Essen. Autorin Johanna Dürrholz geht in ihrem Buch der Kinderfrage auf den Grund: „Ich glaube, jede Frau in meinem Alter stellt sich die K-Frage. Jede.“

  • Johanna Dürrholz ist Anfang dreißig, Journalistin und Autorin. In ihrem Buch „Die K-Frage“ geht sie der Frage nach was es bedeutet, sich heutzutage für oder gegen Kinder zu entscheiden.
  • Sie ist sich sicher, die K-Frage trifft irgendwann alle und deshalb ist es wichtig darüber nachzudenken und zu sprechen.
  • Die NRZ spricht mit der Autorin über ihre Recherche, verzweifelte Kinderwünsche, Patchworkfamilien und ob sie ihrer persönlichen K-Frage etwas näher gekommen ist.

An einer Frage kommt keine Frau vorbei: an der K-Frage. Also der Frage nach eigenen Kindern. Gibt es einen Kinderwunsch? Passen Kinder in den persönlichen Lebensplan? Sollte man in Zeiten von Klimakrise und Zukunftsängsten noch Kinder in die Welt setzen? Lebt man überhaupt in einer passenden Partnerschaft und wenn nein, will man es trotzdem probieren mit dem Nachwuchs? Hinzu kommt die Frage nach der biologischen Uhr, die meist von Außenstehenden gestellt wird. Dabei ist die Entscheidung eine höchstpersönliche.

Auch bei Johanna Dürrholz wird die Frage immer präsenter. Sie ist eine junge, erfolgreiche Journalistin und Autorin, lebt mit ihrem Partner in Köln und führt ein erfülltes Leben. Unterschwellig sei ihr immer klar gewesen, dass sie Kinder wolle. Doch jetzt ist sie 32 Jahre alt und es schwebt noch immer ein großes „Später“ in ihrem Kopf. Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb sie über verschiedene Facetten der K-Frage. „Die Flut an Leserbriefen war unglaublich. Mich rief sogar ein Gynäkologe an und bot mir an, meine Eier einfrieren zu lassen“, erzählt sie lachend.

Lesen Sie hier drei verschiedene Perspektiven zum Thema

Ein unstillbarer Kinderwunsch

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Daraufhin spricht sie mit Frauen und Männern, mit Kinderlosen und Eltern, mit Patchwork- und Alleinerziehenden, über Unfälle und akribische Planungen. „Ich glaube, jede Frau in meinem Alter stellt sich die K-Frage. Jede. Selbst die, die sagen, dass sie sicher kein Kind wollen, zweifeln. Und die, die wollen, zweifeln auch. Oft, weil sie nicht den richtigen Partner haben.“ Die Geschichten sammelt sie in einem Buch – „Die K-Frage“.

Sie trifft auf Katja, einer Frau, die mit 25 eine unbändige Sehnsucht nach Kindern verspürt, aber mit ihrem Partner an erfolglosen Versuchen verzweifelt. „Sie hat alles versucht, um Kinder zu kriegen. Sie hatte einen unglaublich starken Kinderwunsch in sich.“ Hormonbehandlungen und Kinderwunschklinik. Ein Sechser im Lotto sei wahrscheinlicher als ein gemeinsames Kind. Erst als sie die Hoffnung schon aufgibt, wird sie schwanger, entgegen aller Erwartungen. Doch auch nach der risikoreichen Schwangerschaft, inklusive Notkaiserschnitt und der Geburt eines gesunden Sohnes, ist Katjas Kinderwunsch nicht gestillt. Erst bröckelt ihre Ehe, dann zerbricht sie. Ihr neuer Partner möchte keine weiteren Kinder mehr, er ist sterilisiert.

