Hamburg. Vorstandssprecher Harald Vogelsang über die Gründe für dieses Ziel, den Immobilienmarkt und einen Rekord an Goldverkäufen.

In diesem Jahr haben sich die Rahmenbedingungen für Banken drastisch geändert – im Hinblick auf die Zinsen, die Inflation und die Konjunkturaussichten. Das Abendblatt sprach mit Haspa-Vorstandssprecher Harald Vogelsang darüber, wie diese Veränderungen auf die Sparkasse wirken.

Hamburger Abendblatt: Vor einem Jahr hat auch die Haspa noch Verwahrentgelte genommen. Nun gibt es wieder Zinsen von mehr als drei Prozent auf Festgeld. Haben Sie eine so schnelle Veränderung erwartet?

Harald Vogelsang: Wir haben im Sommer schon damit gerechnet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Negativzinsen demnächst abschafft. Das haben wir auch sofort umgesetzt wie versprochen. Dass die Zinsen dann so schnell steigen würden, hat niemand erwartet. Allerdings haben wir die Erfahrung gemacht: Immer dann, wenn es lange Übertreibungsphasen in eine Richtung gegeben hat, fiel die Trendumkehr umso heftiger aus.

Die Haspa bot vor wenigen Monaten beim Festgeld noch bundesweite Top-Konditionen. Nun befindet sie sich mit 1,2 Prozent für zwei Jahre eher im unteren Mittelfeld – geht da noch mehr?

Vogelsang: Wir wollten ein Signal senden, dass Sparen endlich wieder attraktiv ist. Aber bei uns haben die Kundeneinlagen von rund 30 Milliarden Euro ohnehin um eine Milliarde Euro gegenüber dem vorigen Jahr zugelegt – was im Übrigen zeigt, dass die Menschen im Durchschnitt auch jetzt noch den Spielraum haben, Geld zurückzulegen. Dabei spielt sicherlich die Konsumzurückhaltung eine Rolle. Auf der anderen Seite berichtet die Reisebranche von einer Sommersaison fast auf Vor-Corona-Niveau, und am verkaufsoffenen Sonntag waren die Geschäfte voll. Es gibt also viele Anzeichen, dass die Lage besser ist, als es auf den ersten Blick scheint. Deshalb ist es auch sehr schwer, zu prognostizieren, wie sich die Zinsen mittelfristig weiter entwickeln. Da müsste man schon hellseherische Fähigkeiten haben.

Für Baukredite nehmen die Banken und Sparkassen für 20 Jahre im Schnitt schon wieder rund vier Prozent. Bei den zugleich deutlich niedrigeren Guthabenzinsen für die Kunden müssen die Gewinne ja sprudeln – auch bei der Haspa?

Vogelsang: Es handelt sich ja um sehr unterschiedliche Laufzeiten, die von uns auch zu ganz unterschiedlichen Konditionen refinanziert oder verzinst werden müssen. Tatsächlich verdienen wir an einer Baufinanzierung jetzt nicht nennenswert mehr als zuvor, denn die Refinanzierung dieser langfristigen Kredite von 10, 15 oder 20 Jahren ist sehr viel teurer geworden. Die Marge der Bank zwischen dem Refinanzierungszins und dem Kundenzins ist nahezu gleichgeblieben. Auf der anderen Seite profitieren wir auf der Passivseite vom gestiegenen Zinsniveau und müssen selbst keine Negativzinsen an die EZB mehr zahlen. Das sehe ich als Normalisierung einer Situation, die auf Dauer auch nicht durchzuhalten gewesen wäre.

Was erwarten Sie für den Hamburger Immobilienmarkt?

Vogelsang: Insgesamt steigen die Preise erst einmal nicht mehr weiter, was nach vielen Jahren mit teils zweistelligen Anstiegen auch absolut gesund ist. In einzelnen Lagen kann es leichte Preisrückgänge um zwei bis fünf Prozent geben. Das betrifft vor allem Stadtviertel, in denen sich Häuser und Wohnungen in den zurückliegenden Jahren besonders stark verteuert haben, etwa Barmbek oder Eimsbüttel. Aber auch im Hamburger Umland kann es dazu kommen, weil das Pendeln durch die hohen Energiepreise teurer wird. Bei einzelnen nicht so marktgängigen Objekten sind auch größere Preisabschläge möglich. Die Entwicklung ist aber alles andere als eine Katastrophe, sondern eher eine Normalisierung, mit Vermarktungszeiträumen, wie wir sie früher auch hatten, und Verhandlungsspielraum auch für die Käufer.

Haspa verzeichnet Rekord an Goldverkäufen

Wie hat sich das Geschäft der Haspa in diesem Jahr entwickelt?

