Hamburg. Baustoff stößt auf zunehmendes Interesse: Schon jedes fünfte neue Eigenheim ist aus Holz. Viele Gründe sprechen dafür.

„Es ist ein Traum“ – Volker Pal ist begeistert von dem Haus, in dem er seit Juli in Bargstedt bei Neumünster wohnt. Häuser wie dieses waren im Norden bisher eher selten, denn die Wände bestehen komplett aus Holzbohlen.

„Ich habe früher mal ein halbes Jahr lang in einem dänischen Ferienhaus aus Holz gelebt“, sagt der selbstständige Unternehmer. „Da konnte ich besser schlafen als sonst.“ Denn Pal ist Asthmatiker. Aufgrund dieser Erfahrung wollte er nun für sich und seine Lebensgefährtin, die an Allergien leidet, ein solches Eigenheim bauen lassen.

Immobilien in Hamburg: Häuser aus Holz haben viele Vorteile

Er hat sich dann, wie er sagt, nicht für die günstigste Lösung entschieden: „Viele bieten Häuser in Holzrahmenbauweise an, die Werkstoffplatten haben dann aber manchmal Folien zwischen den einzelnen Lagen. Was ich wollte, ist dagegen eine wirklich atmungsaktive Wand.“ Geheizt wird mit einer Wärmepumpe, für besonders kalte Tage unterstützt von einer Pelletheizung.

Bisher, erzählt Pal, sind seine Erwartungen an das Wohnklima in dem neuen Holzhaus mehr als erfüllt worden: „Ich brauche nur noch die Hälfte der Asthma-Mittel, die ich früher nehmen musste, meine Lebensgefährtin kommt jetzt völlig ohne Medikament aus.“

Die Zementherstellung verursacht sieben Prozent des CO2-Ausstoßes

Ganz eindeutig liegen Häuser aus dem nachwachsenden Rohstoff im Trend. Die Quote der genehmigten Wohngebäude in Holzbauweise ist bundesweit von 17,6 Prozent im Jahr 2017 auf zuletzt 21,3 Prozent gestiegen, wobei der Norden aber Nachholbedarf hat – in Baden-Württemberg ist schon mehr als jedes dritte (34,3 Prozent) der neu genehmigten Wohnhäuser aus Holz, in Bayern ist es gut jedes vierte (26,1 Prozent).

Betrachtet man nur die Ein- oder Zweifamilienhäuser, so liegt die bundesweite Holzbauquote nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes sogar noch etwas höher als die oben genannte Zahl – bei rund 23 Prozent.

Auf zunehmendes Interesse stößt dieser Baustoff nicht zuletzt wegen seiner Nachhaltigkeit. Schließlich gilt die Produktion der sonst üblichen Materialien als sehr energieaufwendig und damit klimaschädlich: Die Zementherstellung ist jüngsten Studien zufolge für etwa sieben Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, wobei sich ihre Emissionen seit 1990 verdreifacht haben.

„Das Holz für ein 150-Quadratmeter-Haus wächst in Finnland in elf Sekunden nach“

Dagegen ist Holz eine erneuerbare Ressource. „Das Holz, das man für ein 150-Quadratmeter-Haus benötigt, wächst in Finnland in elf Sekunden nach und in den skandinavischen Ländern insgesamt in nur drei Sekunden“, sagt Frank Berding, Inhaber der Firma Nordic-Haus aus dem niedersächsischen Steinfeld. Das von Berding im Jahr 1996 gegründete Unternehmen mit 35 Beschäftigten hat auch das Eigenheim gebaut, in dem Volker Pal jetzt wohnt.

