Hamburg. Die norddeutschen Reedereien sind zufrieden mit der Buchungslage für kommenden Monate. Was Aida, Tui und Co. planen.

Jahrelang ist die Kreuzfahrtbranche hierzulande gewachsen. Dann kam Corona und machte Reisen auf Meeresriesen aus Stahl lange Zeit unmöglich. Nach dem Neustart wirbelten immer wieder Covid-19-Ausbrüche an Bord die Pläne durcheinander und sorgten für Reiseabbrüche. In diesem Sommer sind nun viele Menschen geimpft und geboostert, die Regelungen an Bord gelockert.

Die Branche mit namhaften Hamburger Anbietern hofft auf gute Geschäfte. Das Abendblatt machte eine Umfrage zur Buchungslage bei den norddeutschen Unternehmen, Last-minute-Angeboten, den aktuellen Corona-Regeln und zu den Plänen für ihre Flotten.

Kreuzfahrten ab Hamburg: Die Buchungslage

Nach zwei Jahren Pandemie erlebe man einen Anstieg der Lust auf Urlaub, heißt es von Costa Kreuzfahrten. „Und wir glauben, dass sich dieser Trend in den kommenden Monaten fortsetzen wird“, sagt Jörg Rudolph, der General Manager der Reederei in Deutschland. Die Reederei fährt unter italienischer Flagge, unterhält eine Niederlassung in der HafenCity und gehört zur britisch-amerikanischen Carnival Corporation, dem weltgrößten Kreuzfahrtkonzern.

„Wir sind sehr zuversichtlich für die Sommersaison“, sagt Rudolph. Man registriere Woche für Woche positive Anzeichen, die immer mehr Gäste dazu veranlassen, eine Kreuzfahrt für die warmen Monate zu buchen – und auch für die Herbst- und Wintersaison. Man sei sehr zufrieden für diesen Zeitraum und liege bereits über dem Niveau von 2019.

Auch Aida Cruises mit Hauptsitz in Rostock gehört zur Carnival Corporation und ist eine Schwestermarke von Costa. Man sei mit einer großen Nachfrage von Kunden in das Jahr 2022 gestartet, sagt Sprecherin Nadine Maraschi: „Auch aktuell spüren wir ein starkes Interesse an Kreuzfahrten.“ Die Lust der Passagiere auf Reisen mit Aida für diesen Sommer, aber auch für den kommenden Winter und den Sommer 2023 sei groß und wachse kontinuierlich.

Kreuzfahrten: Wie ist die Lage bei Tui?

Ähnlich optimistische Töne hört man beim Konkurrenten aus Hammerbrook. Dort sitzt Tui Cruises, ein Gemeinschaftsunternehmen von Europas größtem Reisekonzern Tui und der Royal Caribbean Group, dem global zweitgrößten Kreuzfahrtunternehmen. Die Nachfrage sei gut, sagt Tui-Cruises-Sprecherin Friederike Grönemeyer: „Wir werden die Auslastung im Laufe des Sommers wieder auf 100 Prozent bringen.“ Dieses Ziel halte man wegen seiner stabilen Preise im Vergleich zu anderen Reiseanbietern für realistisch. Seit diesem April seien alle sieben Meeresriesen der „Mein Schiff“-Flotte wieder im Einsatz.

Zuversichtlich ist auch die auf Luxus- und Expeditionsreisen spezialisierte Reederei Hapag-Lloyd Cruises, die Anfang 2020 von Tui an die Tochter Tui Cruises verkauft wurde. Bei den Gästen spüre man eine Sehnsucht aufs Reisen, die sich in den Vorausbuchungen niederschlage, sagt Sprecherin Karen Schmidt: „Wir blicken zuversichtlich auf den Herbst und kommenden Winter, auch vor dem Hintergrund unserer Buchungseingänge bis einschließlich 2024.“

Last-minute-Angebote für Kreuzfahrten?

Für August und September gibt es auf der „Aidaprima“ noch Angebote für Norwegen-Reisen ab und bis Hamburg. Sieben Tage kosten bei einer Zweierbelegung einer Innenkabine 849 Euro pro Person. Im Juli und August sollen Dänemark– Norwegen-Touren von und nach Kiel sogar ab 649 Euro pro Person erhältlich sein. Auch auf der „Aidanova“ ist man dabei eine Woche unterwegs. Costa verweist zudem auf einen Kopenhagen–Norwegen-Trip. Anfang August zahlen zwei Personen in der Innenkabine der „Costa Diadema“ für die einwöchige Reise je 699 Euro.

