Hamburg. Nachfrage bei Immobilien verlagert sich und erhöht Aufwärtsdruck auf Mieten. Experten sehen einen ganz klaren Trend.
- Die Miete für eine Wohnung in Hamburg – und in der Umgebung – steigt rapide
- Grund ist eine Verlagerung am Markt: Es wird weniger gekauft
- Doch nicht nur der Mietzins steigt – auch die Nebenkosten ziehen an
Der Anstieg der Mieten für Wohnungen in Deutschland hat sich nach einer Phase mit relativ moderaten Zuwächsen beschleunigt. Im dritten Quartal kletterten die Angebotsmieten nach Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Schnitt kräftig um 5,8 Prozent zum Vorjahresquartal. Das war mehr als im Mittel der vergangenen drei Jahre mit plus 4,5 Prozent.
In Hamburg lag der Wert im Vergleich zum Vorjahresquartal bei 4,3 Prozent und ebenfalls über dem Mittel der vergangenen drei Jahre mit plus 3,8 Prozent. In allen Bundesländern lagen die Zuwächse demnach über dem mittelfristigen Trend. „Es zeigt sich, dass die Dynamik zunimmt“, sagte IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer.
Wohnung Hamburg: Zinsen, Baupreise und Rekordinflation beeinflussen Kaufverhalten
Menschen suchten zunehmend eine Mietwohnung, während einige Vermieter offenbar wegen der hohen Inflation höhere Mieten ansetzten. Zudem gebe es in ländlichen Regionen, die noch vergleichsweise günstigen Wohnraum bieten, Aufholeffekte. Gestiegene Kreditzinsen, hohe Baupreise und die Rekordinflation machen Wohneigentum weniger erschwinglich. Nach einer Studie des Immobilienportals Immowelt beträgt die durchschnittliche Angebotsmiete in Hamburg 12,50 Euro (kalt) je Quadratmeter Wohnfläche.
Die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite haben sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht. Viele Menschen weichen daher auf den Mietmarkt aus. Die sich verlagernde Nachfrage werde dort den Aufwärtsdruck auf die Mieten erhöhen, hieß es jüngst in einer Studie der Landesbank Helaba.
Der Hamburger Makler Grossmann Berger bestätigt diese Entwicklung aus seiner Praxis. „Aufgrund der hohen energetischen Anforderungen und Finanzierungszinsen sind bereits viele Interessenten vom Kauf- ins Mietsegment umgeschwenkt. Dort war und ist die Nachfrage ohnehin schon hoch“, sagt Andreas Gnielka, Geschäftsführer von Grossmann Berger dem Abendblatt.
Mieten steigen auch in Schleswig-Holstein
Die Neuvertragsmieten zogen zuletzt wieder stärker an mit einem Zuwachs von rund fünf Prozent binnen Jahresfrist, beobachteten jüngst auch die DZ Bank und der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp). Grund für die „spürbar steigenden Mieten“ sei neben der Verschiebung der Nachfrage auch die steigende Zuwanderung mit vielen Flüchtlingen aus der Ukraine, hieß es bei der DZ Bank. Ein hoher Bedarf an bezahlbarem Wohnraum treffe auf sinkende Leerstände in den Städten.
In Schleswig-Holstein legten die Angebotsmieten im dritten Quartal um 6,6 Prozent zu: Im Landkreis Stade 8,1 Prozent, Kreis Stormarn 7,0 Prozent und Kreis Pinneberg 6,7 Prozent. Im Mittel der vergangenen drei Jahre waren es 5,7 Prozent gewesen.
Immobilienkauf in Hamburg: Nachfrage nach Darlehen zurückgegangen
Zu der Gesamtentwicklung passt die Nachricht, dass die Nachfrage nach Immobiliendarlehen in Niedersachsen im Laufe dieses Jahres zurückgegangen ist. Wie die LBS Nord auf Anfrage mitteilte, bewilligte die Landesbausparkasse von Januar bis Oktober landesweit 3251 Darlehen mit einer Gesamtsumme von 439,5 Millionen Euro. Das entspreche im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Rückgang von 7,3 Prozent bei der Stückzahl und von 3,7 Prozent bei der Darlehenssumme. Für die ersten vier Monate des Jahres hatte die LBS Nord noch einen starken Anstieg festgestellt.
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Die Sorge vor der Zinswende und steigender Inflation wurde damals als Treiber für den Anstieg genannt. Diese könnten den Kauf von Immobilien noch teurer machen als ohnehin schon. Mittlerweile führen Inflation, hohe Baukosten und steigende Zinsen laut LBS Nord hingegen dazu, dass viele mit ihren Vorhaben noch abwarten.
Wohnung in Hamburg: Nebenkosten steigen in Hamburg enorm
Neben den Mieten steigen auch die Nebenkosten enorm. Das IW hat auch dazu aktuelle Daten vorgelegt. Erstmals liegen in diesem Jahr die Heizkosten je Quadratmeter über den kalten Betriebskosten wie Müllabfuhr, Grundsteuer oder Gartenpflege. Bei den Heizkosten kommt Hamburg auf einen Durchschnittswert von 1,50 Euro je Quadratmeter Wohnfläche und Monat.
Die Spanne reicht dabei je nach Heizungsart und Dämmung des Gebäudes von 1,18 bis 1,99 Euro. In Wohnungen, die mit Gas beheizt werden, haben sich bundesweit die Abschlagszahlungen für die warmen Nebenkosten im Falle einer 75-Quadratmeterwohnung um durchschnittlich 568 Euro erhöht.