Hamburg. Bislang beherbergt Gregor Gerlach Gäste an Land – künftig auch in fünf Schiffen für Fluss-Kreuzfahrten. An Bord geht es exquisit zu.

Wie expandiert der Chef und Miteigentümer einer florierenden familiengeführten Hotel-Gruppe, wenn er aufgrund der Marktlage nicht genügend interessante neue Immobilien findet, um zu wachsen? Er sucht sich eine weitere Sparte, die zu seinen Kernkompetenzen passt.

So hat es zumindest Gregor Gerlach gemacht. Der Geschäftsführende Gesellschafter der Hamburger Seaside-Gruppe, zu der neben dem SIDE in Hamburgs Innenstadt auch Hotels und Resorts auf den Kanaren, den Malediven, in St. Peter-Ording, Chemnitz, Leipzig sowie Dresden gehören, investiert gerade eine Menge Geld in den Ausbau seiner neuen Marke Riverside. Wie viel genau, sagt er im Gespräch mit dem Abendblatt allerdings nicht. „Das bleibt Geschäftsgeheimnis.“

Klar ist aber, dass es hier nicht um Kleingeld geht. Mit der Übernahme von fünf Schiffen aus der Insolvenzmasse von Crystal Cruises – die Reederei ging coronabedingt 2022 pleite – steigt Gerlach groß in den lukrativen Markt der Kreuzfahrten ein. Allerdings nicht auf hoher See wie Aida, TUICruises oder Hapag-Lloyd, sondern auf beliebten Flüssen in Europa. „Die Idee dazu verfolgen wir seit etwa fünf Jahren“, sagt Gerlach.

Hamburger Hotel-Gruppe startet Luxus-Kreuzfahrten

Dann kam jedoch die Pandemie dazwischen, sodass der Start erst jetzt, im Frühjahr 2023, erfolgt. Komplett in Betrieb sein wird die Flotte erst 2024. Immerhin blieb es Gerlach durch das Coronavirus erspart, seine Schiffe bei den – gut ausgelasteten – Werften neu bestellen zu müssen. Denn die für einen nach seinen Angaben „sehr attraktiven“ Preis übernommenen Crystal-Schiffe entsprechen genau dem, was der Riverside-Chef von Anfang an im Sinn hatte: „Wir wollen die luxuriösesten Schiffe der Welt auf Flusskreuzfahrt schicken“, sagt Gerlach, der die Seaside-Gruppe zusammen mit seiner Schwester Anouchka führt. Sie hat vor allem die spanischen Resorts im Blick, mit denen Vater Theo Gerlach in den 1970er-Jahren den Grundstein für die Hotelsparte der – auch im Bauwesen tätigen – Firmengruppe legte.

Zunächst hatte sich Gerlach nur das Crystal-Flaggschiff „Mozart“ gesichert, das früher für die Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, die Reederei Deilmann, TUI und Dertour gefahren ist. Mit Baujahr 1987 ist die „Mozart“ auf dem Papier zwar schon in die Jahre gekommen, tatsächlich wurde das 120,44 Meter lange und mit 22,85 Metern außergewöhnlich breite Schiff aber 2016 im Crystal-Auftrag für einen mittleren zwei­stelligen Millionen-Euro-Betrag von Grund auf renoviert und zum edlen Luxuskreuzer umgebaut. Der Flusskatamaran hat seitdem statt 100 Kabinen nur noch 81 Suiten, die 18,9 bis 82 Quadratmeter Grundfläche bieten. Zum Vergleich: Oft haben Flussschiffe nur Kabinen mit 14 bis 16 Quadratmetern und keineswegs immer einen französischen oder sogar echten Balkon.

„Riverside Mozart“: 85 Crewmitglieder kümmern sich um das Wohl der Passagiere

Doch Größe allein macht noch keinen Luxus. Deshalb sollen sich an Bord der „Riverside Mozart“ bis zu 85 Crewmitglieder um das Wohl der Passagiere kümmern. Viele kommen aus dem ehemaligen Staff von Crystal und kennen das Schiff, so auch die für die Gästeansprache besonders wichtige Kreuzfahrtdirektorin aus Österreich und der Küchenchef. „Wir sind froh, dass wir gleich zum Start ein eingespieltes Team haben“, sagt Gerlach.

