Hamburg. Der Landesbetrieb LIG führt 65 Millionen Euro Gewinn an die Stadt ab. Der Senat will sein Vorkaufsrecht verstärkt ausüben.

Vor zwei Jahren hat der rot-grüne Senat einen neuen Kurs in der Bodenpolitik eingeschlagen. Die Stadt will vor allem für den Wohnungsbau mehr geeignete Flächen ankaufen, die bevorzugt per Erbbaurecht vergeben werden sollen. Ziel ist, auch in der wachsenden Stadt Wohnraum zu erschwinglichen Mieten für alle Bevölkerungsschichten bereitzustellen.

Bei der Vorstellung des Geschäftsberichts 2021 des Landesbetriebs Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) zeigte sich, wie mühsam der Prozess der Umsteuerung ist. Zwar kaufte der LIG als zentraler Akteur der Bodenpolitik mehr Flächen als er verkaufte, aber die Vergaben im Wege des Erbbaurechts nehmen sich vorerst bescheiden aus.

Immobilien: Hamburg kauft mehr Grundstücke

Im vergangenen Jahr hat der LIG für die Stadt Flächen im Umfang von mehr als 55,7 Hektar erworben – durch Ankäufe wie durch die Ausübung von Vorkaufsrechten. Im Gegenzug wurden 23,3 Hektar verkauft und weitere 13 Hektar per Erbbaurecht vergeben. Per saldo hat sich der Flächenbesitz der Stadt ohne die öffentlichen Unternehmen um 32,4 auf 29.345 Hektar erhöht. Unter dem Strich ein finanziell lohnendes Geschäft: Für die Ankäufe wurden 76,1 Millionen Euro ausgegeben, die Verkäufe brachten einen Erlös in Höhe von 127,9 Millionen Euro.

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), zugleich LIG-Verwaltungsratsvorsitzender, zeigte sich mit der Tendenz zufrieden. „Der LIG hat mehr Flächen angekauft als verkauft – die Richtung stimmt. Man kann aber den Schalter bei der neuen Bodenpolitik nicht von heute auf morgen umlegen. Das ist eine langläufige Entwicklung, die sich nicht über Nacht, sondern Schritt für Schritt vollzieht“, sagte Dressel.

Öffentlich geförderte Wohnungen in Farmsen

Zahlen dokumentieren die Aussage des Senators: Im vergangenen Jahr wurden lediglich neun Erbbaurechtsbestellungen abgeschlossen, von denen sieben Gewerbeflächen betrafen. In zwei Fällen geht es auf einer Fläche von 2,9 Hektar tatsächlich um Wohnungsbau. Die Wohnungsbaugenossenschaft Gartenstadt Farmsen (mgf) errichtet auf dem Areal Am Luisenhof, Vom-Berge-Weg und Tegelweg 276 öffentlich geförderte Wohnungen. Das Grundstück wurde für 75 Jahre im Erbbaurecht an die Wohnungsbaugenossenschaft vergeben. Das zweite Projekt umfasst den Bau von 55 Wohneinheiten an der Straße Kanalplatz in Harburg.

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) setzt die Rückkaufpolitik des Senats fort. (Archivbild)
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) setzt die Rückkaufpolitik des Senats fort. (Archivbild) © dpa | Christian Charisius

Um das Erbbaurecht weiter zu fördern, will die Stadt trotz der Zinswende am Kapitalmarkt mit nunmehr steigenden Zinsen auf eine Erhöhung der Zinsen beim Erbbaurecht bis auf Weiteres verzichten. „Hamburg ist mit 1,5 Prozent Erbbauzins beim Wohnen und 1,8 Prozent bei Gewerbe im Bundesvergleich mit sehr attraktiven Konditionen gut aufgestellt“, sagte Dressel. „Das ist in der schwierigen gegenwärtigen Lage ein Signal, das Planungssicherheit gibt“, sagte der Senator. Zudem bestehe beim Erbbaurecht die Möglichkeit, den Vertrag auf eine Laufzeit von 100 Jahren zu verlängern. Außerdem zahlt die Stadt nach Ablauf des Erbbaurechts beim Geschosswohnungsbau eine 100-prozentige Entschädigung für den Restwert des oder der Gebäude.

