Hamburg. Online-Plattform Social Chain hat Insolvenz in Eigenregie angekündigt. Jetzt wurden zwei Insolvenzberater in den Vorstand berufen.
- Firma von TV-Investor Ralf Dümmel meldet Insolvenz an
- Dümmel ist bekannt aus der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“
- Wie es nun konkret mit dem Unternehmen weitergeht, ist noch unklar
Paukenschlag bei Höhle der Löwen-Investor: Das Online-Handelshaus Social Chain, an dem auch der Hamburger Unternehmer Ralf Dümmel beteiligt ist, meldet Insolvenz an. Das hat das börsenorientierte Berliner Unternehmen am Montagmittag in einer sogenannten Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegeben.
Der Vorstand sei „nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Gesellschaft keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht“, hieß es. Der Vorstandsvorsitzende und Gründer Georg Kofler legte sein Amt mit sofortiger Wirkung nieder. Ralf Dümmel war bereits im November aus dem Vorstand ausgeschieden.
Am Dienstag hat der Aufsichtsrat der Social Chain Gerrit Hölzle und Thorsten Bieg von der Kanzlei GÖRG Insolvenzverwalter laut einer weiteren Pflichtmitteilung in den Vorstand berufen. Der Schritt war nötig, um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer Insolvenz in Eigenverwaltung zu erfüllen. Die Sanierungsfachleute waren 2019 auch beim Insolvenzverfahren des Hamburger Windanlagenerstellers Senvion (früher: Repower) im Einsatz.
„Höhle der Löwen“: Ralf Dümmel – Firma des Hamburger TV-Investors ist insolvent
Das Unternehmen Social Chain ist durch die TV-Gründershow „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) einem Millionenpublikum bekannt geworden. 2021 hatte Social Chain die Firma DS Produkte des Hamburger Unternehmers Ralf Dümmel übernommen, der ebenfalls als Investor bei dem Fernsehformat auftritt. Der 220-Millionen-Deal hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Allerdings waren schon Ende vergangenen Jahres erste Probleme aufgetaucht.
Dümmel hatte sich aus der Führung der Social Chain AG zurückgezogen und wieder auf DS-Produkte konzentriert. Nach eigenen Angaben ist die DS Holding mit Sitz in Stapelfeld bei Hamburg (mit den Firmen DS Produkte GmbH, DS Direct GmbH, Brand Chain GmbH, LANDMANN Germany GmbH, BEEM Germany GmbH) finanziell unabhängig von der Muttergesellschaft und wird die Geschäftstätigkeit wie gewohnt unter seiner Geschäftsführung fortsetzen.
Ralf Dümmel: „Die Verantwortung belastet mich sehr“
Trotzdem ist die Insolvenzanmeldung der Social Chain ein schwerer Schlag für den 56-Jährigen: „Zum Unternehmertum gehört es dazu, dass es nicht nur positive Nachrichten gibt“, erklärte er in einem schriftlichen Statement, das dem Abendblatt vorliegt. Der Zusammenschluss mit der Social Chain AG sei einerseits eine große Chance gewesen, die auf den stationären Handel fixierte DS Gruppe in die Social-Commerce-Welt zu überführen.
Andererseits brachte der Zusammenschluss auch die Herausforderung mit sich, ein über 50 Jahre gewachsenes hanseatisches Familienunternehmen in die Unternehmenskultur eines börsennotierten Digitalunternehmens zu integrieren.
„Ich muss rückblickend anerkennen, dass die damalige Entscheidung nicht nur für mich persönlich, sondern vor allem für die vielen Aktionäre und Mitarbeiter, die meine Begeisterung geteilt haben, große Belastungen zur Folge hat – denn ich habe so sehr daran geglaubt, dass der Zusammenschluss einen großen Mehrwert für alle bringt. Diese Verantwortung belastet mich sehr.“ Es ist zudem davon auszugehen, dass Dümmel selbst auch sehr viel Geld verloren hat.
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Wie es konkret weitergeht, ist noch unklar. Die Social Chain AG will bei laufendem Geschäftsbetrieb ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchführen. Dabei soll, ähnlich wie bei dem Sanierungsprozess des Warenhaus-Konzerns Galeria oder der Schuhhandelskette Görtz, das Management an Bord bleiben und bekommt einen sogenannten Sachwalter zur Seite gestellt. Nach Insiderinformationen kämpfen Ralf Dümmel und die anderen Alt-Gesellschafter der DS Gruppe im Hintergrund für eine Rettung der Social Chain AG – und haben auch das hierfür benötigte Massedarlehen bereitgestellt.
Finanzaufsicht Bafin moniert Fehlbuchungen von fast 60 Millionen Euro
Social Chain, das stark von dem Hype um die TV-Show Die Höhle der Löwen profitiert hatte, war zwischenzeitlich an der Börse mit mehr als einer halben Milliarde Euro bewertet. Im vergangenen Jahr ging es bergab. Inzwischen wurde bekannt, dass die Finanzaufsicht Bafin Fehlbuchungen in Höhe von fast 60 Millionen Euro im Konzernabschluss 2021 moniert hatte. Social Chain hat die Fehler inzwischen korrigiert.
Statt der geplanten mehr als eine Milliarde Euro im Jahr 2023 hat das Unternehmen im 1. Quartal 2023 nur 58,4 Mio Euro umgesetzt. Eine angekündigte Kapitalerhöhung durch die Ausgabe von 4,5 Millionen neuen Aktionen war gescheitert – was jetzt dazu führte, „dass keine hinreichende Wahrscheinlichkeit mehr besteht, dass der kurzfristige Finanzbedarf der Gesellschaft gedeckt werden kann“.
Ralf Dümmel bleibt DHDL-Löwe
Die TV-Show „Die Höhle der Löwen“ bleibt von den Turbulenz unberührt. In einem Statement erklärte der Fernsehsender Vox: „Die aktuellen Entwicklungen rund um die Social Chain AG haben keine Auswirkungen auf ,Die Höhle der Löwen’. Georg Kofler habe sich bereits Ende letzten Jahres dazu entschieden, als „Löwe“ aufzuhören.
Ralf Dümmel werde als Geschäftsführer der DS Gruppe, die nicht von der Insolvenz der Social Chain AG betroffen ist, auch in der kommenden Herbststaffel, die in Kürze startet, seinen Platz auf dem Investorensessel einnehmen und um die attraktivsten Deals kämpfen. Die Sendungen waren bereits im Frühjahr aufgezeichnet worden.