Hamburg. Gerade hat Ver.di ein Plus bei Löhnen und Gehältern um bis zu elf Prozent abgelehnt. Und schon jetzt wird im Hafen sehr gut bezahlt.
44 Jahre lang kam der Hamburger Hafen ohne Streik aus. Mehr als 44 Jahre konnten Tarifauseinandersetzungen friedlich beigelegt werden. Aber im aktuellen Tarifkonflikt über die Löhne und Gehälter der rund 12.000 Beschäftigten in den deutschen Seehäfen sind die Fronten auch nach zwei Warnstreiks verhärtet.
Kurzfristig angesetzte Gespräche am vergangenen Montag in Berlin waren am Abend ohne Einigung abgebrochen worden. Es seien keine echten Verhandlungen ohne neue Angebote gewesen, hieß es aus Verhandlungskreisen.
Hamburger Hafen: Unterschiede bei Tarifverhandlung noch zu groß
Am kommenden Dienstag wollen sich die Tarifpartner des Zentralverbands der deutschen Seehäfen (ZDS) und der Gewerkschaft Ver.di wieder zusammensetzen. Zu groß sind die Unterschiede zwischen den Erwartungen der Arbeitnehmervertreter und dem Arbeitgeberangebot bisher. Dabei geht es sowohl um Forderungen zur Erhöhung der Stundenlöhne wie auch um einen zusätzlichen Inflationsausgleich.
Zuletzt hatte der ZDS nach eigener Aussage inklusive Einmalzahlungen ein Angebot zur Steigerung der Löhne und Gehälter um bis zu elf Prozent in Vollcontainerbetrieben unterbreitet. Das wäre zur Zeit das höchste Lohnplus aller tarifgebundenen Branchen in Deutschland.
Ver.di lehnt elf Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung ab
Doch auch das lehnte die Gewerkschaft Ver.di als unzureichend ab. Es könne nicht sein, dass die Arbeitgeber die Beschäftigten mit den Auswirkungen der rasant steigenden Preise weitestgehend allein ließen, kritisierte die Verhandlungsführerin der Gewerkschaft, Maya Schwiegershausen-Güth. Die Beschäftigten hätten in den vergangenen Jahren bis an die Belastungsgrenze gearbeitet und hielten die Lieferketten zusammen. „Sie haben echte Anerkennung und einen gerechten Anteil verdient.“
Dabei verdienen Hafenarbeiter im Vergleich zu zum Handel oder zu Angestellten im öffentlichen Dienst ordentlich. Bis zu 100.000 Euro im Jahr können es sein – so viel wir mancher Mediziner. Das gilt aber nicht für alle. Um es vorwegzunehmen: Es gibt tatsächlich Hafenarbeiter die ihr durchschnittliches Jahresgehalt durch Zuschläge und Haustarifzahlungen auf 90.000 Euro und mehr aufstocken können.
Bis zu 100.000 Euro – warum verdienen Hafenarbeiter so viel?
Doch die Arbeitnehmervertreter weisen darauf hin, dass das nicht die Regel sei und den Hafenarbeitern dabei viel abverlangt werde. Aber was bekommen sie wirklich? Das Abendblatt zeigt auf, was Hafenarbeiter laut Tarifordnung verdienen, und erklärt, warum Löhne und Gehälter im Hafen in der Regel höher sind als in anderen Branchen.
Die hohen Gehälter lassen sich mit einer ausgeprägten Angst vor Streiks begründen. Als sich die Schifffahrt Mitte des 19. Jahrhunderts immer stärker kommerzialisierte und schnelle Dampfschiffe die langsamen und kleinen Segelschiffe ersetzten, mussten die Arbeiter in den Häfen unter zum Teil elenden Bedingungen und zu Hungerlöhnen den Umschlag organisieren.
Der Unmut wuchs und gipfelte 1896 in einem elfwöchigen Hafenstreik, der die Wirtschaft an den Rand des Abgrunds führte. Seitdem wissen die Hafenfirmen, was sie an ihren Arbeitern haben, und versuchen Streiks durch ordentliche Lohnzahlungen zu vermeiden.
