Hamburg. Haspa-Chef Harald Vogelsang prognostiziert, dass die Preise für Hamburger Immobilien ab Sommer steigen könnten.
Die Haspa hat die vorläufigen Geschäftszahlen für 2022 bekanntgegeben – und weist darin einen mehr als verdoppelten Gewinn aus. Im Abendblatt-Gespräch erläutert Haspa-Chef Harald Vogelsang, was er für 2023 erwartet.
Hamburger Abendblatt: Von der Haspa hört man seit einem Jahr stets, man freue sich, den Kunden wieder Zinsen zahlen zu können. Aber auf das Tagesgeldkonto der Haspa gibt es noch immer Null Prozent. Wann ändert sich das?
Harald Vogelsang: Wir werden das von der Marktentwicklung abhängig machen. Aus meiner Sicht ist ein Tagesgeldkonto in Zeiten von dauerhaft erhöhten Inflationsraten auch eigentlich kein zeitgemäßes Produkt. Beim Festgeld waren wir eine der ersten Banken in Deutschland, die den Kunden wieder attraktive Zinsen geboten haben.
Aktuell sind es bis zu 2,4 Prozent. Damit hat sich der Festgeldbestand im Jahr 2022 um 500 Millionen Euro erhöht. Und zum 1. März haben wir die Zinsen für das „Mäusekonto“ für unsere jüngsten Kunden von 2,0 Prozent auf 3,0 Prozent heraufgesetzt. Wir möchten gern, dass Kinder lernen: Sparen lohnt sich.
Während es auf Tagesgeld weiter keinen Zins gibt und auf das Sparkonto so gut wie keinen hat der Dispozins bei der Haspa binnen zwölf Monaten von 8,01 auf 11,05 Prozent zugelegt. Wie passt das zusammen?
Unser Dispozins ist an den Drei-Monats-Euribor gekoppelt, das ist ein Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen. Die Anpassung unterliegt damit einer Automatik in beide Richtungen.
Was die Einlagenzinsen angeht, sollte man bitte auch nicht vergessen, dass wir den allergrößten Teil der Kunden in den vergangenen Jahren von den Negativzinsen der Europäischen Zentralbank frei gehalten haben. Das hat uns viel Geld gekostet.
Bremst die Rückkehr der Zinsen auf Festgeld jetzt das Aktiensparen aus, für das Sie seit Jahren werben?
Bisher zum Glück nicht – und ich glaube auch nicht, dass es so kommt. Die Sparleistung auf unsere Wertpapiersparpläne hat sich 2022 um fast ein Viertel erhöht. Bundesweit ist bei der Anzahl der Aktienbesitzer gerade ein neues Allzeithoch erreicht worden: 12,9 Millionen sind in Aktien oder Aktienfonds investiert.
Den stärksten Anstieg gab es bei den jüngeren Menschen bis 30. Das ist ein gutes Zeichen, denn Aktien bieten weiterhin eine gute Möglichkeit, langfristig eine Rendite oberhalb der Inflation zu erzielen und ein Vermögen aufzubauen.
Seit Anfang 2022 haben die Hypothekenzinsen von unter 1,0 Prozent auf nun rund 4,0 Prozent zugelegt. Ist damit das Baufinanzierungsgeschäft bei der Haspa eingebrochen?
Wir haben im Jahr 2022 etwa ein Drittel weniger neue Baufinanzierungen vergeben als im Vorjahr. Wenn man berücksichtigt, dass 2021 ein absolutes Rekordjahr war, ist das ein noch moderater Rückgang.
Einschließlich der Unternehmensdarlehen erhöhte sich das Kreditvolumen aber von 37,2 Milliarden auf einen neuen Höchststand von gut 38 Milliarden Euro.
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Zurück zum Baufinanzierungsgeschäft: Erwarten Sie für 2023 einen deutlichen Rückgang der Immobilienpreise in Hamburg?
Wenn die Preise um fünf oder zehn Prozent nachgeben, ist das aus meiner Sicht eher eine gesunde Normalisierung nach der langen Phase der kräftigen Steigerungen. Wir beobachten jetzt, dass die Verhandlungsmöglichkeiten von Verkäufern und Kaufwilligen wieder in ein ausgewogenes Verhältnis kommen – und früher hat es durchaus auch mal ein halbes Jahr oder länger gedauert, bis eine Immobilie einen Käufer gefunden hat.
Der Wunsch der Menschen nach dem Eigenheim ist aber ungebrochen. Außerdem entsteht durch den Aufschub vieler Neubauvorhaben eine große Angebotslücke. Darum halte ich die Wahrscheinlichkeit, dass wir in Hamburg schon nach dem Sommer eine Trendwende am Immobilienmarkt mit wieder leicht steigenden Preisen sehen werden, für größer als 50 Prozent.
Schließlich sind Immobilien als Sachwert insbesondere in Zeiten von Inflation und bei steigenden Mieten eine langfristig attraktive Altersvorsorge und Anlage.
Wie hoch wird die Inflationsrate in diesem Jahr noch sein?
