Hamburg. Warum jetzt immer weniger Immobilienkäufer einen Kredit bekommen. Banken bricht wichtiges Geschäftsfeld weg.

Die Finanzierung der eigenen vier Wände hat sich bei einem Neuabschluss innerhalb eines Jahres um 50 Prozent verteuert. Entspannung ist für Immobilienkäufer nicht in Sicht, denn die bisher geringen Preisrückgänge gleichen den Zinsanstieg seit Anfang 2021 nicht aus.

Im März wird die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins abermals erhöhen. Hat das auch Folgen für die Konditionen der Baufinanzierung? Was beeinflusst diese Zinsen, und wie sind die Perspektiven für das laufende Jahr? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Immobilien Hamburg: Wie ist die Lage bei den Banken?

Immer weniger Verbraucher können sich aufgrund der gestiegenen Zinsen eine Baufinanzierung leisten. Für eine zehnjährige Zinsbindung liegt der Durchschnittszins laut der FMH-Finanzberatung bei aktuell 3,70 Prozent. Vor einem Jahr waren es noch 1,70 Prozent und vor zwei Jahren 0,90 Prozent. „Die Nachfrage nach Immobilien und damit nach Baufinanzierungen ist schlagartig eingebrochen“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baugeldvermittlers Dr. Klein. „In der aktuellen Zinssituation bleiben die Bau- und Kaufpreise für viele zu hoch.“

Nach den Zahlen der Bundesbank brach die Nachfrage nach Baukrediten im dritten Quartal 2022 so stark ein wie nie zuvor seit 2003. Der Trend setzte sich im vierten Quartal fort, und auch mit Jahresbeginn zeichnet sich keine Besserung ab. Genaue Zahlen wollen die Banken auf Anfrage nicht nennen. Die Hamburger Sparkasse (Haspa) hofft auf eine Erholung des Marktes im Jahresverlauf.

Die Sparda-Bank Hamburg räumt ein niedrigeres Neugeschäft zum Vorjahr ein. Man könne aber das erste Quartal noch nicht bewerten, sagt ein Sprecher der Genossenschaftsbank. Offener ist man bei Dr. Klein. „Wir spüren einen deutlichen Rückgang bei der Vermittlung von Baufinanzierungen“, sagt Frank Lösche, Spezialist für Baufinanzierung von Dr. Klein in Hamburg. Verglichen mit Anfang 2022 habe sich die Zahl der vermittelten Kredite fast halbiert. Über viele Jahre waren Baufinanzierungen eines der wichtigsten Geschäftsfelder der Banken.

Liegt das nur an den höheren Zinsen?

Das gesamte Umfeld für Baufinanzierungen hat sich verschlechtert. „Die Banken haben ihre Finanzierungsbedingungen verschärft und sind jetzt vorsichtiger, vor allem, wenn es um Immobilien mit schlechten Energieeffizienzwerten geht“, sagt Lösche. Die Geldhäuser sind strenger geworden, an wen sie Kredite vergeben, wie hoch sie Immobilien beleihen und welche Sicherheiten und Risikoaufschläge sie verlangen.

Was bestimmt den Bauzins?

Bei der Berechnung von Baugeldkonditionen spielen die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen und die Zinsen von deutschen Pfandbriefen eine wichtige Rolle. Die Zinsen von Bundesanleihen und Pfandbriefen sind durch die hohe Inflation seit Sommer 2021 deutlich gestiegen. Damals lag die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen bei minus 0,50 Prozent, heute bei rund 2,50 Prozent. Deutsche Staatsanleihen gelten wie Pfandbriefe als besonders sicheres Wertpapier.

Der Leitzins der EZB, der aktuell bei drei Prozent liegt, hat nur einen indirekten Einfluss auf die Baugeldkonditionen. Bei steigenden Leitzinsen werden die kurzfristigen Anlagen für Anleger interessanter, sodass sie vom Kapitalmarkt zum Geldmarkt wechseln. Das hat zur Folge, dass die Nachfrage nach Staatsanleihen sinkt, die Zinsen steigen und die Renditen für Staatsanleihen ebenfalls. Damit steigen die Zinsen für Pfandbriefe, ebenso wie die Zinsen für Baufinanzierungen. Für kurzfristig angelegtes Geld (Geldmarkt) gibt es aktuell fast so hohe Zinsen wie für eine zehnjährige Anlage in einer Bundesanleihe oder einem Pfandbrief (Kapitalmarkt). Mit der für März angekündigten weiteren Zinserhöhung der EZB kann die kurzfristige Anlage noch attraktiver werden. Indirekt wird das aber auch zu einer weiteren Erhöhung bei den Baugeldzinsen führen. Üblicherweise sind die Zinsen für längere Laufzeiten deutlich höher als für kurzfristige Anlagezeiträume. Jetzt ist das aber nicht der Fall.

Was erwarten die Experten für die nächsten Monate?

