Hamburg. Unternehmensverband wirft Hafenbehörde schwere Versäumnisse vor. Erste Unternehmen kürzen die Mietzahlungen.

Als der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH), Gunther Bonz, am Montag zum alljährlichen Mitgliedertreffen im Hotel Hafen Hamburg erschien, hatte er keine guten Nachrichten dabei: Der Hafen wird das Gesamtjahr mit einem Umschlag von rund 138 Millionen Tonnen abschließen. Das wären rund sieben Millionen Tonen weniger als im Vorjahr, sagte Bonz bei einer Pressekonferenz kurz vor Beginn der Versammlung. Der Containerumschlag werde unter neun Millionen Standardcontainer (TEU) fallen.

„Das ist eine traurige, schlechte Botschaft“, sagte Bonz, der kurzfristig auch keine Besserung erwartet. Er verwies auf ungünstige Rahmenbedingungen, eine schwächere konjunkturelle Entwicklung in China, das Russland-Embargo mit seinen Folgen und die geringere Inanspruchnahme des Schiffsverkehrs durch den Nord-Ostsee-Kanal. Bonz gab damit bereits bekannte Begründungen für den Hamburger Rückgang wieder, die man schon von anderen Hafenvertretern und von der Politik gehört hat.

Dann wich der Sprecher der Hafenwirtschaft aber von der allgemeinen Sprachregelung ab: „Die äußeren Rahmenbedingungen sind auch für Rotterdam und Antwerpen schlecht. Diese Häfen haben aber beim Seegüterumschlag zugelegt. Also muss es auch hausinterne Probleme geben, die in Hamburg zu Mengenverlusten führen.“
Dann redete Bonz Klartext und warf der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) schwere Versäumnisse bei der Beseitigung der Hafenbecken vom Schlick vor: Die HPA habe vertraglich zugesicherte „Verkehrsverhältnisse“ nicht gewährleisten können. Wegen zunehmender Ablagerung von Sedimenten seien etliche Terminals nicht mehr erreichbar gewesen. „Das ist sehr, sehr bedenklich und das hat es meines Wissens in diesem Ausmaß in der Nachkriegsgeschichte des Hafens noch nicht gegeben“, sagte der Hafenpräsident, der auch Generalbevollmächtigter bei Eurogate ist. „Man muss sich fragen, was bei der HPA los ist.“

Die starke Sedimentation habe flächendeckend zu Mindertiefen in den Hafenbecken geführt. Die Abweichungen zu den Soll-Tiefen betrage bis zu drei Meter. Zwar werde inzwischen intensiv gebaggert, drei Wochen Baggerarbeit würden jedoch nicht ausreichen, um das Problem zu beheben. „Es besteht immer noch“, sagte Bonz.

Dann kam der Manager auf die Folgen der Verschlickung zu sprechen. Schiffe hätten in anderen Häfen geleichtert oder sogar umgeleitet werden müssen. Bei den Hafenunternehmen habe das zu wirtschaftlichen Einbußen geführt und bei den Kunden zu Verärgerung, sagte Bonz. Er machte deutlich, dass Firmen jetzt Mietminderungen verlangen: „Von Schadenersatzforderungen habe ich noch nichts gehört, aber sehr wohl von Auswirkungen auf die Miete.“

Dass die HPA bereits 2012 mit der Umweltbehörde ein Verbot zur Umlagerung von Schlick zwischen März und November vereinbarte, habe die Hafenwirtschaft erst jetzt zur Kenntnis bekommen. „Nach dem Motto: Der gehörnte Ehemann erfährt davon als Letzter“, sagte Bonz. Vizepräsident und HHLA-Vorstand Heinz Brandt ergänzte, auch die Politik habe das Problem verschlafen. „Sie hätte rechtzeitig nach Ausweichlösungen zur Unterbringung des Hafenschlicks suchen müssen.“

Zu den Vorwürfen wollte sich die HPA nicht äußern. Ein Sprecher der Hafenverwaltung verwies aber auf besondere Witterungseinflüsse und einen niedrigen Sauerstoffgehalt der Elbe. Deshalb habe im Sommer nicht gebaggert werden dürfen. Er räumte zudem ein, dass es einen Fall von Mietminderung gebe.

Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) erklärte, dass man dem Problem große Priorität einräume. „Der Hamburger Hafen muss im Wettbewerb mit Qualität punkten. Aus diesem Grund kümmern wir uns intensiv um das Thema Sedimente“, sagte der Senator dem Abendblatt. „Ziel unserer Bemühungen ist es, vor allem langfristig zu einer nachhaltigen und verlässlichen Lösung zu kommen. Wir wollen mit unseren Nachbarn in Schleswig-Holstein und Niedersachsen und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ein Verbringungskonzept entwickeln.“

UVHH-Präsident Bonz hatte zuvor auch die schleppenden staatlichen Investitionen in die Verkehrs-Infrastruktur kritisiert. Deutschland habe seine Spitzenposition als Logistikstandort verloren und sei innerhalb von sechs Jahren von Platz eins auf sieben zurückgefallen, sagte er mit Blick auf einen Report des Weltwirtschaftsforums. „Von 5000 deutschen Autobahnbrücken gibt es bei 3000 inzwischen Lastbeschränkungen.“ Der bedenkliche Zustand der Brücken erschwere die Erreichbarkeit des Hafens für den Schwerlastverkehr, sagte Bonz.

Er bemängelte auch die „eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Nord-Ostsee-Kanals. Angesichts einer unzuverlässigen Schleusentätigkeit und der niedrigen Treibstoffpreise für Schiffe entschieden sich die Reeder immer häufiger, den Kanal zu meiden und stattdessen die Route rund um Dänemark zu wählen, wenn sie Güter in die Ostsee zu transportieren hätten. Gerade im Bereich der Zubringerverkehre hätten die Wettbewerber dem Hamburger Hafen erhebliche Marktanteile abgenommen.

Vor diesem Hintergrund beklagte Bonz, dass sich die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes weigere, dem Port River Information System Elbe (Prise) beizutreten, einem Netzwerk der Hafenwirtschaft zur besseren Steuerung des Verkehrs auf der Elbe.