Hamburg. Hohe Immobilienpreise und Raten lassen den Traum von den eigenen vier Wänden platzen. Mit welchen Tricks ein Kauf noch möglich ist.

Die Banken spüren schon, wie das Interesse der Kunden an Baufinanzierungen abnimmt. Zwar ist der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ungebrochen, aber die steigenden Zinsen machen vielen einen Strich durch die Rechnung. „Was wir aktuell feststellen, ist eine spürbare Zurückhaltung bei den Anfragen“, sagt Heidi Melis, Sprecherin der Hamburger Volksbank.

Eine ähnliche Einschätzung kommt von der Hamburger Sparkasse. „Hohe Immobilienpreise, die stark steigenden Materialkosten sowie das allgemein gestiegene Zinsniveau machen sich seit dem zweiten Quartal im Neugeschäft deutlich bemerkbar“, sagt Jannis Engelhardt, Produktverantwortlicher private Baufinanzierung bei der Haspa.

Immobilien Hamburg: Einige Baufinanzierungen abgelehnt

In diesen Wochen platzen viele Immobilienträume: „Ja, es gibt auch Ablehnungen von Baufinanzierungen durch Banken, auch wenn das manche nicht erwarten“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baugeldvermittlers Dr. Klein. Zinsen von mehr als vier Prozent habe es seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr gegeben. „Das Interesse an Baufinanzierungen lässt nach. Verglichen mit dem Vorquartal ist die Nachfrage nach Baufinanzierungen bei uns um mehr als zehn Prozent zurückgegangen“, so Neumann.

Von den höheren Zinsen sind alle Zeiträume für Zinsfestschreibungen betroffen: Ob fünf oder 20 Jahre: Eine Vier steht stets vor dem Komma. Anfang des Jahres lagen die Konditionen für eine zehnjährige Zinsbindung knapp unter einem Prozent. „Es ist das erste Mal, dass sich ein so starker Zinsanstieg in so kurzer Zeit vollzieht“, sagt Neumann. An so hohe Zinsen für Baufinanzierungen werden sich viele gar nicht mehr erinnern. Man muss mehr als ein Jahrzehnt zurückgehen: In der ersten Jahreshälfte 2011 waren die Zinsen für zehn-, 15-jährige und 20-jährige Zinsfestschreibungen ebenfalls über vier Prozent.

Immobilien Hamburg: Käufe werden immer teurer

Wer jetzt noch das Abenteuer Eigenheim wagt, für den wird es richtig teuer. Als die Europäische Zentralbank mit ihrer Geldpolitik in Form von Negativzinsen und dem massiven Aufkauf von Staatsanleihen die Bauzinsen im Frühjahr 2020 auf einen Tiefpunkt gebracht hatte, kosteten 400.000 Euro Kredit mit zwei Prozent anfänglicher Tilgung bei einer zehnjährigen Zinsbindung noch 874 Euro im Monat.

Im Februar 2022 waren es 1150 Euro – nicht mehr so günstig, aber für viele Familien noch auf dem Niveau einer Hamburger Kaltmiete und bezahlbar. Aber jetzt kostet der Immobilienkredit 2027 Euro im Monat. Im Vergleich zum Februar hat sich die Kreditrate um 76 Prozent verteuert. Verglichen mit dem Sommer 2022 wurde die Finanzierungsrate für 400.000 Euro Kredit noch einmal um 20 Prozent teurer (siehe Grafik).

Folgt eine erneute Zinserhöhung?

„Eine Trendumkehr ist aktuell unwahrscheinlich“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft der Interhyp AG, Deutschlands größtem Vermittler privater Baufinanzierungen. Wegen der hohen Inflationsraten haben die Zentralbanken in Europa und den USA ihre Zinsen angehoben. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Konditionen für Baufinanzierungen.

„Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins in diesem Jahr in zwei Schritten von null auf 1,25 Prozent angehoben hat, könnte Ende Oktober die nächste deutliche Zinsanhebung folgen. Auch die amerikanische Notenbank Fed will trotz der negativen Auswirkungen auf die Konjunktur die Geldpolitik weiter straffen und den Leitzins anheben“, sagt Mohr. Keine guten Aussichten für Bauherren und Immobilienkäufer.

"Phase der extrem niedrigen Zinsen ist vorbei"

Als Baufinanzierungen zuletzt mehr als vier Prozent Zinsen kosteten, verharrten die Immobilienpreise in Hamburg – gemessen am aktuellen Niveau – noch in einem Dornröschenschlaf. Nach dem Immobilienmarktatlas der LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg kostete 2011 ein Einfamilienhaus aus dem Bestand mit 120 Quadratmeter Wohnfläche und ortsüblichem Grundstück 323.040 Euro. Für eine 80 Quadratmeter große Eigentumswohnung aus dem Bestand wurden 216.320 Euro verlangt.

Der aktuelle Immobilienmarktatlas weist für das Einfamilienhaus einen Angebotspreis von 691.200 Euro und für die Wohnung von 512.160 Euro aus. Die Immobilienpreise haben sich also seit 2011 mehr als verdoppelt. Mit diesem Anstieg haben die Einkommen nicht Schritt gehalten. Finanzierbar war das nur über stetig sinkende Zinsen.

