Hamburg. Bei einem Ministertreffen der Küstenländer in Hamburg deutet sich ein neuer Kompromiss für die Verklappung des Hafenschlicks an.
Die Wirtschafts- und Verkehrsminister der norddeutschen Küstenländer haben sich bei ihrem Treffen in Hamburg auf eine Strategie für den bisher heftig umstrittenen Umgang mit dem Hafenschlick geeinigt.
Das Ziel sei es, ab dem Herbst des kommenden Jahres die sogenannte Tiefwasserreede, einen Ankerplatz für Frachtschiffe westlich von Helgoland, als Ablagerungsfläche für den Schlick nutzen zu können, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) am Freitagnachmittag im Hamburger Rathaus.
Hafen Hamburg: Eine langfristige Lösung wird gesucht
„Wir brauchen eine Sediment-Strategie, die unter ökologischen Gesichtspunkten tauglich ist und die auch längere Zeit trägt“, so Lies. Die Pläne Hamburgs, von Januar 2023 an Elbschlick vor der zur Hansestadt gehörenden Vogelschutzinsel Scharhörn zu verklappen, stoßen in Niedersachsen wie auch in Schleswig-Holstein auf Ablehnung, ebenso bei Umweltverbänden. Denn man befürchtet den Eintritt schadstoffbelasteter Sedimente in Naturschutzgebiet Wattenmeer.
Praktisch ständig muss im Hamburger Hafen gebaggert werden, damit große Containerschiffe dort weiterhin genügend Wasser unter dem Kiel haben. Zudem steht Hamburg unter dem Druck, einen Ablagerungsplatz zu finden, von dem aus der Schlick nicht regelmäßig durch die Flut wieder zurück in Richtung Hafen gespült wird – so wie das bisher der Fall ist.
Eventuell kann Schlick beim Deichbau verwendet werden
Bei einer Verklappung an der Tiefwasserreede, die etwa 30 Kilometer westlich von Helgoland liegt und dem Land Niedersachsen zugeordnet ist, käme es nicht mehr dazu. Auf lange Sicht hält Lies aber andere Lösungen für den Schlick für wünschenswert: „Er ist viel zu schade, um ihn wegzubringen.“ So wird geprüft, ob er unter anderem beim Deichbau verwendet werden kann.
- Als das Wohnen in den Harburger Binnenhafen einzog
- "Sturmebbe": Warum der Pegel der Elbe so niedrig war
- Neue Mieter für das Überseequartier: Katzen, Mode, Feinkost
Ein Sprecher der Hamburger Wirtschaftsbehörde wies darauf hin, dass vor einer Nutzung der Tiefwasserreede noch umfangreiche Untersuchungen über Umwelteinflüsse erforderlich sind. Für die Hamburger Außenelbe hingegen lägen alle diese Untersuchungen vor. Daher plane man weiter, dort Sedimente zu verbringen. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) zeigte sich zuversichtlich, „zeitnah“ eine Lösung des Konflikts erreichen zu können.
„Zukünftige Lösungen zur Verbringung des Elbeschlicks erreichen wir am besten, wenn wir auf politischer Ebene gemeinsam und im konstruktiven Dialog miteinander nach Wegen suchen", sagte auch der schleswig-holsteinische Umweltminister Tobias Goldschmidt. "Dass Hamburg nun, wie von Schleswig-Holstein vorgeschlagen, alle Akteure an einen Tisch holen will, begrüßen wir ausdrücklich. Wir stehen bereit, als konstruktiver Partner an tragfähigen und nachhaltigen Antworten für die Zukunft mitzuwirken." Tragweite und Dringlichkeit der Herausforderungen seien so groß, dass keine Zeit verloren werden sollte.
Lies: Neue Chancen für erneuerbare Energien
Auf der Tagesordnung des Treffens der Küstenländer-Minister in Hamburg stand vor allem die Stärkung der norddeutschen Seehäfen sowie der Schiffbauindustrie. An dem Treffen nahm auch die Koordinatorin der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft, Claudia Müller (Grüne), teil. Gemeinsam mit dem Verband für Schiffbau und Meerestechnik, der IHK Nord und der IG Metall unterzeichneten die Minister einen an die Bundesregierung gerichteten Appell mit dem Titel „Zeitenwende auch für die Schifffahrt einleiten, Chancen der Energiewende nutzen!“
Die Küstenländer seien nicht nur Deutschlands Tor zur Welt, sondern auch das Tor zu den erneuerbaren Energien, sagte Lies. In den vergangenen Jahren seien aber viele Kompetenzen der Industrie etwa im Hinblick auf die Offshore-Technik verloren gegangen. Nach Auffassung der Ministerinnen und Minister liegt es nicht zuletzt in der Verantwortung des Bundes, die Rahmenbedingungen – auch finanziell – zu schaffen, um künftig wieder unabhängiger vom Ausland zu werden.