Hamburg. Diesmal geht es um sogenannte Cum-Cum-Geschäfte. Warum die Hamburger Bank keine „signifikanten Belastungen“ daraus erwartet.
Das Hamburger Privatbankhaus M.M. Warburg & CO wird abermals von seiner Vergangenheit eingeholt. Diesmal muss man sich mit einem „Nachforderungsbescheid“ des zuständigen Finanzamts über Steuern in Höhe von 98,6 Millionen Euro im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Cum-Aktiengeschäften aus den Jahren 2011 bis 2014 auseinandersetzen. Nach Angaben einer Warburg-Sprecherin hat die Bank jedoch Einspruch gegen den Bescheid eingelegt.
Anders als Cum-Ex-Deals, für die Warburg 176 Millionen Euro Steuern zurückgezahlt hat, sind Cum-Cum-Geschäfte bisher nicht höchstrichterlich als illegal eingestuft worden. Bei solchen Transaktionen werden Wertpapiere ausländischer Aktionäre kurzzeitig über den Dividendenstichtag an Geschäftspartner in Deutschland verliehen, da diese die Kapitalertragsteuer auf die Dividendenzahlung erstattet bekommen können. Das Geld vom Fiskus teilen sich die Akteure.
Warburg soll weitere knapp 100 Millionen Euro Steuern zurückzahlen
Bei Warburg gibt man sich im Hinblick auf die neue Steuernachforderung gelassen. „Wir gehen derzeit nicht von weiteren signifikanten Belastungen für die Warburg Bank im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Cum-Transaktionen aus“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Wie es heißt, waren die Hamburger in dem fraglichen Zeitraum lediglich als Depotbank an „Geschäften für Dritte“ – es soll sich um eine ausländische Bank handeln – beteiligt, hätten aber selbst keine steuerlichen Vorteile daraus erzielt.
Schon im Geschäftsbericht 2021 wird darauf Bezug genommen. Dort heißt es, Warburg gehe davon aus, über „durchsetzbare Ersatzansprüche“ gegenüber dem „Investor“ zu verfügen. Im Klartext bedeutet das: Die Warburg-Bank will sich von ihm das Geld zurückholen, sollte es zu einer Steuernachforderung an die Adresse des Hamburger Instituts kommen.
Zahlreiche Banken waren früher in sogenannte Cum-Cum-Geschäfte verwickelt
Cum-Cum-Geschäfte waren bis zu einer Gesetzesänderung im Jahr 2016 weit verbreitet. Umfragen der Finanzaufsichtsbehörde BaFin und der Bundesbank im Jahr 2017 ergaben, dass 85 Geldhäuser an solchen rechtlich zumindest umstrittenen Transaktionen beteiligt waren. Laut der Initiative „Bürgerbewegung Finanzwende“ dürfte der Steuerschaden bei mehr als 28 Milliarden Euro liegen.
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Zwar wollte sich die Hamburger Finanzbehörde unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht zu dem Nachforderungsbescheid an Warburg äußern. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagte dem Abendblatt aber: „Wir verfolgen Cum-Cum-Gestaltungen konsequent und fordern zurück, sobald wir rechtlich die Chance dazu haben. Die Tatsache, dass wir bei der Rückforderungsquote im Ländervergleich auf Platz zwei liegen, zeigt, dass Hamburg hier kein Vollzugsdefizit hat.“ Nach Informationen des Abendblatts sind von der Hansestadt bisher knapp 98 Millionen Euro zurückgefordert worden, was einer Quote von gut 60 Prozent der zu Unrecht erstatteten Kapitalertragsteuern entspreche.
Nach Auffassung der Finanzbehörde können Cum-Cum-Fälle durchaus auch strafrechtlich relevant sein. Wegen eindeutig rechtswidriger Cum-Ex-Geschäfte sind zwei frühere Warburg-Beschäftigte zu Haftstrafen verurteilt worden. Im April ist Anklage gegen den früheren Warburg-Chef Christian Olearius, einen der beiden Hauptanteilseigner der Bank, erhoben worden. Er bestreitet, Unrecht getan zu haben.
Wirtschaftlich gesehen glaubt der neue Bankvorstand aber offenbar, einen Schlussstrich gezogen zu haben. So heißt es im jüngsten Geschäftsbericht: „Wir erwarten keine weiteren außerordentlichen Belastungen, auch nicht durch das Thema Cum-Ex.“