Hamburg. Tarifverhandlungen mit Ver.di in Hamburg und bundesweit könnten zu Flugausfällen führen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

An diesem Freitag ist in Hamburg der letzte Schultag. Nachdem die Corona-Pandemie am Abflauen ist, freuen sich viele auf ihren Urlaub. Wer mit dem Flieger die Reise antreten möchte, könnte aber auf Probleme stoßen. Es laufen Arbeitskämpfe, die auch am Montag wieder zu massiven Ausfällen an deutschen Flughäfen führten. Und in Hamburg gibt es für weitere Beschäftigtengruppen Tarifverhandlungen. Unsere Redaktion gibt einen Überblick über die derzeitige Lage.

Flughafen Hamburg: Was geschah am Montag?

Die Gewerkschaft Ver.di hatte an den Flughäfen in Nordrhein-Westfalen die Beschäftigten zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen. In Köln/Bonn fanden daher am Montag nur vereinzelt Flüge statt, einige wurden umgeleitet, der Großteil fiel aus. In Düsseldorf sollten statt 330 geplanter Starts und Landungen nur 89 erfolgen.

Der Warnstreik strahlte auch auf den Helmut-Schmidt-Flughafen aus. Eurowings strich jeweils drei Ankünfte und Abflüge nach Düsseldorf sowie je zwei nach Köln/Bonn. Zudem cancelte Air France-KLM 13 Flüge von und nach Paris und Amsterdam. „Die Flugstreichungen wurden in Erwartung des angekündigten Streiks am Hamburger Airport gemacht“, sagte eine Airline-Sprecherin. Man habe eine entsprechende Info erhalten, hieß es. Es seien für Montag keine Warnstreiks in Hamburg geplant gewesen, sagte hingegen Ver.di-Gewerkschaftssekretär Lars Stubbe. Insgesamt dürfte in Fuhlsbüttel eine niedrige vierstellige Passagierzahl von Streichungen betroffen gewesen sein.

Warum wird gestreikt?

Ver.di hatte die Beschäftigten wegen der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sowie des Luftsicherheitsgewerbes, die bundesweit geführt werden, zum Warnstreik aufgerufen. Am 17. Februar kam es deshalb bereits an sieben deutschen Airports zu Arbeitsniederlegungen. Damals waren in Fuhlsbüttel rund 32.000 Passagiere und 253 Flüge betroffen. Am Montag war Nordrhein-Westfalen der Aktionsschwerpunkt. Es kam auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens wie im Verkehr mit Bussen und Stadtbahnen, bei Kindertagesstätten und Ämtern zu erheblichen Einschränkungen.

Wie ist der Verhandlungsstand im öffentlichen Dienst?

Im öffentlichen Dienst sind rund 134.000 Beschäftigte des Bundes und mehr als 2,4 Millionen Beschäftigte der kommunalen Arbeitgeber tätig. Am Hamburger Flug­hafen fallen laut Firmenangaben rund 800 Mitarbeiter darunter. Sie arbeiten zum Beispiel im Controlling, Flugbetrieb, Passagierservice und der Personalabteilung. Ver.di fordert für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von einem Jahr.

In der zweiten Verhandlungsrunde vergangene Woche machten die Arbeitgeber ein erstes Angebot. Es umfasst im Kern eine lineare Entgelterhöhung um fünf Prozent in zwei Schritten, zwei steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen von insgesamt 2500 Euro sowie eine Anhebung der Jahressonderzahlung bei einer Laufzeit von 27 Monaten. „Unser Angebot steht. Der Ball liegt nun im Feld der Gewerkschaften“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als Verhandlungsführerin für den Bund. Die Replik von Frank Werneke kam postwendend. Das Angebot sorge für Enttäuschung und Ablehnung, sagte der Ver.di-Vorsitzende: „Das empfinden die Menschen als respektlos.“ Daher würden die Warnstreiks ausgeweitet. Die dritte Gesprächsrunde ist vom 27. bis 29. März in Potsdam angesetzt.

Worum wird noch gestritten?

In Kombination mit der Auseinandersetzung im öffentlichen Dienst dringt Ver.di auf verbesserte Arbeitsbedingungen bei privatwirtschaftlichen Firmen an Flughäfen. So wurde der allgemeinverbindliche Tarifvertrag für Luftsicherheitskräfte gekündigt, weil die Zuschläge zu niedrig seien. Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) kritisierte dieses Vorgehen. „Ver.di macht gemeinsame Sache mit mehreren anderen Gewerken und so verschwimmen für Außenstehende die Ziele und Grenzen des Streiks“, sagte Rainer Friebertshäuser, Leiter der Tarifkommission des BDLS. Er verwies darauf, dass 2022 die Löhne in der Spitze um bis zu 28,2 Prozent gestiegen seien. In Hamburg erfolgt die Sicherheitskontrolle durch den Dienstleister FraSec, der hier mehrere Hundert Beschäftigte hat.

