Schleswig-Holstein. Exklusiv: Die Investoren aus der „Höhle der Löwen“ über die Zukunft ihres gemeinsamen Unternehmens und Veränderungen der TV-Show.

Sie haben schon einen langen Tag hinter sich. Als Ralf Dümmel und Georg Kofler in den Showroom von DS Produkte in Stapelfeld kommen, ist es draußen längst dunkel. „Wir sind ein paar Minuten zu spät“, entschuldigt sich Hausherr Dümmel. Der Terminplan ist eng getaktet mit Abstimmungsmeetings, Vorstellungsrunden, Besprechungen mit Tochterunternehmen – was so anliegt, wenn aus zwei Unternehmen eins wird.

Die Stimmung ist aufgeräumt. Kennen Millionen Zuschauer die beiden Vollblut-Unternehmer bislang vor allem als Konkurrenten um die besten Gründerideen in der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“, geht es nach ihrem Mega-Deal in eigener Sache um einen neuen Gleichschritt.

„Löwen-Deal“: Ralf Dümmel und Georg Kofler wollen eine Milliarde Umsatz machen

Dass das wenige Wochen nach dem Verkauf der DS Gruppe an die Aktiengesellschaft Social Chain schon ganz gut klappt, demonstrieren die beiden beim exklusiven Termin mit dem Abendblatt – dem ersten nach dem Deal. „Wir haben uns vorher sogar abgestimmt, was wir anziehen“, witzelt Ralf Dümmel augenzwinkernd. Er trägt zum dunklen Dreiteiler ein gelbes Hemd mit farblich abgestimmten Einstecktuch und Armbanduhr. Koflers Jackett ist grün.

So wie es aussieht, verstehen sich die beiden Männer, die zu den bekanntesten Gesichtern der deutschen Wirtschaft gehören. Und sie schätzen sich. „Er ist ein tatkräftiger Unternehmer bis ins Detail hinein“, sagt Kofler, Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender der von ihm mitgegründeten E-Commerce- und Social-Media-Firma Social Chain, über seinen neuen Partner nach den ersten Wochen unter dem gemeinsamen Dach. „Man spürt, er hat das Geschäft im Bauch und nicht im Kopf.“ Nachdem sie im Oktober den Zusammenschluss der beiden Unternehmen bekannt gegeben hatten, sorgte der „Löwen-Deal“ für stolze 220 Millionen Euro bundesweit für Schlagzeilen.

„Wir haben uns klare Ziele gesetzt und wollen in zwei Jahren eine Milliarde Euro Umsatz machen“, sagt Dümmel. Dabei sollen sich die Erfahrungen der DS Gruppe im stationären Handel mit dem Onlinegeschäft von Social Chain mit starker Präsenz in den sozialen Medien ergänzen. Kofler, lobt der Hamburger, „denkt groß und hat Fantasie für Neues“. Dabei sei er nicht der typische Aufsichtsratschef. „Er liebt die Arbeit und brennt dafür.“

Georg Kofler: „Wir verstehen uns als innovatives Haus der Marken“

Im Moment geht es vor allem um Details. Und das sind eine Menge. „Wir telefonierten sehr oft, auch spätabends noch“, sagt Ralf Dümmel. Er hat neben einem millionenschweren Aktienpaket auch einen attraktiven Vorstandsposten an Land gezogen und darf sich jetzt Chief Product Officer nennen. „Als Georg sich den Titel ausgedacht hat, habe ich auch erst mal gefragt, was das ist“, sagt der 55-Jährige, der seine Karriere nach dem Hauptschulabschluss bei Möbel Kraft in Bad Segeberg begonnen hatte.

Auf den Punkt gebracht, sagt er, sei er zuständig für alles rund um die Produkte, vom Aufspüren von Innovationen über die Entwicklung bis zum Vertrieb. Zu der großen neuen Firmenfamilie gehören bekannte DS-Marken wie Landmann-Grills und Beem-Küchenmaschinen. Neu für Dümmel sind dagegen die Angebotspaletten von Social-Chain-Beteiligungen wie Clasen Bio mit Nüssen und Trockenfrüchten oder die Online-Lebensmittelplattform KoRo. Insgesamt, rechnet der Hamburger kurz mal zusammen, sei er jetzt für mehr als 10.000 Produkte verantwortlich.

„Wir verstehen uns als innovatives Haus der Marken“, sagt Georg Kofler. Der 64 Jahre alte Medienunternehmer, der unter anderem beim Privatsender ProSieben, dem Homeshoppingkanal H.O.T. und beim Bezahlfernsehen Premiere im Chefsessel saß, hatte 2017 die Social Chain Group gegründet, die auf die digitale Vermarktung bei Instagram & Co. und den Onlinevertrieb von Produkten der Beteiligungsfirmen spezialisiert ist.

Landmann-Grill: Die deutsche Antwort auf den Weber-Grill?

