Hamburg. Ver.di kämpft für bessere Löhne bei den Geldinstituten – dabei sind die gar nicht so niedrig. So hoch sind die Haspa-Gehälter.

Bei der Haspa hat Ver.di in diesem Jahr den Anfang gemacht: In der vergangenen Woche rief die Gewerkschaft die Beschäftigten der Sparkasse zu einem zweitägigen Streik auf. Doch dabei wird es in der aktuellen Tarifauseinandersetzung im Kreditgewerbe nicht bleiben. „Wir sind dabei, weitere Streiks für die kommenden zwei Wochen zu organisieren“, sagt Michael Börzel von Ver.di in Hamburg. Nachdem die Tarifrunde schon seit Juni 2021 läuft, verliert die Gewerkschaft langsam die Geduld.

Bei den Arbeitgebern hingegen spricht man von „völlig unrealistischen Maximalforderungen“, die für das aktuelle Kalenderjahr eine Zunahme der Personalkosten um 7,1 Prozent bedeuten würden. Dabei geht es hier nicht gerade um Niedriglöhne – diverse Branchen­vergleiche im Hinblick auf die Gehälter zeigen die Banken auf Platz 1.

Haspa: So viel verdienen Banker bei der Sparkasse

Es fällt allerdings auf, dass der Tarifvertrag für private und öffentliche Banken, der auch für die Haspa gilt, die in solchen Tabellen genannten Einkommen gar nicht herzugeben scheint. Die Vergütungstabelle beginnt mit 2297 Euro für Beschäftigte der Tarifgruppe 1 im ersten und zweiten Berufsjahr und endet mit 5073 Euro für Mitarbeiter der Tarifgruppe 9 ab dem elften Berufsjahr.

Dagegen weist die Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu.com, die ebenso wie das Online-Businessnetzwerk Xing zum Hamburger Unternehmen New Work gehört, zum Beispiel für Firmenkundenberater der Haspa auf Basis von 18 anonymen Einkommensangaben ein Durchschnittsgehalt von 71.900 Euro aus – in der Hälfte der Fälle liegt das Einkommen also noch darüber. Selbst bei der Annahme von 14 Monatsgehältern wären die 71.900 Euro auf den Monat umgerechnet aber schon mehr als das Höchstgehalt aus der Tariftabelle.

Haspa äußert sich nicht zu Banker-Gehältern

Während sich die Haspa selbst nicht zu der Bezahlung verschiedener Positionen äußern will, kann Börzel den scheinbaren Widerspruch auflösen: „Die Struktur dieses Tarifvertrags stammt noch aus den 1980er-Jahren. Funktionen, die früher nach den Tarifgruppen 1 bis 4 bezahlt wurden, sind von den Banken heute längst ausgelagert worden und werden nicht mehr nach dem Bankentarif entlohnt.“ Tatsächlich bildeten erst die Tarifgruppen 6 oder gar 7 mit Monatsgehältern im Bereich zwischen 3000 und gut 4000 Euro inzwischen den Einstieg in „echte“ Bankerfunktionen.

Hinzu komme, so Börzel: „Die Deutsche Bank zahlt mehr als 50 Prozent der Beschäftigten ein außertarifliches Gehalt, in anderen Geldhäusern ist der Anteil ähnlich hoch.“ In ihrem jüngsten Vergütungsbericht (für 2020) gibt die Haspa an, dass etwa 25 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als „Führungskräfte und Fachspezialisten“ außertariflich entlohnt werden. Dies erklärt, warum laut kununu.com ein Kreditanalyst bei der Haspa mehr als 79.000 Euro im Jahr verdienen kann.

Bruttojahresgehalt von Bankern liegt bei 53.847 Euro

Aufgrund einer Vielzahl von anonymen Einkommensangaben kommt die Bewertungsplattform für die Bankenbranche insgesamt und über alle Funktionen hinweg auf ein durchschnittliches Bruttojahresgehalt von 53.847 Euro. Darin sind jedoch zahlreiche kleine Volksbanken und Sparkassen ohne hoch bezahlte Kapitalmarktspezialisten enthalten.