Zudem wird bei den Bodenverkehrsdiensten ein Branchentarifvertrag angestrebt, der im Anschluss bundesweit angewendet werden soll. In Hamburg wurde nach schnellen Verhandlungen jüngst ein Haustarifvertrag abgeschlossen. Mit „sehr gutem Ergebnis“, so Stubbe. Tabellenwirksam gebe es 451 Euro mehr pro Monat. Das entspreche bis zu 20 Prozent mehr Lohn. Auch Zulagen für Wochen­end- oder Nachtarbeit würden angehoben. Eine Reinigungskraft erhielte nun mindestens 15 Euro pro Stunde. Die Tarifkommission habe die Lösung angenommen. Der Tarifvertrag gilt rückwirkend ab Januar bis einschließlich Dezember 2023.

Gibt es in Hamburg noch weitere Tarifverhandlungen?

Ja, in Hamburg laufen zwei weitere Gesprächsrunden. Die rund 80 Beschäftigten der Flughafen-Tochter Secuserve kontrollieren zum Beispiel Bordkarten oder bringen Kofferwagen zurück. Aktuell begänne deren Stundenlohn bei 12,53 Euro, sagte Stubbe: „Angesichts der Inflationsentwicklung kann man davon nicht eigenständig leben.“ Deshalb soll die Tabelle um 650 Euro angehoben werden – rund 30 Prozent mehr. Auch höhere Zuschläge und Funktionszulagen sowie eine betriebliche Altersversorgung stehen auf der Agenda. Die Arbeitgeber hätten rückwirkend ab Januar vier Prozent mehr und ab August nochmals 3,5 Prozent mehr Lohn angeboten, so Stubbe: „Das Angebot ist eine Frechheit, weil es nicht ausreichend ist.“ Vor allem untere Lohngruppen spürten die Inflation massiv. Am 5. April werde weiterverhandelt. Man äußere sich nicht zu laufenden Verhandlungen, sagte eine Sprecherin von Hamburg Airport.

Beim Dienstleister AHS wird in Hamburg für rund 300 Mitarbeiter verhandelt, die zum Beispiel Tickets ausstellen oder aufzugebendes Gepäck annehmen. Momentan starteten die Löhne bei 12,02 Euro pro Stunde. Gefordert werden laut Stubbe 700 Euro pro Monat mehr und höhere Zuschläge. In der Summe liefe es auf rund 30 Prozent mehr Lohn hinaus. AHS verweist auf die schwierige wirtschaftliche Lage. „Das Unternehmen schreibt operativ noch immer rote Zahlen, die Schuldenlast drückt“, so ein Sprecher. Dennoch seien 2022 bereits die Löhne um 12,4 Prozent erhöht worden. Man werde bei dem nächsten Gesprächstermin an diesem Donnerstag aber ein Angebot vorlegen.

Gibt es Warnstreiks in den Märzferien?

„Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nichts ausschließen“, sagte Stubbe und sprach damit in erster Linie für die in der Hansestadt laufenden Gespräche. Aber auch im Bund sei der Tenor wohl nicht anders. Stubbe ergänzte: „Uns ist bewusst, dass Streiks zu massiven Einschränkungen für die Menschen führen, die in ihren wohlverdienten Urlaub fliegen möchten. Aber anders sind die Arbeitgeber nicht zu bewegen. Keiner streikt, weil er streiken möchte, sondern weil wir keine besseren Angebote am Verhandlungstisch kriegen.“ Hamburgs Flughafen-Chef Michael Eggenschwiler hatte vergangene Woche gesagt, dass er auf Lösungen bis Ostern hoffe.

Wie sieht es an den Urlaubszielen aus?

Auch im Ausland gibt es Arbeitskämpfe. Vor allem Spanien-Reisende könnten von Warnstreiks betroffen sein. Beschäftigte des Flughafendienstleisters Swissport sollen bis Mitte April an 17 Flughäfen montags, dienstags und donnerstags die Arbeit für 24 Stunden niederlegen, um für höhere Löhne zu streiten. In Großbritannien könnte es am 15. März an Flughäfen Streiks der Grenzkontrolleure geben.

Flughafen Hamburg: Wie viele Passagiere werden in den Märzferien erwartet?

Der verkehrsreichste Tag mit 260 Flügen wird der Freitag sein. Mit rund 32.000 Passagieren werde gerechnet, so die Sprecherin. Ebenso viele seien es am Sonntag, dann sollen allerdings nur 240 Maschinen starten und landen. Sonnabend (200 Flüge) und Montag (250 Flüge) werden jeweils rund 28.000 Fluggäste erwartet.