Hamburg. Rabatt beim Autokauf? Keine Chance. Teuerung betrifft auch Neu- und Gebrauchtwagen. Marktkenner über den weiteren Trend.

Beim Autohaus Lensch stehen die Modelle von Opel, Smart und Kia dicht gedrängt in der Ausstellungshalle. Draußen auf dem Hof parken sie Stoßstange an Stoßstange, zudem bietet der Händler im Internet Hunderte Wagen an. Draußen vor der Filiale an der Barmbeker Straße steht unter anderem ein gebrauchter Smart. Der blaue Benziner wurde 2019 zugelassen und hat gut 9000 Kilometer auf dem Tacho. 13.950 Euro soll er kosten. Nein, ein Rabatt ist nicht drin, sagt der Verkäufer und schüttelt den Kopf.

Viel Geld für den kleinen Flitzer. Wer in diesen Tagen an den Automeilen der Hansestadt unterwegs ist, wird fast überall auf hohe Preise stoßen. Im September zahlten Käuferinnen und Käufer beim Erwerb eines Neuwagens durchschnittlich 42.560 Euro, ergab eine Analyse des Vergleichsportals Carwow. Das waren 26 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Damals wurde im Schnitt 33.719 Euro gezahlt.

Auto kaufen: Preise bei Neuwagen gestiegen

Kurt Kröger vom Autohaus Dello mit Marken wie Opel, Fiat oder Renault bestätigt den Trend: Die Preise bei Neuwagen seien gestiegen, sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Dello Gruppe. Er schätzt das Plus auf acht bis zehn Prozent gegenüber 2021. Die Hersteller wollten Geld verdienen, sagt Kröger.

Das tun sie, zeigt ein Blick auf die Geschäftszahlen der Konzerne: Besonders Volkswagen samt den Töchtern Audi und Porsche profitiert vom starken Preisauftrieb bei Neuwagen – und legte im ersten Halbjahr einen Gewinnsprung hin. Ebenso Mercedes-Benz und BMW, die zwar im zweiten Quartal deutlich weniger Fahrzeuge verkauften, aber dennoch blendend verdienten.

Autohäuser in Hamburg zufrieden

Zufrieden zeigen sich die Autohäuser in der Hansestadt. Die Krüll-Gruppe hat nach eigenen Angaben Umsatz und Ertrag zuletzt deutlich gesteigert. „Nachdem in den Vorjahren schon ausgezeichnete wirtschaftliche Ergebnisse erreicht wurden“, sagt Michael Babick, Sprecher der Geschäftsführung des Autohauses mit Marken wie Ford, Volvo oder Jaguar. Nun rechne man mit einer weiteren Verbesserung. Krüll gehe für 2021/2022 „von einer Ergebnisverbesserung von 15 Prozent zum bereits äußerst positiven letzten Geschäftsjahr aus“, so Babick.

Auch bei Porsche ist man guter Dinge. „Im ersten Halbjahr des Jahres 2022 haben wir in Deutschland 13.785 Fahrzeuge ausgeliefert, was einem Zuwachs von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht“, heißt es von dem Sportwagenbauer. Die beiden Standorte des Porsche Zentrums Hamburg stünden im Vergleich zu anderen Niederlassungen in Deutschland sehr gut da und lägen bei den Verkaufszahlen im oberen Drittel.

Nachfrage nach Gebrauchtwagen gestiegen

Der Markt hat sich von der anfänglichen Schockstarre in der Pandemie schon vor geraumer Zeit erholt, zeigen hohe Neuzulassungszahlen im September. Insbesondere Autos mit Elektromotor sind stark gefragt und profitieren von Subventionen. Ähnlich wie Neu- sind Gebrauchtwagen wie die Smarts bei Lensch in Winterhude erheblich teurer geworden.

Wegen der langen Wartezeiten bei fabrikneuen Fahrzeugen war die Nachfrage nach Gebrauchten deutlich gestiegen. Bei Dello rechnet man mit einem weiterhin stabilen Geschäft mit den Gebrauchten, sagt Gesellschafter Kröger. Die Unternehmensgruppe mit inzwischen mehr als 50 Händlerbetrieben kauft Secondhand-Fahrzeuge auch im Ausland zu.

Preisauftrieb bei Gebrauchtwagen ist offenbar gestoppt

Auf hohe Rabatte wie in der Vergangenheit dürfen Neuwagen-Kunden kaum hoffen, ergab die Auswertung von Carwow. Vor einem Jahr konnten Käuferinnen und Käufer demnach gegenüber dem Listenpreis durchschnittlich 10.458 Euro sparen. Kampagnen mit Nachlässen und anderen Verkaufsanreizen von den Herstellern gebe es derzeit nicht, bestätigt Dello-Gesellschafter Kröger. „Unsere Preise sind Endpreise“, heißt es auch bei Lensch.

Doch zumindest ist der starke Preisauftrieb bei Gebrauchtwagen offenbar gestoppt. Das geht aus den jüngsten Zahlen des Marktbeobachters DAT hervor. „Seit Sommer 2021 befanden sich die Gebrauchtwagenwerte in allen Fahrzeugsegmenten im Aufwärtstrend. Seit April 2022 verharren sie auf einem hohen Plateau“, sagt ein DAT-Sprecher. So lag der Restwert eines drei Jahre alten Benziners mit 45.000 Kilometern auf dem Zähler im August bei 67,7 Prozent des Listenneupreises. Im Juni 2021 waren es 55,5 Prozent gewesen. Bei Diesel lag der Wert für einen dreijährigen Wagen mit 60.000 Kilometern Laufleistung bei 65,1 Prozent, ein Jahr zuvor bei 52,8 Prozent.

„Die Preise werden weiter steigen“

Treiber der Preise war ein Mangel an Gebrauchten. Inzwischen zeigt sich allerdings, dass Autohändler die Fahrzeuge nicht mehr ganz so schnell verkaufen können. Die sogenannten Standtage nehmen seit einigen Monaten wieder zu, beobachtet DAT. Die Händler können die Gebrauchten also offenbar nicht mehr pro­blemlos zu den von ihnen verlangten Preisen verkaufen. In der Regel neigen Autohändler dazu, bei Fahrzeugen, die länger stehen, die Preise zu senken. Laut DAT kostet ein durchschnittlicher Standtag den Händler rund 25 Euro.

Für Neuwagen erwartet Carwow-Chef Philipp Sayler von Amende dagegen: „Die Preise werden weiter steigen.“ Und weil weiterhin die Lieferung wichtiger Bauteile stockt, bleibt es wohl auch bei oft langen Lieferzeiten für fabrikneue Fahrzeuge. „Es ist bereits absehbar, dass es bei einigen Modellen zu erhöhten Wartezeiten kommen wird“, heißt es etwa bei Porsche. „Unsere ursprüngliche Auslieferungsplanung mussten wir noch einmal anpassen.“

Auto kaufen: Kundschaft hält sich zurück

Die Gründe sind bekannt: Einschränkungen der Produktion durch den Krieg in der Ukraine sowie die angespannte Situation bei der Lieferung von Bauteilen. Doch nun ist mit der hohen Inflation und der Verunsicherung vieler Verbraucher, die ihren Konsum einschränken, eine Entwicklung eingetreten, die auch diese Branche trifft: Einige Hamburger Autohäuser beobachten, dass sich die Kundschaft seit einigen Wochen zurückhält. Insbesondere Privatkunden werden in den Ausstellungshallen seltener gesichtet.