Hamburg. Branchenverband BDL nennt mehrere Gründe und ist für Reisen im Sommer optimistisch – auch wenn es „Herausforderungen“ gibt.

Nach dem tiefen Einbruch wegen der Corona-Krise ist der Luftverkehr in Deutschland wieder klar auf Wachstumskurs – allerdings unterscheidet sich dieser an den einzelnen Flughäfen erheblich.

Für den kommenden Sommer geht der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) davon aus, dass vor allem Frankfurt sich dem Vor-Corona-Niveau weit annähern wird. Mit 91 Prozent werde das Sitzplatzangebot von 2019 am größten deutschen Drehkreuz schon fast wieder erreicht, so die Prognose.

Flughafen Hamburg: Sitzplatzangebot wächst in Dortmund stärker als hier

In Hamburg soll die Quote von 72 im vergangenen Sommer auf 80 Prozent zwar ebenfalls zulegen. Doch kleinere Flughäfen wie Dortmund (120 Prozent), Nürnberg (95) und Köln/Bonn (86) erreichen ebenso wie München (83) höhere Werte.

„Während die internationalen Hubs überdurchschnittlich zulegen, schlägt sich das Wegbleiben von Punkt-zu-Punkt-Verkehren und der Rückgang beim innerdeutschen Verkehr in einer doch etwas langsameren Erholung der anderen Flughäfen nieder“, sagte BDL-Präsident Jost Lammers.

Auf innerdeutschen Strecken ist das Angebot schwach

Auf Inlandsstrecken abseits der Drehkreuze Frankfurt und München solle das Sitzplatzangebot zwar von 27 auf 43 Prozent im Sommer steigen, liegt damit aber weit unter der Hälfte der Vor-Corona-Zeit. Von Fuhlsbüttel führen solche Strecken beispielsweise nach Stuttgart oder Düsseldorf.

Generelle Gründe dafür seien die Zunahme elektronischer Kommunikationsmittel wie Videokonferenzen und „die weiter fortschreitende Verlagerung von Verkehren auf die Straße und die Schiene“, so Lammers. Ob diese Flug­häfen der zweiten Reihe auch in Zukunft wegen der stark in der Kritik stehenden Inlandsflüge langsamer wachsen werden, ließ er offen.

Hamburg erholt sich besser als Berlin oder Stuttgart

Der Helmut-Schmidt-Flughafen als fünftgrößter deutscher Airport liegt bei der erwarteten Erholungsquote von 80 Prozent in diesem Jahr auf gleicher Höhe wie Düsseldorf als viertgrößter, aber besser als Berlin (Dritter, 70 Prozent) und Stuttgart (Siebter, 71 Prozent).

In Dortmund und Nürnberg hätten Airlines hingegen ihr Engagement im Punkt-zu-Punkt-Verkehr ausgebaut – dahinter stecken vor allem Billigflieger. So kündigte Wizz Air jüngst für Dortmund zwei neue Ziele in Osteuropa an, Sylt Air will zudem im Sommer von dort auf die Insel fliegen. Ryanair bietet aus der nordrhein-westfälischen Stadt neun Ziele an und damit an dem deutlich kleineren Flughafen (2,6 zu 11,1 Millionen Passagiere in Hamburg im Jahr 2022) fast so viele wie aus Hamburg mit elf Routen.

Ryanair mit Basis in Nürnberg – aber nicht mehr in Hamburg

Von ihrer Basis Nürnberg aus fliegen die Iren rund 30 Städte an, auch in Köln/Bonn hat Europas größte Fluglinie Boeing-Jets stationiert – die Basis in Hamburg hat Ryanair hingegen Anfang 2020 geschlossen. Zuvor hatte bereits Easyjet die Basis in der Elbmetropole dichtgemacht.

Die Airlines würden dort ihr Angebot ausbauen, wo sie die besten Ergebnisse erzielen könnten, so Lammers: „Die Standortkosten führen dazu, dass Flüge nicht in Deutschland stattfinden, weil Flugzeuge nicht in Deutschland stationiert werden. Das ist für gewisse Standorte sehr, sehr kritisch aktuell.“

Staatlich induzierte Kosten in Deutschland höher

Die staatlich induzierten Kosten wie für die Flugsicherung, Luftsicherheitsgebühr und Luftverkehrssteuer lägen „in Deutschland deutlich höher als in vielen anderen Standorten Europas“, ergänzte BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.

Daher habe das Sitzplatzangebot in Deutschland 2022 im Vergleich zu 2019 auch nur bei 70 Prozent gelegen, im übrigen Europa seien es bereits 84 Prozent gewesen. Befördert wurden hierzulande 164,7 Millionen Passagiere, 110 Prozent mehr als 2021.

BDL-Präsident hofft auf störungsfreieren Sommer

Für den kommenden Sommer ist der BDL-Präsident verhalten optimistisch. „Wir setzen darauf, dass der Reiseverkehr in diesem Jahr störungsfreier verläuft“, sagte Lammers mit Rückblick auf das von langen Wartezeiten an den Kontrollen und aufs Gepäck geprägte Vorjahr. Alle Beteiligten seien im intensiven Austausch.

Allerdings werde es weiterhin zu Ferienbeginn in den einzelnen Bundesländern Warteschlangen geben. Passagiere sollten daher Online- und Vorabend-Check-in nutzen sowie die Handgepäckregeln beachten. „Wir raten dazu, nicht mit mehr als einem Handgepäckstück zu reisen“, sagte Lammers.

Die neuen CT-Scanner zum Durchleuchten des Handgepäcks und zügigerem Passieren der Sicherheitskontrolle würden nach München nun auch in Frankfurt eingesetzt. Ein Einsatz der Geräte an weiteren Standorten erwartet von Randow für den Sommer aber nicht.

Flughafen Hamburg: Warum der Ukraine-Krieg für Verspätungen sorgen könnte

Lammers sprach hingegen von „großen Herausforderungen für uns“. Neben der bekannten engen Personaldecke gehören dazu mögliche Kapazitätsengpässe im Luftraum.

Wegen des Ukraine-Krieges gebe es mehr Militärflüge, zudem sei im Juni die militärische Großübung „Air Defender 2023“ geplant. Und die Deutsche Flugsicherung führe eine Reihe neuer technischer Systeme ein, sodass es im Luftraum eng werden könne – das zieht dann gewöhnlich Verspätungen nach sich.