Geldinstitute wie die Haspa bekommen bei der EZB schon Einlagenzinsen von 2,5 Prozent. Doch Kunden profitieren kaum. Wo es mehr gibt.
- Hamburger Banken und die Haspa zahlen kaum Zinsen für Tagesgeld
- EZB hat Leitzins aber schon auf drei Prozent hochgesetzt
- Warum die Institute die höheren Zinsen nicht weitergeben
Hamburg. Sparer, die aktuell die Zinsentwicklung verfolgen, sehen eine zweigeteilte Bankenwelt: Da gibt es einzelne Direktbanken mit Tagesgeldangeboten deutlich oberhalb von zwei Prozent für Neukunden. Und es gibt die Masse der Filialbanken vor Ort, die immer noch entweder gar keine oder keine nennenswerten Zinsen auf Tagesgeld bietet, obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) gerade ihren zentralen Leitzins auf immerhin schon 3,0 Prozent weiter hochgesetzt hat.
Unter den Geldhäusern in Hamburg zählen die Haspa und die Hamburger Volksbank zur zweiten Gruppe – beide Institute bieten den Kunden 0,00 Prozent Verzinsung auf die entsprechenden Konten (Cashkonto beziehungsweise FlexGeld). Dabei sind die Sparkasse und die Volksbank in zahlreicher Gesellschaft. Wie das Vergleichsportal Verivox vor wenigen Tagen ermittelte, lag der Tagesgeldzinssatz bei 397 von 626 ausgewerteten Banken und Sparkassen bei 0,00 Prozent. „Es ist paradox – an der Spitze des Marktes überbieten sich die Banken im Wettbewerb um neue Kunden mit immer höheren Tagesgeldzinsen. Auf der anderen Seite zahlen viele Institute nach wie vor überhaupt keine Zinsen“, sagt Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier dazu.
Experte: „Sparkassen und Volksbanken haben relativ träge Kunden“
Tatsächlich bietet etwa die Bank11, ein herstellerunabhängiger Autofinanzierer aus Neuss, Neukunden jetzt schon 2,3 Prozent Zinsen auf Tagesgeld. Auch mehrere andere Direktbanken mit deutscher Einlagensicherung gewähren mehr als 2,0 Prozent für Neuanlagen.
Wie kann es also sein, dass es sich die Mehrheit der Institute mit Vor-Ort-Präsenz offenbar leisten kann, ihre Kundschaft weiter leer ausgehen zu lassen? „Sparkassen, Volksbanken und allgemein Filialbanken haben relativ träge Kunden“, sagt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. „Außerdem ist man derzeit bereit, zu akzeptieren, dass einige Kunden abwandern, weil man die Kreditnachfrage abgenommen hat und daher der Refinanzierungsbedarf nicht so hoch ist.“
Zinsen auf Festgeld sind früher und stärker gestiegen als die auf Tagesgeld
Auch Max Herbst, Gründer der FMH-Finanzberatung, die Bankkonditionen auswertet, sieht einen Teil der Verantwortung für den zweigeteilten Tagesgeldzins-Markt bei den Verbrauchern: „Solange die Kunden nicht bereit sind, zu wechseln, können sich die Banken sagen: Unsere Kunden sind schon zufrieden damit, keine Negativzinsen mehr zahlen zu müssen.“ An der Trägheit der Kunden verdienen die Banken derzeit gut, denn schließlich können sie das Geld zu einem Einlagensatz von 2,5 Prozent bei der EZB parken. Es geht dabei um erhebliche Beträge: Nach Angaben der Bundesbank lagen zuletzt mehr als 1,8 Billionen Euro an „täglich fälligen Einlagen“ von privaten Haushalten auf den Konten der deutschen Geschäftsbanken.
Auffällig ist, dass schon im Verlauf des vergangenen Jahres die Zinsen auf Festgeldkonten – wo aber deutlich weniger Geld von Privatpersonen liegt als auf Tagesgeld- und Girokonten – sowie auf Baukredite kräftig angezogen haben, während sich beim Tagesgeld noch vergleichsweise wenig getan hat.
