Hamburg. Die Bauzeit des Tunnels verlängert sich auf neun Jahre. Von der Opposition hagelt es wegen der Planung Kritik.

Nur wenige Tage nach der Aufregung über die unsichere Finanzierung der Autobahn A 26-Ost durch die Bundesregierung, gerät nun ein weiteres Hamburger Infrastrukturprojekt unter Druck: der Ersatzbau für die alte Köhlbrandbrücke. Wie berichtet soll künftig ein Bohrtunnel mit zwei Röhren Ost- und Westufer des Köhlbrands miteinander verbinden. Die Zeit drängt.

Nach Angaben der zuständigen Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) ist die alte Köhlbrandbrücke spätestens 2034 so marode, dass sie nur noch mit Einschränkungen befahrbar wäre. Doch bis dahin wird der neue Tunnel nicht fertig sein.

Köhlbrandtunnel in Hamburg: Behörde rückt von Zeitplan ab

Aus einer Stellungnahme der Wirtschaftsbehörde geht hervor, dass nach dem Planfeststellungsbeschluss rund neun Jahre für den Bau des Tunnels veranschlagt werden. Das sei für Groß(tunnel)projekte dieser Dimension gängig, heißt es in dem Statement. Demnach wird der neue Köhlbrandtunnel frühestens 2036 fertig werden – also zwei Jahre nachdem die Köhlbrandbrücke ihr errechnetes Lebensende erreicht hat.

Der Rückbau der Köhlbrandbrücke kann aber aus verkehrlichen Gründen erst erst nach der Inbetriebnahme des Tunnels stattfinden. Das wird eng. Nicht zuletzt deshalb, weil der Öffentlichkeit bisher ein anderer Zeitplan vorgelegt wurde. Im Oktober 2021 wurde die Bauzeit nämlich noch mit sieben und nicht mit neun Jahren angegeben. Zudem sollten die Vorplanungen bereits im vergangenen Jahr abgeschlossen sein, die Feinplanungen Ende 2024. Zwei Jahre später hätten dann der Planfeststellungsbeschluss und damit die Baugenehmigung vorgelegen.

Von dieser Zeitplanung rückt die Behörde nun ab. Sie will angesichts der Unsicherheiten im Moment gar keine Termine mehr veröffentlichen. So sagte ein Behördensprecher am Montag auf Anfrage des Abendblatts: „Derzeit werden die Ergebnisse der externen Validierung bewertet und die bisherigen Vorplanungsergebnisse auch mit dem zuständigen Bundesministerium besprochen. Konkrete Aussagen zum Beginn des Planfeststellungsverfahrens und somit auch zum Baubeginn oder zur Verkehrsfreigabe können noch nicht gemacht werden.“

"Elbphilharmonie des Hafens": Hamburger Wirtschaft besorgt

In der Hamburger Politik aber auch in der Wirtschaft werden die neuen Unsicherheiten mit großer Skepsis aufgenommen. „Wenn die Senatsplanung weiter im Bummel-Tempo vorangeht, wird der Köhlbrandtunnel die Elbphilharmonie des Hafens. Bei der Preisexplosion kann der Köhlbrandtunnel traurigerweise bereits mithalten“, kritisierte der Hamburger Landesvorsitzende der FDP und Bundestagsabgeordnete, Michael Kruse. Gehe es mit einer „derartigen Ambitionslosigkeit“ weiter, stürze die Köhlbrandbrücke ein, bevor für den Tunnel auch nur die Planungen fertig seien.

Der hafenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Götz Wiese, warf die rhetorische Frage auf: „Ist das noch Fahrlässigkeit oder liegt dahinter ein schweres Versäumnis? Dass sich Planung und Bau der Köhlbrandquerung weiter verzögern, ist angesichts des internationalen Wettbewerbs ein fatales Signal. Dabei ist seit vielen Jahren bekannt, dass ein Neubau erforderlich ist. Der Senat gefährdet die Funktionstüchtigkeit des Hamburger Hafens.“

Köhlbrandtunnel sollte ursprünglich 2026 fertig sein

Die Hafenwirtschaft beklagt, dass immer wieder unterschiedliche Mitteilungen über die Haltungsdauer der Köhlbrandbrücke sowie über den Zeitpunkt zur Fertigstellung eines Neubaus für erhebliche Irritationen bei den Unternehmen sorge. „Senator Frank Horch hatte zunächst ein Ende der Nutzungsdauer der Köhlbrandbrücke für 2026 verkündet und diese Angabe dann später auf 2030 verlängert. Senator Westhagemann hatte gegenüber der Bürgerschaft diese Jahresangaben auf 2034 und zuletzt auf 2036 korrigiert.

Ebenso irritierend sind die bisherigen Angaben über den Planungs- und notwendigen Realisierungszeitraum sowie die möglichen Kosten einer neuen Köhlbrandquerung“, sagte der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz. Die Hafenwirtschaft erwarte, dass jetzt eine verlässliche und saubere Vorplanung einschließlich einer fachlich fundierten Alternativenprüfung für die Köhlbrandquerung erstellt werde, die auch für ein Planfeststellungsverfahren die notwendige Grundlage bilde.

Nabu wird direkt: „Politisches Versagen“

Unruhe löst der neue Zeitplan auch bei den Hamburger Umweltverbänden aus. Diese lehnen den Bau der Autobahn A 26-Ost kategorisch ab, setzen sich aber stattdessen für den Ausbau der Hafenhauptroute und damit für einen Köhlbrandtunnel ein. „Dass trotz jahrelanger Planung weiterhin unklar ist, ob eine Querung des Köhlbrands wieder durch eine Brücke oder durch einen Tunnel erfolgt, ist bei der angeblichen Bedeutung des Hamburger Hafens für die Freie und Hansestadt ein echtes politisches Versagen“, sagte der Hamburger Vorsitzende des Naturschutzbunds (Nabu), Malte Siegert.

Das Projekt stehe nicht einmal im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans und sei nicht mit Haushaltsmitteln unterlegt. „Man fragt sich, wie viel Hamburg denn am Ende zahlen muss? Und kann? Und vor allem für was? Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, wie der Stand der Diskussion mit dem Bundesverkehrsministerium ist und wie viel der Bund überhaupt bereit ist zu zahlen.“

Wie berichtet, hatte zuletzt die stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Bettina Hagedorn, als erste SPD-Politikerin die Finanzierung der A 26-Ost infrage gestellt. Sie soll nur wenige Kilometer südlich der Köhlbrandquerung gebaut werden. „Wer glaubt, zwei so große Projekte so nah beieinander realisieren zu können, hat den Schuss nicht gehört“, sagte Hagedorn vor knapp einer Woche. Über Hamburgs großen Infrastrukturprojekten hängen derzeit dunkle Wolken.