Bei Tui Cruises ist „Ostsee mit Helsinki Danzig III“ auf der „Mein Schiff 6“ vom 1. bis zum 11. August buchbar. Erwachsene zahlen ab 1799 Euro pro Person bei Doppelbelegung einer Balkonkabine. Werden Kinder mit untergebracht, kostet das 399 Euro pro Kind. Dieser Tarif für Kinder gilt auch bei der Reise „Ostsee mit Helsinki“ auf „Mein Schiff 1“. Der Trip startet in Kiel am 20. Juli und geht bis 28. Juli. Erwachsene zahlen in der Balkonkabine ab 1599 Euro pro Person bei Doppelbelegung.

Die zumeist gut betuchten Passagiere der Schiffe von Hapag-Lloyd Cruises schauen gewöhnlich nicht so aufs Geld. Für die „Hanseatic Inspiration“ gebe es ein Last-minute-Angebot für eine am 2. August beginnende 19-tägige Arktis- und Grönland-Reise, die von Kangerlussuaq nach Reykjavík führt. Inklusive Sonderflug und Abreisepaket werden dafür pro Person 13.220 Euro fällig. Reisen Kinder bis elf Jahren in der Kabine der Eltern mit, erhalten sie eine Freipassage.

Kreuzfahrt: Gelten Corona-Regeln?

Bei Hapag-Lloyd Cruises bleibt auch zukünftig ein vollständiger Impfschutz für alle Gäste ab zwölf Jahren die Voraussetzung für die Mitreise. Sollte die Grund­immunisierung länger als drei Monate zurückliegen, ist eine Auffrischungsimpfung notwendig. Zusätzlich benötigen alle Passagiere einen negativen Covid-19-Test für die Einschiffung. Ähnlich ist die Regelung bei Tui Cruises – kleiner Unterschied: Die Gäste brauchen zwei negative Antigen-Tests, allerdings kann der erste davon ein Selbsttest sein.

Einen zertifizierten Antigentest für alle Schiffsgäste ab drei Jahren verlangt Aida. Der Test darf beim Boarden maximal einen Tag alt sein. Der vollständige Impfschutz für alle Gäste ab zwölf Jahren gehört zu den weiteren Voraussetzungen, die Nachweise darüber müssen digital auf dem Smartphone oder ausgedruckt mitgeführt werden. Passagiere von Costa Kreuzfahrten ab zwölf Jahren müssen mindestens doppelt geimpft oder genesen sein. Wer älter als zwei Jahre ist, wird vor dem Betreten des Schiffs gebeten, einen offiziellen negativen Schnelltest vorzulegen. Im Normalfall darf dieser maximal 48 Stunden alt sein.

Wer an Bord an Corona erkrankt, muss damit rechnen, von den Reedereien bis zur Genesung oder Ausschiffung in einer Kabine in Isolierung untergebracht und von der Crew versorgt zu werden. „Bisher haben wir keine Probleme mit Infektionen an Bord“, sagt Costa-Manager Rudolph.

Corona-Alltag auf Kreuzfahrten?

Auf den Costa-Schiffen werden im Regelfall keine Antigentests mehr vorgenommen, Kapazitätsbegrenzungen in Restaurants, Bars, Shops, Theatern, Discos und Spabereichen sind aufgehoben. Landgänge können als geführte Touren oder in Eigenregie erfolgen. Aida verweist darauf, dass das Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes weiter empfohlen wird. Das gilt insbesondere bei der Anreise und beim Aufenthalt in Innenräumen, falls kein ausreichender Abstand eingehalten werden kann.

Diesen Ratschlag gibt auch Tui Cruises. An Bord der „Mein Schiff“-Flotte gibt es aber auch weitere Lockerungen: So ist tanzen wieder möglich, und Kinder ab drei Jahren dürfen wieder am Programm im Kids Club teilnehmen. Bei einer aktuell laufenden Reise von „Mein Schiff 4“ nach Norwegen und Island führte die Reederei die Maskenpflicht an Bord jedoch wieder ein. „Als reine Vorsichtsmaßnahme und um unsere Gäste und unsere Crew bestmöglich zu schützen“, erklärte Sprecherin Godja Sönnichsen am Sonntag auf Anfrage. Hintergrund seien die vorherrschende kühle Wetterlage im Norden, die lange Reisedauer mit vielen Seetagen“ und die Tatsache, dass sich die Menschen an Bord „vorwiegend in Innenräumen bewegen“.

An Bord von Hapag-Lloyd Cruises darf der Mund-Nasen-Schutz seit Mitte Mai in Innenräumen abgelegt werden. Das erfolge in Abstimmung mit den deutschen und internationalen Behörden sowie den Häfen der jeweiligen Zielgebiete, heißt es.

Kreuzfahrten: Was planen Aida & Co.?