Die Haspa kündigt „attraktive Konditionen“ auf Tagesgeld „in Kürze“ an
Bei der Haspa führt man allerdings die Kreditzinsen als Erklärung dafür an, dass die Einlagenzinsen derzeit unten bleiben. „Banken und Sparkassen haben mit sehr vielen Kreditnehmern langfristig sehr niedrige Kreditzinsen vereinbart“, sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. Diese für zehn oder 15 Jahre festgeschriebenen Zinsen hätten es „vielen Familien ermöglicht, Wohneigentum zu erwerben“. Das sichere Berechenbarkeit und Stabilität. „Aber es schließt im Gegenzug auch aus, dass Einlagenzinsen ebenso schnell steigen wie Leitzinsen“, sagt die Haspa-Sprecherin. Sie verweist jedoch darauf, dass die Sparkasse „bereits vor der ersten Zinsanpassung durch die EZB den Zins für Sparer wieder eingeführt und diesen seither bereits mehrfach erhöht“ hat. So gewährt die Haspa auf Festgeldanlagen mit vier Jahren Laufzeit immerhin 2,4 Prozent Zinsen. „Lediglich beim Tagesgeld haben wir noch kein Angebot, wollen unseren Kunden aber in Kürze auch hier attraktive Konditionen bieten“, kündigt von Carlsburg an. Dieses Produktangebot befinde sich „gerade in Vorbereitung“.
Ob es dann mit den mehr als zwei Prozent einiger Online-Banken konkurrieren kann, ist wohl mehr als fraglich. Doch auch diese Spitzenzinssätze sind für den Markt keineswegs repräsentativ, wie die Daten der FMH-Finanzberatung belegen. Demnach liegt der aktuelle Durchschnitt der Tagesgeldzins-Angebote bei 0,78 Prozent. Und dieser Schnitt wird noch zusätzlich durch Offerten nach oben gezogen, die ausschließlich für Neukunden gelten.
„Eine Online-Kontoeröffnung dauert nur etwa eine halbe Stunde“
Herbst spricht in diesem Zusammenhang von „Marketing-Gags“, von denen die Masse der Kunden nichts habe. „Solche Angebote sind nur eine Herausforderung an die Bestandskunden, den Anbieter zu wechseln“, so der Experte. Ähnlich sieht das Oliver Maier von Verivox: „Solche befristeten Aktionsangebote lohnen sich insbesondere für Sparer, die bereit sind, ihr Geld regelmäßig umzuschichten. Sobald der Zinsaufschlag wegfällt, wechseln sie einfach zum nächsten Anbieter mit einem Neukunden-Sonderangebot.“
Dabei sei der Wechselaufwand nicht hoch, sagt Herbst: „Eine Online-Kontoeröffnung dauert nur etwa eine halbe Stunde.“ Aus diesem Grund gehen Geldhäuser, die bei den Sparzinsen zu knauserig bleiben, nach Einschätzung von Martin Faust sogar ein geschäftliches Risiko ein. „Die Bankkunden sind in den beiden vergangenen Jahrzehnten zinssensitiver und internetaffin geworden“, sagt der Branchenexperte. „Weil es bei den aktuell hohen Inflationsraten zudem um so mehr weh tut, keine Zinsen zu erhalten, kann es gut sein, dass die Kunden bei den Filialbanken doch mehr Geld abziehen werden, als die Institute jetzt annehmen.“
Marktkenner rechnet mit bis zu 3,5 Prozent Zinsen auf Tagesgeld
Zwar sind – wie auch bei der Haspa – die Zinssätze auf Festgeldanlagen am Markt sehr viel schneller und stärker gestiegen als die auf die täglich fälligen Einlagen. Selbst schon bei Zwölfmonatsgeld liegt der Durchschnitt der Angebote laut FMH-Finanzberatung bei 1,76 Prozent, die Top-Konditionen von Banken mit ausländischer Einlagensicherung über Vermittlungsplattformen wie Zinspilot oder WeltSparen übersteigen gar 3,0 Prozent.
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Trotzdem kann es, wie Herbst sagt, ratsam sein, zunächst noch auf Tagesgeld zu setzen und sich damit flexibel zu halten. Denn schon in Kürze würden hier die Zinsen weiter zulegen. „In nächsten Zeit wird der Druck auf die Filialbanken, beim Tagesgeld etwas zu tun, größer werden“, sagt Herbst. „Zu Ostern wird der EZB-Leitzins voraussichtlich schon bei 4,0 Prozent liegen. Dann können die besten Tagesgeld-Angebote auf 3,5 Prozent steigen.“