Erfüllung des Kinderwunschs wird zur Passion

Es folgen Co-Parenting-Versuche, also eine gemeinsame Familienplanung ohne romantische Gefühle, mit homosexuellen Paaren und einem privaten Samenspender, aber lange Zeit funktioniert es nicht. „Am Ende ist sie dann in den Niederlanden durch In-vitro-Fertilisation mit Sperma aus Dänemark schwanger geworden. Jetzt hat sie zwei Kinder, aber es sind noch immer Eizellen eingefroren.“

Die Gespräche mit Katja haben Johanna Dürrholz gezeigt, dass sie diese Art des Kinderwunsches nicht in sich trägt. „Ich selbst kann mir nicht vorstellen, so viel zu unternehmen. Aber für andere Menschen wird die Erfüllung des Kinderwunschs zur Passion.“ Katjas Geschichte zeigt aber auch Ungerechtigkeiten auf. „Warum darf man Spermien spenden, aber keine Eizellen?“, stellt Johanna in den Raum, um die Frage für sich gleich selbst zu beantworten: „Auch, weil die Gesellschaft noch immer über gerne über weibliche Reproduktionsorgane bestimmen möchte.“

K-Frage: Es gibt nicht das Eine Modell

Auch wenn Johanna die Geschichten von außen betrachtet, mit einer Frau aus dem Buch kann sie sich besonders gut identifizieren: „Lilli kenne ich schon ganz lange und ich würde sagen, ich spiegele mich in ihr.“ Lilli hat Schwierigkeiten, mit den Erwartungen an sie als junge Mutter umzugehen. Immer super erfolgreich im Beruf, eine entspannte Frau. „Sie hatte mehrere Männer unter sich, war die einzige Frau in ihrem Bereich.

Dann ist sie ungeplant schwanger geworden und seitdem hat sich alles verändert.“ Plötzlich wurde sie bevormundet, andere wussten alles besser: Kein Kaffee mehr, bessere Ernährung, die Stillhaltung verändern, und so weiter. Das strengt an, „obwohl sie super gerne Mutter ist und auch in der Beziehung alles gut läuft.“

Wenn aus der Frau die Mutter wird

Genau auf dieses Kapitel bekam Johanna Dürrholz die meisten Reaktionen, viele Frauen konnten sich damit identifizieren. „Allein als Mutter abgestempelt zu werden, das passt überhaupt nicht in mein Selbstbild. Ich könnte das Mutter-Sein zu allem, was da ist, hinzufügen: Journalistin, Autorin, Basketballspielerin, nette Person. Aber das alles ist dann mit einem Mal weg, tritt in den Hintergrund – und Du bist nur noch Mutter. Genau vor dieser Schublade, vor dieser Erwartungshaltung habe ich Angst. Ich würde mich gerne zusätzlich als Mutter sehen. Aber dass das die alleinige Identifikationsmöglichkeit sein soll, finde ich merkwürdig.“

Im besten Fall steht vor der K-Frage die Kommunikation

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Auch ungleiche gesellschaftliche Perspektiven auf Mütter und Väter thematisiert sie. „Du kannst in Deutschland als Mutter nicht viel richtig machen. Wenn du nach sechs Wochen wieder anfängst zu arbeiten, dann bist du die Rabenmutter und wirkst unsympathisch. Bleibst du als Frau aber eineinhalb Jahre zuhause, giltst du als unflexibel. Für Väter macht das im ersten Moment keinen Unterschied – sie werden eher bevorteilt. Wir müssen anfangen, diese Rollenbilder zu hinterfragen, das ist der erste Schritt. Aber auch der Arbeitsmarkt muss sich da ändern.“

Die Antwort auf ihre persönliche K-Frage hat Johanna trotz ihrer Recherchen nicht gefunden. Sie wägt Klimakrise, Karriere und kurze Nächte ab, ist noch unentschieden, bleibt aber entspannt. Was sie auf jeden Fall mitgenommen hat: Ein wichtiger Teil der K-Frage ist gute Kommunikation. „Paare sollten vorher miteinander sprechen. Was wollen wir wirklich? Wie wird die Elternzeit aufgeteilt, wie wird alles finanziert und wann geht für wen im Job weiter?“ Unter anderem, damit Familien nicht ungewollt in traditionelle Rollenbilder rutschen. Aber am Ende gelten, trotz allem, die letzten Worte ihres Buchs: „Leben passiert.“