Hapag-Lloyd Cruises hält an ihrer derzeitigen Flottenstärke von fünf Schiffen fest. Im Sommer 2021 wurde die „Hanseatic Spirit“ als drittes Expeditionsschiff in den Dienst gestellt. Die „Europa 2“ war gerade in der Werft, die „Europa“ soll im September folgen. Wegen des Krieges in der Ukraine entfallen die geplanten Routen der „Hanseatic Inspiration“ nach Russisch-Fernost. Stattdessen werden die polaren Regionen Norwegens, Islands und Grönlands angesteuert.

Tui Cruises wird sich im kommenden Frühjahr von einem seiner sieben Ozeanriesen trennen. Die „Mein Schiff Herz“ wird vom englischen Konkurrenten Marella Cruises übernommen. Dennoch soll die Flotte weiterwachsen. „Bis 2026 werden wir drei weitere Neubauten in Dienst stellen“, sagt Sprecherin Grönemeyer. Die „Mein Schiff 7“, ein Schwesterschiff der „Mein Schiff 1“ und „Mein Schiff 2“, soll 2024 in Dienst gestellt werden. Der Stahlschnitt erfolgte Mitte Juni im finnischen Turku.

Tui will mit „grünem“ Methanol fahren

Das Schiff werde so gebaut, dass es mit emissonsärmerem Marinediesel betrieben wird und perspektivisch sogar mit „grünem“ Methanol fahren könne. Das ist der Branche zunehmend wichtig, denn neben dem Coronavirus macht ihr auch die harsche Kritik von Umweltschützern wegen des hohen Schadstoffausstoßes zu schaffen. Ein weiterer Neubau, der mit (dem ebenfalls umstrittenen) Flüssiggas angetrieben wird, soll 2024 erstmals mit Passagieren fahren. Der dritte Neubau soll 2026 folgen. Somit wächst die Flotte in vier Jahren auf neun Schiffe.

Aida Cruises trennte sich seit Juni 2021 gleich von drei Schiffen. Die „Aidacara“, „Aidamira“ und „Aidavita“ wurden oder werden verkauft. Soll die Flotte von zwölf Schiffen also schrumpfen? Man habe die Kapazität nicht verkleinert, sagt Sprecherin Maraschi. „Im Gegenteil: Mit der Übernahme von ,Aidacosma‘ haben wir unsere Kapazitäten erhöht und weniger effiziente Schiffe ausgemustert.“

Kreuzfahrt ab Hamburg: Änderungen bei Costa

Die dahinterstehende Rechnung: Die 337 Meter lange „Aidacosma“ bietet Platz für 5464 Passagiere. Die älteren drei verkauften Schiffe kommen zusammen auf eine Kapazität von rund 3700 Gästen. Die Rostocker werden aber weniger Kapazität in den europäischen Markt bringen als ursprünglich geplant. Denn sie verzichten auf einen Bauslot bei der Papenburger Meyer Werft. Ein für 2023 geplanter Neubau eines LNG-Schiffs geht stattdessen unter dem Namen „Carnival Jubilee“ an die US-Tochter Carnival Cruise Line des Mutterkonzerns Carnival Corporation.

Massive Veränderungen in der Flotte gibt es bei Costa. Vor dem Corona-Ausbruch gehörten 15 Schiffe zur Flotte der Hamburger Reederei. Die „Costa neoRomantica“ und „Costa Victoria“ wurden im vergangenen Jahr verschrottet. Das künftige Einsatzgebiet der „Costa Mediterranea“ und der „Costa Atlantica“ gilt als unklar. Eigentlich sollten sie in einem neuen Joint Venture für den Carnival-Konzern in asiatischen Gewässern kreuzen – doch wegen der Pandemie ist das unmöglich. Derzeit liegen beide Schiffe vor Zypern.

Der Neubau der „Costa Firenze“ wurde Ende 2020 in die Flotte aufgenommen. Zwölf Schiffe sind derzeit unterwegs. Dabei wird es nicht bleiben. Die „Costa Luminosa“ wird in diesem September zu Carnival Cruise Line wechseln. Die „Costa Venezia“ soll im nächsten Frühjahr folgen, die „Costa Firenze“ im Jahr 2024.

Diese beiden Schiffe seien eigentlich für Fernost gebaut worden, sagt Rudolph: „Die Pandemie hat die Möglichkeit, in Asien Kreuzfahrten anzubieten, bis auf Weiteres völlig zunichtegemacht.“ In Erwartung einer kurzfristigen Erholung seien sie vorübergehend nach Europa geholt worden. Angesichts der starken Erholung des nordamerikanischen Marktes würden beide Schiffe dorthin verlegt. „Die Zugehörigkeit zu einem großen Unternehmen ermöglicht es uns, Chancen auf globaler Ebene zu ergreifen“, sagt Rudolph und ergänzt: „Europa wird unser Kernmarkt bleiben.“ Nach derzeitiger Planung kreuzen in zwei Jahren dort aber nur noch neun Costa-Schiffe.