Hamburg. Sein Vorgänger Friedhelm Steinberg war nicht wieder zur Wahl angetreten. Gewählt wurden auch diese fünf Stellvertreter.

Hamburgs Börsenrat hat einen neuen Präsidenten gewählt: Marcus Vitt, der Vorstandssprecher des Privatbankhauses Donner & Reuschel, wird zum 1. Januar 2023 Nachfolger von Friedhelm Steinberg, der dieses Amt seit Anfang 2008 innehatte und zur Wahl nicht noch einmal angetreten war. Für sein langjähriges, erfolgreiches Engagement an der Spitze des Gremiums wurde Steinberg, früher Vorstandsmitglied der Haspa, mit dem Titel des Ehrenpräsidenten geehrt, wie die Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg am Freitag mitteilte.

Als Stellvertreter Vitts für die Amtsperiode 2023 bis 2025 wurden Silke Grimm (Vorstandsmitglied bei Euler Hermes), Kai Jordan (Vorstandsmitglied der mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank), Carsten Lütke-Bornefeld (Manager der Brokerfirma Lang & Schwarz), Olaf Oesterhelweg (Vorstandsmitglied der Haspa) sowie Frank Schriever (Leiter Wealth Management Deutschland der Deutschen Bank) bestimmt.

Neuer Börsenpräsident: Vitt ist ausgewiesener Aktienmarktfachmann

Vitt ist seit 2010 Chef des Bankhauses Donner & Reuschel, schon seit 2002 gehört er dessen Vorstand an. Der 56-Jährige vertritt die Branche zudem als Vorsitzender des Bankenverbands Hamburg. Er ist ausgewiesener Aktienmarktfachmann. Schon Anfang der 1990er-Jahre war er bei der BfG (heute SEB) in Frankfurt für den Handel an der Deutschen Terminbörse, in Derivaten und an den Regionalbörsen verantwortlich.

Im Hinblick auf die Vermögensanlage ist Vitt als Verfechter eines stark aktienorientierten Ansatzes bekannt. Er gilt aber auch als ein Banker, der über den Tellerrand der Finanzwirtschaft hinausblickt. So hat er sich wiederholt offen über seine Auffassungen zu allgemein gesellschaftlichen Themen wie etwa der Bildungspolitik geäußert.

Steinberg kündigte Rücktritt Anfang des Monats an

Steinberg kündigte bereits in einem Gespräch mit dem Abendblatt Anfang November an, nach bald 15 Jahren in dieser Funktion zur Wahl des nächsten Börsenpräsidenten nicht mehr anzutreten. Der frühere Haspa-Vorstand hatte das Amt von Udo Bandow, einst Chef der Vereins- und Westbank sowie langjähriger HSV-Aufsichtsrat, übernommen, der diese Position sogar 18 Jahre lang innehatte. Auch Bandow war zum Ehrenpräsidenten der Börse ernannt worden.

In die Amtszeit von Steinberg fallen diverse erhebliche Erweiterungen des Geschäfts. So hat die Dachgesellschaft der Börsen Hamburg und Hannover, die ­Böag, im Jahr 2016 auch noch die Börse Düsseldorf in die Gruppe geholt. Immer wieder erwiesen sich die Hamburger als sehr innovativ. Etliche neue Handelssegmente für bisher hier nicht börsengehandelte Güter und Finanzprodukte wurden zumindest geprüft oder auch realisiert, wie etwa eine Onlineplattform für Sparbriefe. Auch ein Erstmarkt für Geschlossene Fonds wurde eingerichtet. Nicht alle Ideen waren letztlich erfolgreich, manchmal war auch das Timing unglücklich.

Steinberg weiterhin Aufsichtsratsmitglied der Böag

Doch insgesamt ist es der Börse Hamburg im Böag-Verbund gelungen, trotz der Übermacht des Marktführers Deutsche Börse aus Frankfurt kräftig zu wachsen. Dazu trug nicht zuletzt die Einbindung neuer Partner wie verschiedener Onlinebroker bei. Man profitierte dabei vom Aufschwung von Gratis- oder Discount-Anbietern wie Trade Republic und justTrade, „die zum großen Teil ihr Geschäft über unsere Börse abwickeln“, wie Steinberg im vorigen Jahr sagte.

Wie sein Nachfolger Vitt hat auch Steinberg in den zurückliegenden Jahren immer wieder zu Themen Stellung bezogen, die über das unmittelbare geschäftliche Umfeld hinausgehen, zum Beispiel der Zukunft der europäischen Währungsunion oder Fragen der Wirtschaftsethik. Auch wenn Steinberg demnächst das Amt des Börsenpräsidenten abgeben wird, bleibt er der Börse Hamburg zunächst weiter als Aufsichtsratsmitglied der Böag verbunden.

Der Börsenrat ist das zentrale Organ der Börse Hamburg, die mit dem Gründungsjahr 1558 die älteste in Deutschland ist. Er ist unter anderem für die Bestellung und Überwachung der Geschäftsführung zuständig und erlässt die wichtigsten Regelwerke. Das Gremium besteht aus Vertretern von Kreditinstituten, Börsenmaklerfirmen, der Anlegerschaft und Unternehmen, deren Wertpapiere an der Börse Hamburg zugelassen sind, sowie Vertretern sonstiger betroffener Wirtschaftsgruppen.