Seitdem ist er auf Wachstumskurs. Nach der Übernahme der DS Gruppe erhöhte das Unternehmen mit jetzt 1400 Beschäftigten das Umsatzziel auf 620 Millionen Euro für 2021 – weitere 140 Stellen sind aktuell offen. Dass Social Chain in der letzten veröffentlichen Bilanz im Jahr 2020 ein Minus von mehr als 20 Millionen Euro ausgewiesen hatte, bezeichnet der Geschäftsmann als „geplante Anlaufverluste“ und begründet es mit schnellem Wachstum. „Aber auf Dauer sind Verluste natürlich kein Geschäftsmodell. Die Social Chain AG ist auf Gewinnerzielung ausgelegt.“

„Gemeinsam mit der DS Gruppe bekommen wir die Kombination eines modernen Multichannel-Vertriebs im stationären Handel und im Internet hin“, so Koflers Vision. Er nennt es Social Commerce. „Es wird in Zukunft keine Marke geben, die ohne Verankerung in der Social-Media-Kommunikation auskommt.“ Beispiel Landmann-Grill. Die Marke, so das Ziel, soll neben dem stationären Geschäft mit einer eigenen Community im Netz massiv ausgebaut werden. „Als deutsche Antwort auf den Weber-Grill.“

Ralf Dümmel ist der „Herr der Regale“

Der Platz in der Investorenrunde der reichenweitenstarken Staffeln der „Höhle der Löwen“ ist für die großen Pläne der Unternehmer durchaus hilfreich. Es sei aber von Anfang an klar gewesen, dass die beiden künftig nicht mehr zwei „Löwen“-Sessel besetzen könnten. „Ralf gehört zum Attraktivitätsinventar der Sendung. Die „Höhle der Löwen“ ist ohne ihn nicht vorstellbar. Deshalb habe ich gesagt, es wird weiter dümmeln“, sagt Georg Kofler, der seit seinem Start in der Sendung als Vertreter seiner früheren Geschäftspartnerin und Mit-Investorin Judith Williams eher zögerlich und vor allem in digitale Plattformen und Dienstleistungen wie den Anbieter von Kunstworkshops Artnight oder das Mehrweggeschirr-System für Außer-Haus-Essen Vytal investiert hat.

Es habe ein bisschen gedauert, bis klar war, wie es mit der Show weitergeht. „Wir haben die Produktionsfirma ja überrascht“, so Ralf Dümmel, der mit 123 Deals und seiner direkten Art der beliebteste Löwe mit hohem Promi-Faktor ist. „Mensch Jungs, ihr macht ja Sachen“, habe die Produktionschefin gesagt, als sie ihr von dem Verkauf erzählt hätten, erinnert er sich. Inzwischen ist klar, dass ab der zwölften Staffel, die seit der dritten Januarwoche aufgezeichnet und im September ausgestrahlt wird, sowohl Dümmel als auch Kofler als Investoren bleiben – aber nicht in einem Pitch auftreten. Weitere Details nennen sie nicht. Es zeichnet sich aber ab, dass der Vertriebsprofi Dümmel – Spitzname „Herr der Regale“ – häufiger in der Show sein wird.

Finanzielle Limits für künftige Investitionen gibt es nicht

Absprachen, Kriterien oder ein finanzielles Limit für die künftigen Investitionen der neuen Geschäftspartner soll es nicht geben. „Wir beide machen es jetzt ja schon ein paar Jahre. Wir wissen, was gesucht wird und was passt“, sagt er. Aber er weiß auch: „Die Kämpfe werden härter.“ Das sei schon in der vergangenen Staffel so gewesen und das erwarte er auch bei den laufenden Aufzeichnungen. Das Investoren-Duo setzt nicht allein auf Geld. „Das ist nicht der Punkt, bei dem wir sagen, jetzt sind wir stärker“, so Dümmel. „Aber wir können zusammen mehr Know-how und Leistungen anbieten. Wenn wir vorher das Rundum-sorglos-Paket hatten, haben wir jetzt das Rundum-sorglos-Paket de luxe.“

Denkbar ist offenbar auch, dass sich die Zahl der Investoren von jetzt sieben noch erweitert. Im vergangenen Jahr waren erstmals Gastlöwen dabei. Die Ankerkraut-Gründer Anne und Stefan Lemcke, die selbst als Gründer in der Show waren, holten zwei Deals – und jagten auch Ralf Dümmel einen Gründer ab. „Es gibt ja immer die Überlegung, ob es weitere Persönlichkeiten gibt, die interessant sind für die Show“, sagt Georg Kofler. Die letzten Neuzugänge neben den bekannten Gesichtern Judith Williams, Dagmar Wöhrl und Carsten Maschmeyer waren Nils Glagau, Geschäftsführer des Nahrungsergänzungsmittel-Herstellers Orthomol, sowie der frühere Formel-1-Fahrer Nico Rosberg. „Dadurch, dass aus uns beiden jetzt im Prinzip ein Löwe geworden ist, wird ein Stuhl frei“, sagt Kofler.

Neue Staffel „Die Höhle der Löwen“: Blick in die Vergangenheit

Bei der Frühjahrsstaffel ist allerdings noch alles beim Alten – und damit quasi ein Blick in die Vergangenheit. „Die Sendungen waren ja bereits aufgezeichnet, bevor sich die Unternehmen zusammengeschlossen haben“, sagt Ralf Dümmel. „Das wird bestimmt ein ganz komisches Gefühl. Bei den Drehtagen jetzt kämpfen wir für unser gemeinsames Unternehmen, und dann gucken wir montags abends die Staffel, wo wir noch gegeneinander um einen Deal kämpfen.“

Das Magazin „Ralf Dümmel” vom Hamburger Abendblatt gibt es auf abendblatt.de/shop.