Der LIG kauft auch als Dienstleister für andere Behörden Flächen an. So wurden im vergangenen Jahr 12,6 Hektar Grün­flächen für den Natur- und Landschaftsschutz erworben. Dabei handelte es sich zum Teil auch um Ausgleichsflächen. Allein 16,3 Hektar umfasst die Fläche der ehemaligen Wilhelmsburger Reichsstraße, die der LIG vom Bund erworben hat, damit dort Wohngebäude und Erholungsflächen entstehen können.

Hamburg will Vorkaufsrecht verstärkt ausüben

Umgekehrt hat der LIG an der Straße Am Neumarkt (Wandsbek) eine Fläche von 1,7 Hektar verkauft und so den Bau von 376 Wohnungen ermöglicht. Nach Verkauf einer städtischen Fläche in gleicher Größe am Airbusstandort Finkenwerder wird nun das Projekt „Elbair“ realisiert. In dem neuen Dienstleistungszen­trum mit Hotel und Supermarkt sollen 350 Arbeitsplätze geschaffen werden.

Um Spekulation und jahrelangem Leerstand von Wohnraum entgegenzuwirken, will der Senat verstärkt sein Vorkaufsrecht ausüben. Im Jahr 2021 hat der LIG 112 Verfahren eingeleitet, die eine Gesamtfläche von 15,1 Hektar umfassen. Davon wurden 34 Fälle zum Beispiel durch Verzicht des Eigentümers abgeschlossen, zehn weitere Fälle sind noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Insgesamt hat die Stadt bislang knapp 29 Millionen Euro für die Ausübung des Vorkaufsrecht ausgegeben. Der weitaus größte Teil der Ausgaben fällt auf Häuser in Gebieten der Sozialen Erhaltensverordnung.

Der LIG sieht sich auch als „Problemlöser“ für schwierige Immobilienprojekte. So stellt der Landesbetrieb dem FC St. Pauli Flächen an der Kollaustraße (Groß Borstel) für den Bau eines Nachwuchsleistungszentrums zur Verfügung. Auf dem Areal sollen sieben Sportplätze, Funktionsgebäude sowie weitere Nebenanlagen geschaffen werden. Dazu gehört eine Überschwemmungsfläche, deren Bebauung besonders anspruchsvoll ist.

Auf der öffentlichen Parkplatzanlage Hohe Straße/Rote-Kreuz-Straße im Harburger Phoenix-Viertel, die in städtischem Besitz ist, sollen 77 Wohneinheiten entstehen. Dazu hat der LIG die Fläche der Stadterneuerungsgesellschaft STEG anhand gegeben, die das Grundstück bebauen und schließlich erwerben wird.

Immobilien: LIG führt 65 Millionen Euro Gewinn an Hamburg ab

Der LIG hat das Geschäftsjahr 2021 mit einem Jahresergebnis von 154,9 Millionen Euro abgeschlossen. Nicht eingerechnet sind 65 Millionen Euro Gewinnabführung an den Haushalt der Stadt. Dressel dankte dem scheidenden LIG-Geschäftsführer Thomas Schuster, der zum 1. November Staatsrat in der Innenbehörde wird, für den Beitrag des Landesbetriebs zur Erreichung der stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen des Senats. „Erfreulich ist auch, dass eine Ablieferung in nicht unbeträchtlicher Höhe an den Haushalt der Freien und Hansestadt erfolgt­e“, sagte der Finanzsenator.

Das Anlagevermögen des Landesbetriebs Immobilienmanagements und Grundvermögen beläuft sich auf 4,69 Milliarden Euro (2020: 4,55). Zurzeit werden 4350 bestehende Erbbaurechte, 4000 Miet-, Pacht- und Nutzungsverhältnisse für unbebaute und landwirtschaftlich genutzte Grundstücke sowie rund 500 Wohn- und 200 Gewerbeobjekte betreut.