Die Gehaltsspanne in der Branche ist aber groß. Teilt man die im Vergütungsbericht 2020 der Haspa genannte Vergütungssumme durch die Zahl der Beschäftigten, ergibt sich pro Mitarbeiter – bezogen auf die Kopfzahl – ein Betrag von 74.824 Euro, der allerdings neben dem Gehalt auch Altersversorgungsbestandteile enthält.

Auf Basis der Vergütungsberichte zum Geschäftsjahr 2018 hatte der Newsletter Finanz-Szene.de für 33 große Banken eine jährliche Durchschnittsvergütung von sogar 97.000 Euro errechnet. Dabei rangierte das Hamburger Privatbankhaus Berenberg mit 132.515 Euro auf dem zweiten Platz. Hier dürfte sich auswirken, dass es bei Berenberg relativ viele kapitalmarktnahe Positionen mit einem hohen Bonus-Anteil gibt. Direktbanken wie die ING-Diba dagegen bezahlen nicht einmal halb so gut.

Frühverrentung zu großzügigen Konditionen

Bei den meisten der 33 in dem Vergleich erfassten Kreditinstitute dürfte die Zahl der Beschäftigten seit Jahren tendenziell sinken. Für den Standort Hamburg ist dieser Effekt klar messbar: Hatten die Haspa, die Deutsche Bank, die Commerzbank und die Hamburger Commercial Bank (früher HSH Nordbank) im Jahr 2008 zusammen noch 12.050 Mitarbeiter in der Hansestadt, waren es zuletzt nur noch gut 9300.

„Die Talsohle ist noch nicht durchschritten“, glaubt Börzel. Ein nicht unerheblicher Teil des Abbaus wird dabei über Frühverrentungen von Beschäftigten im Alter von 57 oder 58 Jahren umgesetzt – zu durchaus großzügigen Konditionen. Manche Banken zahlten zunächst das Gehalt noch bis zu zwei Jahre nach dem Austritt weiter, heißt es, darüber hinaus gebe es eine normalerweise sechsstellige Abfindung und zusätzlich in einigen Fällen eine „Sprinter-Prämie“ von weiteren 40.000 Euro.

„Vor zwei Jahren durfte noch jeder gehen"

Eines aber habe sich geändert, stellt Börzel fest: „Vor zwei Jahren durfte noch jeder gehen, der will, inzwischen ist das nicht mehr so.“ Offenbar sei die Personaldecke so dünn geworden, „dass die Bank sonst nicht mehr führbar wäre.“ Aber der Schrumpfkurs habe dazu beigetragen, dass die Gewinne trotz der häufigen Klagen der Banken über das Nullzinsumfeld „immer noch ganz ordentlich sprudeln“. Aus diesem Grund und mit Blick auf den zuletzt kräftigen Anstieg der Verbraucherpreise hält die Gewerkschaft ihre Tarifforderung auch nicht für unangebracht hoch.

„Einen Abschluss unterhalb der Inflationsrate können wir den Beschäftigten nicht vermitteln“, sagt Börzel. Aus Sicht des Arbeitgeberverbands (AGV) der Banken stellt Ver.di mit ihren Forderungen infrage, „ob eine baldige Fortsetzung der Tarifverhandlungen sinnvoll“ sei. Im Vorgriff auf einen möglichen Abschluss empfiehlt der AGV seinen Mitgliedsunternehmen eine Einmalzahlung für Tarifbeschäftigte von 500 Euro und für Auszubildende von 100 Euro (jeweils brutto).

„Der Tarifstreit mit Ver.di soll nicht auf dem Rücken der Beschäftigten und der Nachwuchskräfte ausgetragen werden“, so Verhandlungsführerin Sabine Schmittroth. Doch das reicht der Gewerkschaft nicht. „Eine Einmalzahlung von 500 Euro, wie sie sich die privaten Bankenarbeitgeber vorstellen, führt zu einem deutlichen Gehaltsverlust“, heißt es von Ver.di. Daher würden die Streiks in den nächsten Wochen „fortgesetzt und verschärft“.