Hamburg. Im dritten Quartal fällt das Minus beim Containerumschlag mit 4,9 Prozent zwar geringer aus. Rotterdam und Antwerpen stehen besser da.

Es ist verständlich, wenn Unternehmen in dieser Zeit nach jedem Strohhalm greifen, der sich ihnen bietet. Nicht anders ergeht es derzeit der Hafenwirtschaft, die nach dem schweren, coronabedingten Rückgang der Gütermengen nun wieder einen Silberstreif am Horizont sieht. In Zahlen heißt das: Das Minus beim Seegüterumschlag in Deutschlands größtem Universalhafen fällt mit acht Prozent im dritten Quartal deutlich geringer aus als im zweiten Quartal. Da verzeichnete der Hafen noch ein Minus von 16,2 Prozent. Der gesamte Seegüterumschlag betrug im dritten Quartal 32 Millionen Tonnen.

Zugleich wurden zwischen Anfang Juli und Ende September 2,3 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen. Das ist im Vergleich zum gleichen Vorjahresquartal ein Minus von 4,9 Prozent, wie die Marketingorganisation des Hafens am Dienstag bekannt gab. Sie sprach gar von einer sich abzeichnenden „Wende“. Das Ergebnis im dritten Quartal macht nach Einschätzung von Hafen Hamburg Marketing (HHM) Hoffnung, dass der zweistellige Umsatzrückgang, den die Firmen im ersten Halbjahr des Pandemie-Jahres 2020 verkraften musten, gestoppt werden konnte.

Kein Anlass zu Jubel-Arien

Doch steigt man tiefer in die Zahlen ein, zeigt sich, dass es zu Jubel-Arien keinerlei Anlass gibt. Das zeigt der Blick auf den gesamten Verlauf. In den ersten drei Quartalen des Jahres wurden im Hamburger Hafen 93,2 Millionen Tonnen Seegüter an den Terminals geladen oder gelöscht. Das ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weiterhin ein zweistelliger Rückgang von satten 10,7 Prozent. Beim Containerumschlag wurden in Hamburg in den ersten drei Quartalen insgesamt 6,3 Millionen TEU über die Kaikanten gehoben. Der Rückgang betrug hier immerhin 9,9 Prozent.

Noch weniger Optimismus stellt sich ein, wenn man die Hamburger Entwicklung mit der in den europäischen Konkurrenzhäfen vergleicht, die ebenfalls unter der Pandemie leiden. So ging der Containerumschlag in Rotterdam mit einem Minus von 4,7 Prozent nur halb so stark zurück wie in Hamburg. In Antwerpen stagnierte er gar mit einem ganz leichten Minus von 0,1 Prozent. Das lässt nur einen Schluss zu: Hamburg verliert – trotz fast abgeschlossener Elbvertiefung – im Wettstreit der Häfen weiter an Boden. Aus den Bremischen Häfen liegen aktuell noch keine Zahlen vor.

Hamburg ist auf einen prosperierenden Handel mit China angewiesen

Die Gründe für den immer größer werdenden Rückstand sind unterschiedlicher Natur: Zum einen ist Hamburg stärker als die anderen Häfen auf einen prosperierenden Handel mit China angewiesen. Aber gerade im Reich der Mitte hatte die Corona-Krise besonders zugeschlagen. Der Mengenrückgang beim Containerumschlag mit China (minus 11,3 Prozent) konnte nicht durch positive Entwicklungen mit anderen Ländern ausgeglichen werden. Hier gibt es aber Hoffnung, denn Chinas Konjunktur ist nach dem coronabedingten Einbruch schnell wieder angesprungen und dürfte dem Umschlagsgeschäft des Hamburger Hafens in den verbleibenden drei Monaten des Jahres möglicherweise helfen.

Nicht so günstig sieht es mit den anderen Handelspartnern aus, die wie Russland (minus 15,1 Prozent), Schweden (minus 11,8 Prozent), Südkorea ( minus 11,8 Prozent) und Polen (minus 9,6 Prozent) zum Großteil zweistellige Rückgänge aufweisen.

Strukturelle Probleme

Hamburgs Hafenschwäche ist aber nicht nur durch die Corona-Pandemie zu erklären, sondern auch durch strukturelle Probleme, welche die beiden großen Terminalbetreiber HHLA und Eurogate jetzt angehen wollen. Der Hamburger Hafen ist teurer als seine Konkurrenten. Bisher konnten die Firmen dieses Defizit durch eine hohe Umschlagqualität und Effizienz wettmachen. Doch dieser Vorteil ist längst Vergangenheit. Hamburg gilt heute nicht nur als teurer, sondern auch als weniger leistungsstark als die Konkurrenz. So bemühen sich HHLA und Eurogate aktuell darum, mit Sparprogrammen und einer stärkeren Automatisierung die Effizienz zu steigern und Kosten zu senken.

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Die Reaktionen auf die neuen Hafenzahlen fielen am Dienstag unterschiedlich aus. Aus den Worten des Marketingvorstands im Hafen, Axel Mattern, konnte man vor allem Hoffnung ablesen: „Seit Juli sehen wir eine Stabilisierung in der Umschlagentwicklung und damit einen insgesamt geringeren Rückgang beim Seegüterumschlag des Hamburger Hafens. Die im Sommer gesunkenen Infektionszahlen und die daraufhin gelockerten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sowie das Auffüllen der Läger für das Weihnachtsgeschäft sind als Ursachen zu nennen.“

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Kritischer äußerte sich der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Götz Wiese: „Ob das jetzt wirklich schon die Wende darstellt, muss man nüchtern betrachten. Das Minus fällt geringer aus als im zweiten Quartal, ja. Aber das Minus ist zum Beispiel deutlich größer als in Antwerpen. Damit verliert Hamburg weiter an Marktanteilen. Man darf die Lage nicht schönreden. Der Hafen braucht eine bessere Kostenstruktur, Investitionen und eine neue Wertschöpfung.“

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Erwartungen im Hafen für 2020 zurückgeschraubt werden müssen. „Wir werden das starke Vorjahresergebnis trotz der Erholung seit der Jahresmitte nicht mehr erreichen“, sagte HHM-Vorstand Ingo Egloff. Und er fügte hinzu: „Die Entwicklung ab Juli lässt hoffen, dass wir am Jahresende nur Verluste im einstelligen Bereich haben werden.“ Ein doch eher bescheidenes Ziel.