Aus Sicht des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) sind die Prioritäten im Bausektor im Hinblick auf die Ökologie eindeutig: „An erster Stelle steht natürlich das Haus, das nicht gebaut wird“, gefolgt von der Sanierung oder Aufstockung bestehender Gebäude. Doch die Nabu-Experten finden auch: „Holzbau sollte Vorrang vor Betonbau haben und regional, abhängig von der Verfügbarkeit der Ressourcen, auch vor Mauerwerksbau.“

Holzhäuser haben keine geringere Lebensdauer als solche aus Stein

So hätten Forscher der Uni Bochum errechnet, dass bis zu 56 Prozent Treibhausgase eingespart werden können, wenn Holz statt Beton oder Stein als Baumaterial genutzt werde. „In Holzprodukten bleibt der Kohlenstoff gespeichert, solange sie existieren“, heißt es vom Nabu. „Die nachhaltigsten Produktspeicher sind daher Gebäude, da sie eine hohe Standzeit haben.“

Dabei habe ein Holzhaus keine geringere Lebensdauer als eines aus Stein, sagt Berding: „Man kann die von uns errichteten Häuser über Generationen nutzen, außerdem sind sie komplett recycelbar. Man kann sie sogar abbauen und woanders wieder hinstellen – das haben wir schon gemacht.“

Zwar werden den Bochumer Wissenschaftlern zufolge die wesentlichen CO2-Einsparpotenziale in den ersten 50 Jahren nach der Fertigstellung eines Gebäudes vom Baumaterial und der Bauweise erzielt und viel weniger durch das Heizsystem. Doch die natürlichen Eigenschaften des Werkstoffs Holz sorgten zusammen mit einer effektiven Dämmung auch für eine gute Heizenergieeffizienz, so Berding: „Unsere Häuser sind nach dem KfW-40-Standard förderfähig, wobei wir nicht einmal eine Lüftungsanlage brauchen, um die Werte zu erfüllen.“ Wer eine Fotovoltaik-Anlage hinzunehme, sei nahezu energieautark.

Ältere Bebauungspläne sind manchmal ein Hindernis für den Holzhausbau

Nach Angaben von Berding liegen die Baukosten seiner Haustypen zwischen 2600 und 2800 Euro je Quadratmeter. Damit seien sie nicht teurer als vergleichbare Eigenheime aus Stein. Angesichts des zunehmenden Interesses habe die Konkurrenz zugenommen, stellt der Nordic-Haus-Chef fest: „Inzwischen hat jeder Fertighaushersteller auch einen Öko-Fertighaustyp im Programm. Aber wenn die mit Glaswolle oder Steinwolle isoliert sind, ist das nicht wirklich nachhaltig.“

Sein Unternehmen verwende dafür Zellulose. „Damit bestehen unsere Häuser zu 90 Prozent aus nachhaltigen Materialien. Ausnahmen müssen wir nur bei den Fenstern und den Dachschindeln machen.“

Auf bürokratische Widerstände stoßen die Kunden von Berding nach seinen Worten nur noch selten: „Bei alten Bebauungsplänen aus den 1980er- oder 1990er-Jahren gibt es manchmal Schwierigkeiten, eine Baugenehmigung für ein Holzhaus zu bekommen, besonders bei Rundbohlenwänden.“

Heute seien die Bauämter aber in der Regel wesentlich aufgeschlossener: „Die Akzeptanz wird immer größer. Man kann das Haus ja weiß oder hellgrau streichen. Und wer glatte Bohlen wählt, kann die Außenwände sogar verputzen.“ Mit 50 bis 60 Objekten pro Jahr seien die Auftragsbücher von Nordic-Haus jedenfalls gut gefüllt.

In Hamburg entsteht gerade Deutschlands höchstes Holzhochhaus

Die Visualisierung des Architektenbüros Störmer Murphy and Partners zeigt das geplante Holzhochhaus
Die Visualisierung des Architektenbüros Störmer Murphy and Partners zeigt das geplante Holzhochhaus "Roots" in der HafenCity in Hamburg. © dpa

Auch wenn Hamburg mit einer Holzhaus-Quote von gerade einmal 6,8 Prozent der Baugenehmigungen für Wohngebäude das bundesweite Schlusslicht bildet, entsteht in der HafenCity gerade ein architektonisches Vorzeigeobjekt dieses wachsenden Marktes: das mit 65 Metern höchste Holzhochhaus Deutschlands. 180 Wohnungen sind im „Roots“ vorgesehen, bis 2024 sollen sie bezugsfertig sein.

Frank Berding findet das Projekt „sensationell“. Bauvorhaben in dieser Größenordnung hat er zwar noch nicht realisiert. Aber: „Wir erstellen regelmäßig auch Mehrfamilien- und Bürohäuser und haben gerade den dritten Kindergarten aus Holz gebaut.“