90 Prozent der vom Baugeldvermittler Interhyp befragten Experten gehen von noch weitersteigenden oder stagnierenden Baugeldzinsen auf Sicht eines Jahres aus. Nur zehn Prozent erwarten, dass die Konditionen wieder sinken. „Eine signifikante Abwärtsentwicklung der Zinsen ist zunächst nicht zu erwarten“, sagt Lucie Lotzkat, geschäftsführende Gesellschafterin bei von Poll Finance. Die niedrigen Zinsen gehörten ganz sicher der Vergangenheit an. Die „Vier“ vor dem Komma werde das neue Normal. Johannes Erdmann, Finanzierungsexperte bei Homeday Hyp, erwartet einen schwankungsanfälligen Markt bis Jahresende, in dem die Bauzinsen in einem Korridor zwischen 3,25 und 4,0 Prozent schwanken könnten, wobei auch Ausschläge bis 4,5 Prozent denkbar sind.

Wer kann sich jetzt noch eine Baufinanzierung leisten?

„In der aktuellen Zinssituation bleiben die Bau- und Kaufpreise für viele zu hoch“, sagt Neumann von Dr. Klein. Sein Hamburger Kollege Lösche bringt es auf den Punkt: „Wer jetzt noch eine Immobilie finanzieren kann, gehört meist zur Generation der Erben.“ Das gilt zumindest für einen Kauf in Hamburg, wo die Quadratmeterpreise für ein Einfamilienhaus bei rund 5850 Euro liegen. Etwa 484.000 Euro haben die Hamburger im vergangenen Jahr für eine Erstfinanzierung beim Einzug in die eigenen vier Wände als Kredit aufgenommen. Wer diese Summe mit rund vier Prozent Zinsen und zwei Prozent anfänglicher Tilgung bei einer Zinsbindung von 15 Jahren finanzieren will, muss dafür rund 2400 Euro im Monat bezahlen. Das sind 50 Prozent mehr als vor einem Jahr. Da das Wohnen im eigenen Haus aber auch noch mit Nebenkosten für Heizung, Strom, Grundsteuer und Versicherungen verbunden ist, summiert sich die Belastung auf 2800 Euro im Monat nur für das Wohnen. Verbraucherschützer sagen, dieser Anteil darf nicht mehr als 40 Prozent des gesamten Nettoeinkommens ausmachen.

Welche Alternativen gibt es?

Die Immobilien im Hamburger Umland sind deutlich preiswerter als in der Metropole selbst. Ein Einfamilienhaus im Kreis Stade ist rund 50 Prozent günstiger als in Hamburg, wenn man die aktuellen Preise für Bestandsimmobilien vergleicht. Im Kreis Herzogtum-Lauenburg liegt der Preisvorteil noch bei 40 Prozent und im Kreis Segeberg bei immerhin 37 Prozent. Auch weniger Fläche zu beanspruchen spart. So sind im Hamburger Umland Einsparungen von bis zu 40.000 Euro drin, wenn man auf zehn Quadratmeter Wohnfläche verzichtet. Auch bei der Einrichtung des neuen Heims kann zunächst gespart werden. „Neue Küche, Carport, Gartenneugestaltung, das kann man auch später noch realisieren, und so lässt sich die Kreditsumme vielleicht etwas abspecken“, sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Immobilien Hamburg: Was ist noch wichtig bei der Finanzierung?

Zunächst sollte man mehrere Finanzierungsangebote vergleichen, denn die Spanne ist enorm. Beispiel 15 Jahre Zinsbindung: Der Durchschnittszins liegt laut FMH-Finanzberatung bei 3,90 Prozent. Die Spanne reicht von 3,54 Prozent bis 4,57 Prozent. Generell gilt: Je mehr Eigenkapital, desto günstiger der Zins. Abstriche können auch bei der Tilgung gemacht werden. Nicht mehr alle Banken verlangen mindestens zwei Prozent. Bei der Haspa liegt der Mindestwert bei einem Prozent. Jedes Zehntel weniger beim Zins hat enorme Auswirkungen: Bei einem Kredit über 400.000 Euro sparen ein halbes Prozent weniger Tilgung und 20 Basispunkte günstigere Kreditzinsen rund 42.000 Euro in den ersten 15 Jahren. Auf den Monat gerechnet reduziert das die Belastung um 230 Euro.

Allerdings bleibt dann am Ende der Zinsbindung ein größerer Schuldenberg übrig, wenn die Tilgung reduziert wird. „Sondertilgungen von bis zu fünf Prozent der Kreditsumme gehören inzwischen zum Standard von Immobilienkrediten“, sagt Finanzierungsexperte Lösche. So kann man außerplanmäßige Einnahmen über die vereinbarte Tilgung hinaus zur Reduzierung der Schuldenlast nutzen. „Ebenso sollten Käufer auf die Möglichkeit von Tilgungsveränderungen während der Laufzeit achten“, rät Lösche. Je nach Situation kann dann die Tilgung erhöht oder gesenkt werden. „Das kann notwendig werden, wenn ein Partner in Elternzeit geht oder Probleme auftauchen“, sagt Lösche. Das lohnt aber nur, wenn man die Tilgung nicht schon auf ein Mindestmaß reduziert hat, sondern zum Beispiel mit drei Prozent startet.