Hamburg. Cosco will 24,9 Prozent am Terminal Tollerort. Doch der Umschlagplatz gilt jetzt als besonders schützenswert. Scheitert der Deal?
Als sich die Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Angela Titzrath, auf der Bilanzpressekonferenz vor einigen Wochen zur geplanten Beteiligung der chinesischen Reederei Cosco am Containerterminal Tollerort (CTT) äußerte, sprach aus ihr die Ungeduld. Cosco, die HHLA und der Hamburger Hafen warteten nunmehr seit 18 Monaten auf die finale Genehmigung dieser Transaktion durch das Bundeswirtschaftsministerium, sagte die Top-Managerin. Sie erwarte, dass das Ministerium endlich seiner Verantwortung nachkomme. Schließlich habe man alle Auflagen des Bundes für den Vertrag erfüllt.
Chinas Griff nach kritischer Infrastruktur in Hamburg
Doch nun sieht es so aus, als müsse Titzrath noch länger warten. Denn nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums haben sich die Voraussetzungen für den Deal erneut geändert. Wie die Hamburger Hafen und Logistik AG am Mittwoch einräumte, wird das Containerterminal Tollerort, an dem Cosco eine Minderheitsbeteiligung erhalten soll, vom zuständigen Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik inzwischen als kritische Infrastruktur und damit als besonders schützenswert eingestuft.
Kippt der Cosco-Einstieg im Hamburger Hafen?
Im laufenden Prozess des Investitionsprüfverfahrens zur Minderheitsbeteiligung von Cosco Shipping Ports Limited (CSPL) an dem Terminal hätten sich die Kriterien für eine Einstufung der Infrastruktur verändert, heißt es in einer Mitteilung des Hafenkonzerns. Das Terminal sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit Cosco im Oktober 2021 nach den seinerzeit geltenden Regelungen keine kritische Infrastruktur gewesen. Im Zuge der Änderung der sogenannten Kritis-Verordnung sei aber 2022 eine neue Kategorie kritischer Infrastrukturen eingeführt worden. Tollerort falle wie auch alle anderen Terminals in Hamburg unter diese Definition. Dementsprechend sei das Terminal seit Anfang 2023 nun als kritische Infrastruktur registriert, heißt es.
Für das Bundeswirtschaftsministerium hat sich damit die Entscheidungsgrundlage über den geplanten Vertrag mit den Chinesen geändert. Eine Sprecherin erklärte auf Anfrage des Abendblatts: „Da sich die Voraussetzungen geändert haben, prüfen wir als Bundesministerium die Auswirkungen auf den Sachverhalt.“
Bundeswirtschaftsministerium prüft China-Deal neu
Dabei wird mittlerweile schon ziemlich lange geprüft: Im Oktober 2021 hatte die Bundesregierung mit dem Investitionsschutzverfahren für eine Beteiligung von Cosco an der Betreibergesellschaft des Terminals Tollerort begonnen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wollte den Deal mit den Chinesen eigentlich verbieten. Doch nach einer Intervention durch das Bundeskanzleramt einigte sich Habeck mit den anderen Behörden auf einen Kompromiss: Im Oktober 2022 erließ er einen Rechtsbescheid, der statt einer 35-prozentigen Beteiligung nur weniger als 25 Prozent zuließ.
Nach Ansicht der HHLA habe die nun vom Bundeswirtschaftsministerium korrigierte Einstufung keine besonderen Auswirkungen: „Der HHLA-Konzern in Gänze ist bereits seit 2018 als kritische Infrastruktur eingestuft und hat sich entsprechend aufgestellt. Die damit einhergehenden Pflichten zur Sicherheit der IT-Infrastruktur erfüllt das Unternehmen bereits seitdem vollumfänglich“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Cosco werde dementsprechend keinen Zugriff und keine Entscheidungsrechte auf die kritische Infrastruktur erhalten – ebenso wenig wie in Bezug auf Grund und Boden des Terminals. Man erwarte weiter einen positiven Bescheid aus Berlin.
Allerdings wird sich HHLA-Chefin Titzrath nun wohl noch länger gedulden müssen.