Hamburg. Nur wer ein neues Konto eröffnet, bekommt Zinsen. Verbraucherschützer bezeichnen Praxis als „dreist“. Alternativen von anderen Banken.
- Die Haspa verzinst das Tagesgeld ihrer Bestandskunden nicht
- Um Zinsen zu bekommen braucht man bei der Sparkasse ein Girokonto
- Verbraucherschützer sehen damit vor allem ältere Kunden benachteiligt
Jetzt gibt es bei den Geldinstituten endlich wieder Zinsen auf das Ersparte, aber Einschränkungen und Tricks der Anbieter machen es den Kunden nicht einfach, davon zu profitieren. Besonders erbost sind Kunden der Hamburger Sparkasse (Haspa), die mehr oder weniger durch Zufall feststellen: Ihr Tagesgeld wird gar nicht verzinst. „Ich schaue in mein Onlinebanking und sehe: Zinssatz: null Prozent“, sagt Haspa-Kundin Marianne M.
Dabei hatte die größte deutsche Sparkasse zum Frühlingsanfang einen Tagesgeldzins von 0,60 Prozent für ihre Kunden eingeführt – nach langer Nullzinsphase. Voraussetzung: Sie unterhalten auch ein Girokonto bei der Sparkasse. Die langjährige Haspa-Kundin M. glaubte nun, der stattliche Betrag auf ihrem Tagesgeldkonto werde wieder verzinst.
Geldanlage Hamburg: Tagesgeldzinsen nur mit neu eröffnetem Konto
Ein großer Irrtum, wie sie inzwischen feststellen musste. Erst ein Anruf in ihrer Filiale brachte ihr die Erkenntnis, dass der Weg zum Tagesgeldzins lang ist. „Ich hätte das falsche Konto und müsste erst ein neues eröffnen, um von dem Zins zu profitieren, sagte mir eine Mitarbeiterin“, so Marianne M. „Ich finde es einfach unverschämt, wie mit den langjährigen Kunden umgegangen wird, denn nur zufällig habe ich das Problem bemerkt.“ Vermögenden Individualkunden ergeht es nicht besser, wie auch der Ehemann von Frau M. erfahren musste.
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Das dürften viele Haspa-Kunden ähnlich erleben, wenn sie die Falle mit ihrem veralteten Tagesgeldkonto unter der Bezeichnung Cashkonto überhaupt bemerken. Auf Anfrage des Abendblatts bestätigt die Haspa: „Das Cashkonto wurde seit der Niedrigzinsphase nicht mehr nachgefragt und ist ein auslaufendes Produkt“, sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. 0,60 Prozent Zinsen gibt es nur auf das neue S-Tagesgeld-Konto. Wer diesen Unterschied nicht herausfindet, der bekommt auf seine liquide Geldreserve keine Zinsen – so wie Haspa-Kundin M.
Tagesgeldkonto: Wer in die Filiale gehen muss
Sie hat nun ein neues Tagesgeldkonto bei der Sparkasse eröffnet, um von den Zinsen zu profitieren. Wer das online nicht kann, muss erst eine Filiale aufsuchen. „Wir setzen wir seit geraumer Zeit auf Produkte und Leistungen der Sparkassen-Finanzgruppe. Dies betrifft auch das neue S-Tagesgeld“, sagt von Carlsburg. „Beschwerden sind uns nicht bekannt.“
Ein klarer Hinweis auf die Unterschiede beider Kontoarten findet sich auf der Internetseite der Haspa nicht. Allenfalls die Überschrift „Ihr neues Tagesgeldkonto“ könnte Bestandskunden nachdenklich stimmen, wenn sie denn überhaupt nachschauen.
Verbraucherschützer sehen ältere Kunden benachteiligt
Die Haspa verweist darauf, dass das neue Produkt auf verschiedenen Kanälen beworben werde. „Ich finde das Vorgehen der Haspa dreist“, sagt gleichwohl Sandra Klug, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Besonders ältere Kunden ohne Onlinebanking würden wahrscheinlich längere Zeit überhaupt nicht bemerken, dass sie ein veraltetes Konto haben und ihr Geld unverzinst bleibt.
Zahlen, wie viele Tagesgeldkonten es bei der Haspa gibt, will die Sparkasse nicht nennen. Wenn man aber davon ausgeht, dass nur jeder zehnte Kunde ein Tagesgeldkonto besitzt, dürften Zehntausende Kunden betroffen sein. Nach eigenen Angaben führt die Haspa mehr als eine Million Girokonten. Die Sparkasse argumentiert, dass viele der alten Cashkonten kein Guthaben mehr aufwiesen.
Tagesgeldzinsen: Die höchsten Zinsen hat VW-Bank
Doch auch in der zinslosen Zeit haben die Deutschen ihr Geld auf Giro- und Tagesgeldkonten gehortet. Ihre Einlagen beliefen sich Ende 2022 auf mehr als drei Billionen Euro. In einer Umfrage der Direktbank von Check24 geben 33 Prozent der Befragten an, Vermögen bis zu 5000 Euro auf unverzinsten Konten angelegt zu haben. Fast jeder Zweite (47 Prozent) belässt sogar noch höhere Summen auf Girokonten oder als Bargeld, ohne eine Rendite zu erhalten.
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Die besten Tagesgeldangebote liegen inzwischen bei rund drei Prozent. Die VW-Bank bietet sogar 3,10 Prozent, garantiert für die nächsten sechs Monate. Danach fällt der Zins allerdings auf 0,65 Prozent. Wer von den drei Prozent für sechs Monate bei der ING profitieren will, muss sich beeilen. Das Geld muss bis zum 25. April bei der Direktbank angelegt sein. Maximalbetrag: 50.000 Euro.
Geldanlage Hamburg: Wer Geld auf unverzinsten Konten ließ, hat schlechte Karten
Bestandskunden sind von dem Angebot zwar nicht ausgeschlossen, aber es muss Geld von einem Konto einer anderen Bank sein. Wer sein Geld in der zinslosen Zeit auf dem Extra-Konto der ING hat liegen lassen, muss sich mit 0,60 Prozent Zinsen abfinden. Denn einfach Geld abheben und dann als „neues“ Geld wieder einzahlen – das funktioniert nicht. „Ein- und Auszahlungen bis zum Stichtag 25. April werden verrechnet“, sagt ein Banksprecher.
Angenommen, ein Kunde hat 20.000 Euro auf dem Konto, zieht 10.000 Euro ab und zahlt dann wieder 20.000 Euro ein. „Das entspricht einem Zuwachs von 10.000 Euro gegenüber dem Anfangssaldo. Demzufolge würden 10.000 Euro ab dem 1. Mai mit dem Bonuszins von drei Prozent für die kommenden sechs Monate verzinst“, so der Banksprecher.
Wer seine Geldgeschäfte nicht online erledigen kann, ist ohnehin benachteiligt. Zwar gibt es auch bei Filialbanken wie der Santander Bank mit zwei Prozent (für die ersten sechs Monate) hohe Tagesgeldzinsen. Aber das Konto muss offenbar online eröffnet werden, um davon zu profitieren. Mit Ausnahme der in Hamburg ansässigen Hanseatic Bank (1,50 Prozent) liegen dann die besten Angebote von Filialbanken wie der Deutschen Bank und der Commerzbank wieder nur bei 0,60 Prozent. So wie bei der Haspa. Vorausgesetzt, man hat das richtige Konto.