Hamburg. Mitte April werden die letzten deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet. Aurubis-Finanzchef Rainer Verhoeven macht das große Sorgen.
Katharina Fegebank hält rückblickend den Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima für falsch. Die Klimadebatte habe damals bei der Entscheidung gegen Atomkraftwerke keine Rolle gespielt, es sei nach Fukushima nur um Sicherheitsgründe gegangen, sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin beim zweiten Nachhaltigkeitsforum von Hamburger Abendblatt und HypoVereinsbank.
„Die Diskussionen müssen auch immer aus der Zeit heraus betrachtet werden. Und wenn vor zwölf Jahren eine breite gesellschaftliche Mehrheit gesagt hat, wir wollen aussteigen, dann ist das aus heutiger Sicht, muss ich auch sagen, vielleicht die falsche Entscheidung gewesen“, sagte die grüne Spitzenpolitikerin. Aus Klimaschutzgründen wäre Atomkraft die bessere Übergangstechnologie als Gas gewesen.
Wie berichtet, werden die letzten deutschen Atomkraftwerke Mitte April abgeschaltet. Ein Umstand, der Rainer Verhoeven, dem Finanzchef der Hamburger Kupferhütte Aurubis, große Sorgen macht: „Wir werden nicht in der gebotenen Geschwindigkeit erneuerbare Energien ausbauen, und damit fehlt uns die Grundlast. Das nehmen wir heute noch nicht wahr, aber wir haben auch im deutschen Stromnetz Situationen gehabt, die kurz vor dem Blackout waren.“
Aurubis-Manager Verhoeven: „Blackout wird passieren“
Es sei nicht die Frage, ob wir einen Blackout in Deutschland erleben, sondern nur wann. „Es wird passieren“, sagt der Topmanager. Es drohten Situationen, die über mehrere Tage, „wenn nicht Wochen gehen können“, bis das Stromnetz wieder funktioniere: „Wir müssen uns ideologiefrei einmal ehrlich machen, was für Konsequenzen eintreten können.“
Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen dessen, was im vergangenen Jahr in Deutschland passiert sei, kämen in der Gesellschaft nicht richtig an. Viele Industrien hätten ihre Aktivitäten deutlich reduziert oder eingestellt, „das ist dramatisch“.
Fegebank sorgt sich um Erscheinungsbild der Ampel
Deutschland habe es zwar geschafft, vom russischen Gas wegzukommen, „aber mit welchen Kollateralschäden: Wir haben das Land in Teilen der Gesellschaft deindustrialisiert. Wir sägen kräftig an dem Ast, auf dem wir sitzen.“ So sei zum Beispiel die Düngemittel-Industrie in Westeuropa in großen Teilen abgestellt worden. „Ob die jemals wieder ans Laufen kommt, ist eine große Frage“, so Verhoeven.
Und jetzt sorgen auch noch neue Streitereien der Ampel-Regierung sowie durchgesteckte Pläne über ein Verbot für den Einbau von Gas- und Ölheizungen ab dem kommenden Jahr bei den Bürgerinnen und Bürgern für Verunsicherung. „Wir haben es hier mit einer toxischen Mischung aus steiler Kommunikation und gleichzeitig auch einer drohenden Vertrauenskrise zu tun“, sagt Katharina Fegebank. Ihre Sorge sei, dass man sich in Berlin „in kommunikativen Scharmützeln so verhakt, dass Menschen sich fragen, was die da machen.“
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Dirk Hünerbein, der als Director of Development Germany von Unibail-Rodamco-Westfield in der HafenCity das Überseequartier entwickelt, ergänzt: „In Österreich haben wir unsere Immobilien mit Solarzellen belegt, wir sind dort der größte Solarenergie-Lieferant. In Deutschland haben wir bis heute noch keine Solarzelle aufs Dach gelegt, weil wir steuerliche Themen haben. Wir dürfen als Immobilieneigentümer keinen Strom produzieren. Ich weiß nicht, seit wie vielen Jahren ich fordere, dass das abgeschafft wird.“