Zum „Ultra-Luxus-Konzept“ bei Riverside gehört ein Butlerservice für jeden Gast ebenso dazu wie eine Kulinarik, die auf Flüssen ihresgleichen sucht. „Wir ­haben hier, verglichen mit anderen ­Anbietern, ein doppelt so hohes Budget einkalkuliert. Deshalb wird es unseren Gästen an nichts fehlen. Auch die Auswahl an Weinen und weiteren Getränken orientiert sich an Restaurants der Spitzenklasse.“

Flaggschiff des neuen Anbieters wird ausschließlich die Donau befahren

Bei Ausflügen und Erlebnissen will Gerlach ebenfalls bestmögliche Optionen bieten, die individuell flexibel oder im Paket buchbar sind. „Wir gehen nicht nur an Orte wie die Hofreitschule, wo andere mit größeren Gruppen auch sind, sondern wollen zusätzlich private und exklusive Erlebnisse schaffen.“ Welche Nebenkosten dem Gast auf der Cruise durch Ausflüge oder besonderes Leistungen entstehen, hat dieser vorab selber in der Hand. „Wir bieten All-inclusive an, aber nicht ausschließlich, sondern überlassen es dem Gast zu entscheiden, wie viel er auf seiner Reise inkludiert haben will.“ Entsprechend gestaltet sich der Reisepreis.

Das Flaggschiff des neuen Anbieters wird ausschließlich die Donau befahren. Anfang April sollen die ersten Gäste an Bord der „Riverside Mozart“ begrüßt werden. Zurzeit lockt Gerlach noch mit stark vergünstigten Sonderpreisen, zum Beispiel ab 856 Euro für eine dreitägige Flussreise von Wien nach Budapest. Neun Tage ab/bis Wien kosten ab 2067 Euro.

Während die „Mozart“ von Riverside momentan nur gechartert ist – das Schiff gehört der Hamburger Reederei Laeisz – und eine Kaufoption besteht, hat Gerlach die vier weiteren Flusskreuzer aus dem Crystal-Erbe für Riverside gekauft. Ohne Investoren, wie er auf Nachfrage betont. Auch diese Schiffe tragen Namen berühmter Komponisten – Bach, Mahler, Debussy und Ravel. Die Tradition wird beibehalten, allerdings setzt der neue Eigentümer jeweils den Firmennamen Riverside davor.

„Riverside ­Ravel“ geht auf der Rhone und der Saône an den Start

Als erstes der 2018 gebauten Schiffe geht die „Riverside ­Ravel“ in Südfrankreich auf der Rhone und der Saône an den Start, Reisen sind ab 21. Mai im Angebot, etwa drei Tage ab Chalon Sur Saône nördlich von Lyon (ab 1545 Euro). Die „Ravel“ wurde Ende Februar im Huckepack-Verfahren mit einem Transportschiff von Rotterdam nach Südfrankreich verfrachtet. Der Spezial-Transport allein erforderte eine Investition in Höhe von einer knappen Million Euro. Gregor Gerlach plant, mit seinen Hotels und Flussreisen bald zu den fünf größten Tourismusanbietern in Deutschland zu gehören: „Wir kalkulieren allein für die fünf Kreuzfahrtschiffe ab 2026 mit einem jährlichen Umsatz um die 100 Millionen Euro im Jahr.“

Neben Donau und Rhone wird auch der Rhein mit seinem Delta eine wichtige Rolle bei Riverside spielen. Der Strom mit seinen Nebenflüssen gilt als beliebtes Ziel für Flusskreuzfahrer. Diese werden nach Gerlachs Prognose „etwa zur Hälfte“ aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erwartet. Die andere Hälfte dürfte ein internationales Publikum sein, US-Amerikaner sind hier in der Regel eine besonders wichtige Zielgruppe. Gerlach betont: „Im Gegensatz zu Crystal wird bei uns Deutsch gleichberechtigte Bordsprache sein, aber natürlich kann sich jeder auch auf Englisch unterhalten.“

Und was halten die Wettbewerber von Gerlachs Plänen? Öffentlich äußern mag sich niemand, in Hintergrundgesprächen auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin war aber herauszuhören, dass die Hamburger aufmerksam beobachtet werden. „Diese Schiffe zu den angestrebten Raten zu füllen, wird nicht einfach“, so ein Insider zum Abendblatt.

Mehr über Kreuzfahrten im Kreuzfahrt Guide vom Abendblatt: www.kreuzfahrtguide.com