Hamburg. Investoren ringen um das Gelände der insolventen Werft. Nun zeichnet sich eine Lösung ab – und dahinter steht ein bekannter Name.
Seit der Insolvenz der Pella Sietas Werft im Sommer vergangenen Jahres wird um das 14 Hektar große Gelände an der Este-Mündung gerungen. Investoren aus dem In- und Ausland bemühen sich darum, das strategisch günstige Areal gleich hinter dem Sperrwerk zur Elbe zu übernehmen.
Jetzt zeichnet sich eine Lösung ab, die aus Hamburger Sicht viel Charme hat. Drei Investoren haben sich zusammengefunden, um das Werftgelände neu zu beleben. Anstatt Schiffsneubau, sieht ihr Geschäftsmodell aber die Abwrackung von Schiffen vor. Und hinter den Investoren steht ein in der Hansestadt bekannter Name: die traditionsreiche Schifffahrtsgesellschaft Laeisz.
Hafen Hamburg: Reboat will bei Pella Sietas Schiffe abwracken
Ihr Chef, der Hamburger Reeder Nikolaus H. Schües, hat zusammen mit dem Partnerunternehmen ReBoat den Plan ausgearbeitet. Sie wollen eine hochmoderne Abwrackwerft für kleine und mittelgroße Schiffe einrichten. Neben Schües stehen die beiden Gründer von ReBoat, Jens Mahnke und Mark Walberg, als Gesellschafter fest. Die Hamburger Firma Reboat ist das erste deutsche Unternehmen, das sich auf das vollständige Recycling von Schiffen spezialisiert hat.
Anstatt Schiffe an irgendwelche Schrotthändler zu verkaufen, die diese in Bangladesch – unter schlimmsten Umwelt- und Sozialbedingungen – von Einheimischen auseinanderbrechen lassen, trennt ReBoat die einzelnen Materialien sortenrein und verwertet sie einzeln. „Ich kann bestätigen, dass wir uns um das Gelände der Werft beworben haben“, sagte Jens Mahnke dem Abendblatt. „Es gibt aber noch keine Entscheidung.“
„Der Investorenprozess läuft noch"
Auch der Hamburger Insolvenzverwalter der Werft, der Rechtsanwalt Achim Ahrendt von der Sozietät Hermann Wienberg Wilhelm (hww), bestätigt dies. Ein Sprecher sagte: „Der Investorenprozess läuft noch. Das Interesse ist sehr groß. Zu einzelnen Bewerbern äußern wir uns nicht.“ Dennoch stößt das jüngste Angebot in Hamburg auf besonderes Interesse, nicht nur weil sich mit Laeisz und ReBoat zwei Partner gefunden haben, die die Branche sehr genau kennen.
Zum einen könnten unter ihrer Ägide bis zu 100 neue Arbeitsplätze auf der Pella Sietas Werft entstehen, die im Zuge ihrer Auflösung fast alle Mitarbeiter entlassen musste. Zum anderen haben sie mit ihrer Geschäftsidee ein Alleinstellungsmerkmal. Denn eine Werft zur geordneten Abwrackung von Schiffen gibt es in Deutschland kein zweites Mal. Zum Dritten käme auf das Werftgelände keine Unbekannte: ReBoat hat bereits 5000 Quadratmeter des Geländes für die Verwertung von Booten gepachtet. Jetzt sollen größere Schiffe folgen.
Vorschlag stößt in Hamburg auf Wohlwollen
Deshalb wird der Vorschlag auch in der Politik mit Wohlwollen aufgenommen. Nicht zuletzt, weil die Entsorgung von alten Schiffen vielfach mit Praktiken geschieht, die hierzulande als illegal bezeichnet werden, haben SPD und Grüne nämlich schon bei der Abfassung ihres Koalitionsvertrags 2020 vereinbart, dagegen ein Zeichen zu setzen.
So heißt es in dem Regierungspapier: „Für eine umweltgerechte Entsorgung von See- und Binnenschiffen nach Außerdienststellung beziehungsweise nach Havarien bestehen weder in Hamburg noch im übrigen Bundesgebiet ausreichende Kapazitäten. Die Koalitionspartner verfolgen das Ziel, geeignete Firmen für das Abwracken von See- und Binnenschiffen zu gewinnen und dafür gegebenenfalls auch geeignete Standorte zu finden. Darüber hinaus setzten wir uns dafür ein, dass das Thema auf Bundes- und Europaebene aufbereitet und vorangetrieben wird.“
Senat will offiziell nichts zu Vorgang sagen
Offiziell will der Senat nichts zu dem Vorgang sagen, über den zuerst die „Bild“ berichtete „Das Gelände ist in Privatbesitz. Zu Verhandlungen können wir uns nicht äußern“, sagte eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde. Sie fügte hinzu: „Die Stadt hat Interesse daran, dass das Gelände Industriegebiet bleibt.“ Hinter vorgehaltener Hand findet das Angebot aber Zuspruch.
Schües selbst ist noch zurückhaltend: „Man sollte nicht über ungelegte Eier reden“, sagte er salopp auf Anfrage des Abendblatts. Die Firma ReBoat hat seit ihrer Gründung 2020 mehr als 100 Boote fachgerecht entsorgt. In der Regel handelte es sich um herrenlose Jollen oder aufgegebene kleine Freizeitboote, wie sie in vielen Häfen zu finden sind. Jetzt sollen größere Schiffe folgen.
Schiffe konnten nicht ausgedockt werden
Unterdessen geht der Ausverkauf des Inventars der Pella Sietas Werft weiter. Große Teile des Maschinenparks wurden bereits veräußert. Auch das größte Ausrüstungsstück und Herz des einstigen Traditionsbetriebs in Neuenfelde, ein knapp 200 Meter langes Schwimmdock, kam unter den Hammer. Erworben hat es die Flensburger Schiffbaugesellschaft (FSG). Mehr als 4000 Objekte wurden verkauft. Noch am Platz ist ein Portalkran mit einer Traglast von 300 Tonnen .
Will der Senat allerdings tatsächlich, dass Schües und seine Mitstreiter zum Zug kommen, muss er dafür sorgen, dass der Werfthafen verlässlich ausgebaggert wird. Neben hausgemachten Problemen war Pella Sietas nämlich daran gescheitert, dass Schiffe wegen der Verschlickung nicht mehr ausgedockt werden konnten.
Hafen Hamburg: Pella Sietas Werft musste im Juli Insolvenz anmelden
Ende Juli vergangenen Jahres hatte die Werft Insolvenz angemeldet, nachdem die Banken den Geldhahn zugedreht hatten. Bis dahin galt das Unternehmen mit erster urkundlicher Erwähnung im Jahr 1635 als der älteste noch aktive Schiffbaubetrieb Deutschlands. Die Sietas Werft war zunächst Bauort von Küstenmotorschiffen (Kümos), Fischkuttern, Barkassen, Hafenschleppern und Schuten jeder Art.
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Später stieg sie sogar zu einem bedeutenden Frachtschiffbauer auf, bis ihr asiatische Werften den Rang abliefen. Nach einer ersten Insolvenz wurde das Unternehmen 2014 von der russischen Pella Gruppe übernommen, mit der Zusicherung, den Schiffbau mindestens acht Jahre lang weiterzuführen. Diesem Anspruch ist der Käufer nicht gerecht geworden.