.de

Moers spielt Shakespeare „in Park und Schloss“

„Wegen des sich ändernden Sonnenuntergangs variieren die Anfangszeiten der einzelnen Vorstellungen.“ Sie merken schon: Intendant Ulrich Greb nimmt am kleinen Moerser Schlosstheater Shakespeare beim Wort. Dieser „Sommernachtstraum“ wird drinnen und draußen spielen - und das bei (regendichte Kleidung mitbringen!) nahezu jedem Wetter. Das Verwirrspiel um Liebe hat Greb als Regisseur auf vier Akteure eingedampft, die markige Übersetzung Frank Günthers dürfte ihren Teil beitragen zu einem intensiven Theatererlebnis „in Park und Schloss“, wie es heißt. Premiere (ausverkauft) ist am 5.9., danach folgt ein dichter Aufführungsreigen. Info: schlosstheater-moers.de

Filmreif: „Ein Sommernachtstraum“, 1999, in dem Kinoerfolg mit Kevin Kline und Michelle Pfeiffer. Am Moerser Schlosstheater wird Shakespeares Liebeskarussell von nur vier Darstellern zur Rotation gebracht.
Filmreif: „Ein Sommernachtstraum“, 1999, in dem Kinoerfolg mit Kevin Kline und Michelle Pfeiffer. Am Moerser Schlosstheater wird Shakespeares Liebeskarussell von nur vier Darstellern zur Rotation gebracht. © Picture Alliance/United Archives | United Archives/Impress

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