Britische Regierung teilt mit: Experten haben bei Fleischproben in Frankreich Schmerzmittel entdeckt, die für Menschen schädlich sind.

Berlin/Brüssel/London. Neuer vorläufiger Tiefpunkt im aktuellen Lebensmittel-Skandal: In Pferdefleisch, das in Frankreich in die Lebensmittelkette gelangt ist, haben Experten ein für Menschen schädliches Schmerzmittel nachgewiesen. Das teilte die britische Regierung am Donnerstag mit.

Auch in Deutschland zieht der Pferdefleisch-Skandal immer weitere Kreise. Am Donnerstag meldeten die Länder Baden-Württemberg und Brandenburg die Entdeckung verdächtiger Tiefkühl-Lasagne. Ein nordrhein-westfälischer Großhändler habe die aus Frankreich stammende Ware geliefert. Proben sollen klären, ob die Lasagne tatsächlich Pferdefleisch enthält. Zuvor hatte bereits die Supermarktkette Real Tiefkühl-Lasagne mit Anteilen von Pferdefleisch zurückgerufen. Die EU-Kommission schlug verstärkte Gentests bei Fleischwaren vor, um deren Herkunft zu klären. Auch bei Pferdemetzgereien und anderen Betrieben, die Pferdefleisch verarbeiten, sollen Proben genommen werden, kündigte Gesundheitskommissar Tonio Borg an. Sie sollen auf Rückstände von Pferde-Medikamenten untersucht werden. Die EU-Regierungen sollen am Freitag über die Vorschläge abstimmen.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) begrüßte den Vorschlag der EU-Kommission. So lasse sich herausfinden, ob es sich um einen Einzelfall oder systematischen Betrug handle, sagte Aigner der ARD. Bisher gebe es zwar keine Hinweise auf eine Gesundheitsgefährdung, es sei aber ein „krasser Fall von Verbrauchertäuschung“. Die europäischen Ermittlungsbehörden müssten nun gemeinsam in dem Fall vorgehen.

Der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel indes wollte auch eine Gesundheitsgefahr nicht ausschließen. Pferdefleisch sei an sich nicht billiger als Rindfleisch, daher sei ihm unerklärlich, warum es untergemischt wurde, sagte der Grünen-Politiker. „Da muss es ja irgendeinen Grund geben, und dem gehen wir nach, aber Ergebnisse haben wir noch nicht.“

EU will raschere Reform bei Kennzeichnung

Die EU will auch die Reform der europäischen Kennzeichnungsregeln beschleunigen. Möglicherweise sollen Unternehmen künftig gezwungen werden, auch bei verarbeitetem Fleisch das Herkunftsland anzugeben. Bisher gilt diese Pflicht nur für frisches Rindfleisch. Ab Dezember 2014 soll die Regelung voraussichtlich auf frisches Lamm- und Schweinefleisch sowie Geflügel ausgedehnt werden.

Auch die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte eine genaue Etikettierung und Dokumentation der Produktionskette. „Wir müssen eine Rückverfolgbarkeit von Fleisch haben“, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. „Diese trickreichen Geschäfte, wo man gar nicht mehr nachvollziehen kann, wo das Fleisch eigentlich herkommt – da müssen wir ran.“ Eine Kennzeichnung von verarbeitetem Fleisch ist nach den Worten ihres Parteifreunds Remmel allerdings schwierig. Die Etiketten könnten in diesem Fall nicht direkt am Produkt angebracht werden, gab Remmel im Gespräch mit dem WDR zu bedenken.

Die Metro -Tochter Real rief das Produkt „TiP Lasagne Bolognese, 400g, tiefgekühlt“ zurück. „Diese Maßnahme erfolgt rein vorsorglich, da zu keinem Zeitpunkt ein Hinweis auf ein gesundheitliches Risiko für Verbraucher bestand“, erklärte das Unternehmen.

Lebensmittelkontrolleure hatten zuerst in Irland festgestellt, dass Rindfleischprodukte auch Pferdefleisch enthielten. Inzwischen weitet sich der Skandal auf immer mehr Länder aus. Ein Untersuchungsbericht des britischen Parlaments geht davon aus, dass die bisherigen Funde von Pferdefleisch nur die „Spitze des Eisbergs“ sind. „Das Ausmaß der Verunreinigung, das in der Produktionskette offenbar wird, ist atemberaubend“, sagte Anne McIntosh. Sie ist die Vorsitzende des Agrarausschusses, der den Bericht erstellt hatte. Ohne Zweifel würden weitere Fälle ans Licht kommen.