Unsere Volkswirte rechnen mit etwa sechs Prozent im Jahresmittel, wobei es gegen Jahresende nur noch drei bis vier Prozent sein dürften. Vor dem Hintergrund der Inflation und unsicherer Märkte hat übrigens unser Gold-Umsatz mit 112 Millionen Euro ein neues Rekordniveau erreicht.
Damit haben wir unsere Position als größter Goldhändler in Hamburg gefestigt. In unserer neuen Zentrale im Deutschlandhaus am Gänsemarkt, in die wir ab Jahresende einziehen, werden wir unseren Goldhandel noch viel prominenter und in schönem Ambiente platzieren.
Wie viele der aktuell noch 105 Filialen wird die Haspa in diesem Jahr abbauen?
Die Zahl wird sich praktisch nicht verändern. Damit haben wir nach wie vor das mit weitem Abstand größte Filialnetz in Hamburg. Wir haben uns zwar in den vergangenen Jahren von Filialen getrennt, aber in deutlich geringerem Maße als unsere Wettbewerber.
Das hat seinen Grund: Wir haben 15.000 Kundinnen und Kunden pro Zweigstelle, viel mehr als andere Banken, und wir haben keine defizitären Filialen. Auf der anderen Seite hat die Zahl der Kunden, die regelmäßig das Online-Banking nutzen, im vorigen Jahr um 100.000 auf 700.000 zugenommen.
Um insbesondere ältere Menschen dabei zu unterstützen, haben wir Anfang 2023 eine eigene Seminarreihe ins Leben gerufen, die ein Mal im Monat in allen Nachbarschaftsfilialen stattfindet. Die Digitalisierung hilft uns auch, sparsamer mit Ressourcen umzugehen. Durch das elektronische Postfach ersparen wir uns gemeinsam mit unseren Kunden jährlich einen Papierstapel, der so hoch wäre wie 117 Elbphilharmonien.
Für viele Nutzer der „Joker“-Vorteilskonten hat sich der Preis erhöht. Haben Sie dadurch Kunden verloren? Gab es empörte Reaktionen?
Insgesamt haben wir im Jahr 2022 netto rund 25.000 Privat-Girokonten hinzugewonnen, darunter 15.000 Konten für Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine. Der HaspaJoker hat mit 709.000 Konten – 7000 Konten mehr als im Vorjahr – sogar einen neuen Höchststand erreicht.
Es hat sicher hier und da Gespräche in den Filialen über die neue Preisstruktur gegeben, aber wir haben keine nennenswerte Zahl von Beschwerden festgestellt.
Im November sagten Sie, 2023 könne die Haspa 100 Millionen Euro Gewinn erreichen. Wie liegen Sie da im Rennen?
2022 konnten wir den Jahresüberschuss von 20 Millionen Euro auf 45 Millionen Euro verbessern und ich glaube, dass wir die Marke von 100 Millionen Euro in diesem Jahr erreichen können, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht erheblich verschlechtern.
Um aber jedes Jahr unser Eigenkapital so weit aufstocken zu können, dass wir mit dem wachsenden Investitionsbedarf der Metropolregion auch mit unserer Kreditvergabe gut Schritt halten können, brauchen wir perspektivisch Gewinne in der Größenordnung von 120 Millionen bis 160 Millionen Euro.
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Zu der deutlichen Gewinnsteigerung 2022 haben auch Kostensenkungen beigetragen. Wie wird sich die Beschäftigtenzahl in diesem Jahr entwickeln?
Wir haben uns in den vergangenen Jahren verschlankt und ernten jetzt die Erfolge. Von dem schon 2018 angekündigten Reduzierung von 900 Stellen sind etwas über 600 umgesetzt – ohne Kündigungen.
Auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels verlangsamen wir diesen Pfad jetzt sehr deutlich und stellen neu ein, insbesondere in der Beratung und im Service in den Filialen sowie im Private Banking aber auch Spezialisten in den internen Bereichen.
Zudem erhöhen wir die Zahl der Auszubildenden von 60 auf 90. Alles in allem planen wir, unseren Personalbestand in den kommenden zwei bis drei Jahren bei rund 4400 bis etwa 4500 Beschäftigten stabil zu halten.
Müssen wir befürchten, dass der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank aus Kalifornien auch das europäische Bankensystem in Schwierigkeiten bringt?
Ich glaube nicht, dass es ernsthafte Auswirkungen auf Europas Finanzsystem haben wird. Die Silicon Valley Bank hat ein sehr spezielles Geschäftsmodell und ist bei ihren Start-up-Finanzierungen und der Anlagestrategie hohe Risiken eingegangen.
Außerdem hat die US-Bankenaufsicht lange damit gewartet, den Abzug von Kapital durch Investoren zu stoppen. Europäische Banken haben heute viel dickere Finanzpolster als zu der Zeit der Finanzkrise 2008 und gerade in Deutschland haben wir ein mehrstufiges, sehr leistungsfähiges Einlagensicherungssystem.
Allerdings machen sich die Bankkunden in Deutschland jetzt mehr Gedanken darüber, wo ihr Geld sicher ist. Und das ist auch richtig so. Ein ungewöhnlich hoher Zins, wie ihn manche ausländische Banken über Zinsportale hier anbieten, hat meistens seinen Grund.