Hafenarbeiter: Welche Lohngruppen gibt es?
Im aktuellen Tarifvertrag für Hafenarbeiter finden sich acht Lohngruppen. In die niedrigste sind Aushilfsarbeiter eingruppiert. In der Lohngruppe III, die von Ver.di-Vertretern gerne als Referenzwert herangezogen wird, werden Hafenarbeiter, die länger als sechs Monate am Stück im Besitz einer Hafenarbeitskarte sind, aufgeführt. Qualifizierte Hafenfacharbeiter beginnen ab Lohngruppe V. Containerbrückenfahrer und Vancarrierfahrer werden nach den höchsten Lohntarifen der Gruppen VII und VIII bezahlt.
Wie hoch sind die Grundgehälter?
Im Grundsatz absolvieren gewerbliche Hafenarbeiter eine 35-Stunden-Woche. Sie werden allerdings nach 40 Stunden bezahlt. In Lohngruppe I liegt der Stundenlohn bei 18,34 Euro, in Lohngruppe VIII bei 28,47 Euro. Dieser Stundenlohn wächst durch einen Inflationsausgleich um jährlich 2,2 Prozent an. Damit kommt ein ungelernter Hafenarbeiter auf einen Monatslohn von 2934 Euro, in Lohngruppe III sind es schon 3440 Euro, in der Gruppe VI 3840 Euro. Containerbrückenfahrer der Gruppe VIII erhalten laut Tarif 4555 Euro Bruttogrundgehalt.
Welche Zuschläge gibt es?
Die Grundgehälter können durch Zuschläge für Spät- und Nachtschichtbetrieb sowie für Wochenendarbeit deutlich aufgestockt werden. An Sonn- und Feiertagen variieren die steuerfreien Zuschläge in den Tagschichten je nach Lohngruppe zwischen 35,72 und 48,20 Euro pro Schicht. Nachts sind es zwischen 57,09 Euro und 77,10 Euro.
Ein ungelernter Hafenarbeiter kommt dann auf 790 Euro Wochenentgelt, ein hoch qualifizierter Maschinenbediener in der höchsten Gehaltsgruppe auf knapp 1216 Euro pro Woche. Aufs Jahr gesehen sind das knapp 58.400 Euro.
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Hinzu kommt eine Jahrespauschale von brutto 3338 Euro in Vollcontainerbetrieben, die unabhängig von der Lohngruppe in monatlichen Raten bezahlt wird. In anderen Hafenbetrieben sind es 304 Euro. Zusätzlich gibt es großzügige Zahlungen nach den Haustarifverträgen der Hafenbetriebe wie der HHLA, zum Beispiel für Familienväter oder altgediente Beschäftigte, die zusätzlich zwischen 2000 und 3000 Euro monatlich betragen können, sodass man 90.000 Euro oder mehr als Jahresverdienst erreichen kann.
Was ist mit Hafenarbeitern, die nur am Wochenende arbeiten?
Einige Hafenarbeiter übernehmen gerne die Schichten für ein verlängertes Wochenende – von Freitag bis Sonntag. Wird die Arbeitszeit darauf konzentriert, gelten eigene Regeln. Sie sorgen dafür, dass man am Ende genauso viel erhält, wie in einer normalen Woche mit 40 Stunden, aber nur 27 Stunden arbeitet. Zudem bekommt man für jede am Sonntag gearbeitete Stunde ein Plus von 50 Prozent des normalen Stundenlohns. Dazu gibt es weitere 13 Stundenlöhne ohne Zuschlag, um rechnerisch wieder 40 Stunden zu erreichen.
Was erhalten Hafenarbeiter an Urlaubsgeld?
Das richtet sich nach der Betriebszugehörigkeit. Nach dem zweiten Kalenderjahr sind es 328 Euro und ab dem siebten Beschäftigungsjahr 1400 Euro pro Jahr.