Vogelsang: Das Kreditvolumen liegt jetzt etwa auf Vorjahresniveau, wobei wir im ersten Halbjahr noch Steigerungen gesehen haben. Erfreulich ist, dass die Zahl der Wertpapiersparverträge zugenommen hat und ihr Volumen um 20 Prozent gestiegen ist. Vor dem Hintergrund der Inflation entdecken die Kunden zunehmend diese wichtige Sparform. Wir verzeichnen aber auch einen Rekord bei den Gold-Verkäufen.

Wie hoch ist dieser?

Vogelsang: In diesem Jahr haben wir bereits für rund 100 Millionen Euro Goldbarren und Münzen verkauft. Das ist noch mehr als im Rekordjahr 2021. Die Menschen suchen angesichts der Unsicherheit einen sicheren Hafen für ihr Geld. Wir empfehlen Gold durchaus als Beimischung – bis zu zehn Prozent des liquiden Vermögens kann man in Gold anlegen. Gold ist dabei auch als Ersatz für die früheren Bundesschatzbriefe und andere Bundesanleihen zu sehen, die es für Privatkunden ja nicht mehr gibt.

Wird der Gewinn der Haspa in diesem Jahr steigen?

Der Jahresüberschuss dürfte höher sein als im Vorjahr, als wir einen Nettogewinn von 20 Millionen Euro ausgewiesen haben. Aber ein solches Niveau ist auf Dauer viel zu niedrig. Denn wir sind darauf angewiesen, unser Eigenkapital aus den Gewinnen aufstocken zu können. Dieses kontinuierliche Wachstum ist deshalb so wichtig, weil alle Kredite mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, um den steigenden Kreditbedarf in unserem Geschäftsgebiet gut bedienen zu können. Dafür brauchen wir Jahresüberschüsse von mindesten 100 Millionen Euro.

Wann werden Sie eine solche Größenordnung wieder erreichen?

Wir hoffen, dass es schon im nächsten Jahr so weit ist.

Trotz steigender Gewinne erhöhen Sie die Schließfachgebühren, nehmen mehr Geld für beleghafte Überweisungen und passen die Konditionen für Joker-Konten nach oben an. Warum muss das sein?

Die allgemeine Preissteigerung geht auch an uns leider nicht vorbei. Auch wir spüren den Anstieg der Preise für Energie oder zum Beispiel Papier sowie Tariferhöhungen.

Bleiben wir beim Sparen: Wo stehen Sie heute im Hinblick auf das sogenannte Zukunftsprogramm „Spring“, das Ende 2018 angekündigt wurde und das den Wegfall von 900 der damals rund 5000 Stellen bis 2024 vorsah?

Für etwa 600 Stellen haben wir das schon umgesetzt. Wir überlegen aber derzeit, ob wir den Abbau nicht besser strecken beziehungsweise nicht in vollem Umfang umsetzen sollten. Das hat mit der Lage am Arbeitsmarkt zu tun. Schon jetzt sind wir an manchen Stellen unterbesetzt – und wir müssen uns fragen, ob wir ausscheidende Kolleginnen und Kollegen in zwei Jahren angesichts des Fachkräftemangels noch ersetzen können. Aus diesem Grund haben wir auch beschlossen, im kommenden Jahr die Zahl der neu zu uns kommenden Auszubildenden von 60 auf 90 zu erhöhen. Außerdem bauen wir den Bereich Private Banking, also die Betreuung von Kunden mit mehr als 500.000 Euro liquidem Vermögen, deutlich aus.

Haspa erhöht die Kosten für Schließfächer deutlich


  • Zinsen steigen – Geschäft mit der Baufinanzierung bricht ein

  • Konto überzogen? Bis zu zwölf Prozent Zinsen werden fällig

  • Wie viele zusätzliche Arbeitsplätze schaffen Sie in diesem Bereich?

    Aktuell arbeiten dort rund 150 Personen, und wir suchen 50 weitere Beschäftigte. Unser Ziel ist es, in diesem Geschäftssegment unseren Marktanteil von aktuell 15 bis 20 Prozent in Richtung auf unseren Gesamtmarktanteil in Hamburg von etwa 50 Prozent zu erhöhen.

    Zahlt die Haspa den Beschäftigten einen Inflationsausgleich?

    Im Dezember gibt es für alle Beschäftigten, einschließlich der Auszubildenden, eine Sonderzahlung von 1500 Euro und im Dezember 2023 noch einmal den gleichen Betrag. Teilzeitkräfte erhalten die Zahlung anteilig.

    Wie lange werden uns die hohen Inflationsraten von rund zehn Prozent in Deutschland noch begleiten?

    Im Januar dürfte es mit 13 Prozent noch einmal einen Höhepunkt der Teuerungsrate geben. Unsere Experten gehen davon aus, dass der Verbraucherpreisanstieg im kommenden Jahr im Schnitt bei acht Prozent liegen wird.