Berlin. Die Krankenstände in der Wirtschaft sind hoch. Kann eine Teilzeit-Krankschreibung helfen? Rückenwind kommt von zwei mächtigen Verbänden.
Krank ist krank. Oder doch nicht? Angesichts der hohen Krankenstände in Deutschland ist eine Debatte um eine Teilzeitkrankschreibung wie etwa in skandinavischen Ländern entbrannt. In Schweden beispielsweise ist es möglich, teilweise krankgeschrieben zu sein, also etwa nur einen reduzierten Teil an Stunden am Tag zu arbeiten. Die Regelung ist keineswegs neu, sie geht bis in das Jahr 1955 zurück.
Aber auch in anderen skandinavischen Ländern ist eine Teilzeitkrankschreibung möglich. Finnland hat sie 2007 eingeführt. Auch Dänemark hat die Möglichkeit der teilweise Arbeitsunfähigkeit geschaffen, ebenso Norwegen, mit dem Ziel, längerdauernde Krankmeldungen zu reduzieren. Und auch bei Deutschlands südlichem Nachbarn, der Schweiz, ist es möglich, sich teilweise krankschreiben zu lassen.
Teilzeitkrankschreibung: DIHK und ZDH offen für Debatte
Hierzulande hat die Debatte über ein solches Modell Fahrt aufgenommen, nachdem sich der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, gegenüber dieser Redaktion für ein Modell der Teilzeitkrankschreibung ausgesprochen hatte. Mit Blick auf die sich veränderte Arbeitswelt hatte Reinhardt gesagt: „Eine praktikable Form von Teilzeitkrankschreibung für einige Stunden täglich könnte den neuen Möglichkeiten Rechnung tragen und für mehr Flexibilität sorgen.“ Widerstand kam dagegen von den Hausärzten und vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Doch nun gibt es Unterstützung von zwei einflussreichen Wirtschaftsverbänden: Die Präsidenten der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) zeigen sich offen für die Einführung einer Teilzeit-Krankschreibung. „Das Thema Teilzeitkrankschreibung, wie in der Schweiz möglich, kann man diskutieren. Wir sollten da insgesamt pragmatischer werden“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian dieser Redaktion. Und Handwerkspräsident Jörg Dittrich meint: „Das ist zumindest eine Idee, über die zu diskutieren ich für sinnvoll halte.“
Hohe Krankenstände: DIHK und Handwerk wollen gegen Missbrauch vorgehen
Einig sind sich der DIHK-Präsident und der Handwerkspräsident auch darin, gegen Missbrauch bei der telefonischen Krankschreibung vorzugehen. Adrian kritisierte, dass es mittlerweile im Internet Adressen gebe, über die man eine Krankschreibung initiieren könne. „Das geht meiner Meinung nach weit über das hinaus, was zulässig ist. Gegen diese Fehlentwicklung müssen wir vorgehen“, sagte der DIHK-Präsident. Missbrauch müsse verhindert werden, die aktuellen Krankenstände würden die Wirtschaft massiv belasten.
Nach Aussage von Handwerkspräsident Dittrich seien auch im Handwerk die derzeitigen Krankenstände hoch. Dittrich kritisierte ebenfalls Online-Portale, über die man sich Krankschreibungen organisieren könne. „Ich wäre durchaus dafür, die telefonische Krankschreibung zu überprüfen oder wenigstens gesetzlich festzuschreiben, dass nur der Hausarzt telefonisch krankschreiben darf“, sagte der Handwerkspräsident. Wenn sie vom behandelnden Arzt oder Hausarzt kommt, sei die telefonische Krankschreibung richtig. Auch DIHK-Präsident Adrian will die telefonische Krankschreibung nicht grundsätzlich in Frage stellen: „Wenn der behandelnde Arzt, der den Patienten kennt, telefonisch krankschreiben darf, kann das überlaufene Praxen entlasten.“
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