Hamburg. Bis Jahresende dürften etwa zehn Prozent weniger Container in Hamburg verladen werden. Probleme mit dem Schlick.

Der Hamburger Hafen wird in diesem Jahr rund ein Zehntel weniger umschlagen als im Vorjahr. Er rechne am Ende des Jahres mit einem Umschlag von 8,8 Millionen Standardcontainern (TEU), sagte Axel Mattern, Vorstand der Marketing-Gesellschaft des Hafens, am Montag in Hamburg. Im vergangenen Jahr waren es 9,7 Millionen TEU. Damit fällt Hamburg unter den Containerhäfen in Europa auf den dritten Rang hinter Rotterdam und Antwerpen zurück. In diesem Jahr liege der Containerumschlag ungefähr auf dem Niveau von 2006. Der Rückgang sei „schmerzlich“, sagte Mattern. Das Weihnachtsgeschäft im August und September sei weitgehend ausgefallen. In den ersten neun Monaten reduzierte sich der gesamte Güterumschlag um 4,8 Prozent auf 104,6 Millionen Tonnen. Der Containerumschlag ging um 9,2 Prozent auf 6,7 Millionen Boxen zurück. Ursache sind vor allem Probleme im Handel mit China und Russland.

Abseits der offiziellen Begründung zeigt sich, dass auch die massive Verschlickung der Schiffsliegeplätze dem Hafen im Herbst deutlich größere Probleme bereitet hat, als bisher bekannt. Dem Abendblatt liegen Informationen vor, nach denen zahlreiche Betriebe sich bei der zuständigen Hamburg Port Authority (HPA) beschwert haben, weil sie von Schiffen nicht mehr erreicht werden konnten. In mindestens einem dokumentierten Fall ist es sogar bei einem Unternehmen zu einem Produktionsausfall gekommen, weil der Rohstoffnachschub fehlte. Seit Oktober baggert die HPA wieder, doch die Menge an Hafenschlick ist offenbar so dramatisch angewachsen, dass der Rückstand noch nicht aufgeholt wurde. Zudem werden die finanziellen Mittel dafür knapp. Der Aufsichtsrat der HPA hat inzwischen eine Anpassung des Wirtschaftsplans für zusätzliche Baggerarbeiten beschlossen. Am 17. Dezember will sich das Kontrollgremium erneut mit dem Thema befassen.

Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) hat die fehlende Wassertiefe als besonders wichtig eingestuft und mehrere Krisengespräche geführt. Dem Vernehmen nach hat er dabei den Druck auf die HPA-Leitung erhöht, das Problem endlich in den Griff zu bekommen. Darauf angesprochen sagte er dem Abendblatt: „Wir brauchen nicht noch einen Dialog und noch einen Dialog, sondern schnelle Ergebnisse. Wir haben beschlossen, dass wir die Baggerarbeiten in den Zufahrten und Liegeplätzen der Schiffe vordringlich vornehmen. Und wir müssen zu einer grundlegenden Lösung des Sedimentmanagements in der Tideelbe kommen“, so Horch. Mit den Nachbarn in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes werde nun eine Lösung entwickelt. Grundlage dafür sei das Dialogforum Tideelbe.

Bei einem Treffen Anfang November hatten mehrere Unternehmer bei Horch darüber geklagt, dass die Verzögerungen beim Umschlag wegen des zu geringen Tiefgangs inzwischen zu Kosten in Millionenhöhe führten. Besonders betroffen war der Wilhelmsburger Handelsbetrieb für Futtermittel und Getreide HaBeMa. In dessen Zufahrt am Reiherstieg hatte sich soviel Hafenschlick abgesetzt, dass sich der Tiefgang im September von 12,30 Meter auf 11,70 Meter reduzierte. Die Beladung eines Schiffes mit 60.000 Tonnen Weizen war so nicht mehr möglich und das Schiff wurde deshalb nach Rostock umgeleitet und dort beladen.

Der amerikanische Getreidehändler ADM lenkte ein Schiff wegen der Mindertiefen gleich in den Konkurrenzhafen Rotterdam um, wo es keine Probleme mit den Wassertiefen gibt. Die Folge: Der Ölmühle in Neuhof ging die Rohware aus, was zu einem Stillstand der Produktion führte. ADM entstanden in zweifacher Hinsicht höhere Kosten: Einmal für die zusätzliche Logistik und einmal für den Produktionsausfall. Oiltanking hatte weniger Probleme mit den Liegeplätzen im Blumensandhafen als vielmehr damit, dass die Zufahrt über den Rehte-Kanal verschlickte. Zwischendurch war die Wassertiefe vom Soll in Höhe von 10,90 Meter auf neun Meter gesunken. Zwei Schiffe mussten vor Helgoland auf Reede liegen, bis die HPA in einem Kraftakt den Kanal frei gebaggert hatte.

Auch 2014 hat es in den Hafenbecken erhebliche Flachstellen gegeben

Aus der Hafenwirtschaft verlautet, dass es auch jetzt noch Probleme mit der Wassertiefe gebe. „Es ist erfreulich, dass der Senator eingegriffen hat, aber ein über zwei Jahre vernachlässigtes Problem lässt sich nicht in wenigen Wochen beheben“, sagte der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz. 2014 habe es nämlich auch schon Probleme wegen der Sedimentablagerungen gegeben.

Angesichts der Problematik verwundert es, dass der Massengutumschlag in den ersten neun Monaten sogar gestiegen ist – und zwar um 8,7 Prozent, wie Hafen Hamburg Marketing mitteilte. Grund dafür waren erhöhte Getreidexporte. Die Schlick-Probleme stammen aber vor allem aus dem Oktober. Sie werden somit vor allem die Jahresbilanz des Hafens belasten.