„Doch die Phase der extrem niedrigen Zinsen durch die laxe Geldpolitik der Notenbanken ist endgültig vorbei“, sagt Neumann. „Wie sich diese Entwicklung auf die Immobilienpreise auswirkt, muss sich erst noch zeigen. Im Moment sehen wir stagnierende bis leicht fallende Immobilienpreise. Gleichzeitig gibt es eine steigende Nachfrage nach Mietwohnungen. Wenn diese Entwicklung anhält und die Mieten weiter steigen, kann der Immobilienkauf auch für eine größere Gruppe wieder interessant werden.“

Immobilienfinanzierung nur mit hohem Einkommen möglich

Extrem hohe Preise und die gestiegenen Zinsen machen jetzt eine Finanzierung so schwer. Denn im Schnitt benötigen die Hamburger mehr als 400.000 Euro Kredit, um den Einzug in die eigenen vier Wände zu finanzieren. Im bisherigen Jahresverlauf nahmen die Hamburger beim Immobilienkauf rund 444.000 Euro an Kredit auf. Mit Beginn des nächsten Jahres kommt eine weitere Hürde hinzu, denn dann steigt die Grunderwerbssteuer in Hamburg von 4,5 auf 5,5 Prozent.

Wer jetzt noch eine Immobilienfinanzierung aufnimmt, benötigt ein hohes Einkommen, wenn er sich an eine Regel der Verbraucherschützer hält. „Die monatliche Belastung aus Zins und Tilgung, also der Kreditrate und der Nebenkosten sollen 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens nicht übersteigen“, sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Immobilien Hamburg: Rechnung günstiger halten?

Zu den Nebenkosten gehören Müllabfuhr, Versicherungen, Heizung und Grundsteuer. Wenn man bei einer Kreditaufnahme von 400.000 Euro von einer Rate von rund 2100 Euro (15 Jahre Zinsbindung, zwei Prozent Tilgung) ausgeht und noch 400 Euro für die Nebenkosten addiert, so müsste das Haushaltsnettoeinkommen bei 6250 Euro im Monat liegen.

Viel Spielraum, die Rechnung etwas günstiger zu gestalten, bleibt nicht. „Es gibt Banken, die in bestimmten Konstellationen nun wieder nur ein Prozent anfängliche Tilgung akzeptieren“, so Neumann. Bei nur einem Prozent Tilgung würde sich die Monatsrate im Beispielfall von rund 2100 auf 1753 Euro verringern. Das verschafft der Haushaltskasse zwar Spielraum, muss aber am Ende der 15-jährigen Zinsbindungsfrist mit einer um 83.000 Euro höheren Restschuld bezahlt werden.

Statt 234.000 Euro müssen 317.000 Euro neu finanziert werden. Wenn die Zinsen weiter steigen, ist das eine sehr risikoreiche Strategie. Zumindest müsste dann ein Teil der Ersparnis in einen Bausparvertrag investiert werden, mit dem sich niedrige Zinsen sichern lassen und der dann zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung zur Verfügung steht, rät Neumann.

Unbedingt mehrere Angebote einholen

Unerlässlich ist immer, mehrere Finanzierungsangebote einzuholen. Im Beispielfall kostet die Immobilie in Hamburg 500.000 Euro. Dafür werden 400.000 Euro für 15 Jahre an Kredit aufgenommen. 100.000 Euro sind Eigenkapital. Zusätzlich werden die Erwerbsnebenkosten aus eigenen Ersparnissen bezahlt. „Wir erleben, dass wieder mehr Eigenkapital eingebracht wird. Offenbar ist das familiäre Umfeld stärker als bisher zur Unterstützung bereit“, sagt Neumann.

Einen solchen Kauf würde die Haspa mit 4,20 Prozent Zinsen finanzieren und die ING mit 4,24 Prozent, weist das Vergleichsportal der FMH-Finanzberatung aus. Bei der Postbank werden bereits 4,63 Prozent fällig, bei der Commerzbank 4,92 Prozent.

Immobilien Hamburg: Die Einsparmöglichkeiten

Weitere Einsparmöglichkeiten könnten die Reduzierung der Wohnfläche oder das Ausweichen ins Umland sein, wo die Immobilienpreise günstiger als in Metropolen wie Hamburg sind. Neumann: „Auch Bestandsobjekt statt Neubau ist eine Option, um die stark gestiegene monatliche Belastung zu begrenzen.“ Bei Bestandsobjekten gibt es auch mehr Spielraum für Preisverhandlungen mit dem Verkäufer.

Vor allem für Immobilienkäufer, die aus dem Homeoffice arbeiten können, lohnt ein Blick ins Umland. „2021 verließen im Saldo deutlich mehr als 10.000 Menschen Hamburg in das Umland“, sagt Jan Grade, Geschäftsführer von Empirica regio. Hauptgrund dafür sei das anhaltend hohe Preisniveau für Wohnraum.

Immobilien in Hamburg Umland wesentlich günstiger

Während in Hamburg für ein Einfamilienhaus knapp 700.000 Euro bezahlt werden müssen, liegen die Angebotspreise laut der Empirica-Preisdatenbank in den Kreisen Herzogtum-Lauenburg, Segeberg, Harburg, Lüneburg und Stade unter 500.000 Euro. Im Landkreis Stade beträgt der Preisvorteil bis zu 50 Prozent. In Stormarn, dem teuersten Kreis im Umland, ergibt sich ein Preisvorteil von 20 Prozent zu Hamburg. Wer allerdings direkt in den Zentren der Kreise wohnen will, der muss mit einem Preisaufschlag von 20 Prozent rechnen.