Hamburg. Coffeecycle wurde als Schülerfirma gegründet. Jetzt kommen mehrere neue Produkte auf den Markt. Über das besondere Konzept.
Kaffee trinken und das Klima retten – das klingt nicht unbedingt nach einem Selbstgänger. Aber zwei junge Hamburger haben genau das vor. Leonardt Mücke und Liam Metzen machen aus altem Kaffeesatz wohlriechende Seifenstücke. „In jeder unserer Seifen stecken ungefähr sieben Gramm Kaffeesatz. Das ist etwa die Menge, die bei einem Espresso übrig bleibt“, sagt Leonardt Mücke.
Statt die Reste einfach als Müll zu entsorgen, verarbeiten die beiden sie in ihren Kaffeeseifen. „Coffeecycle“ haben sie ihre Firma genannt. So könne man den Kaffee gleich zweimal genießen – „und das mit derselben Menge an Bohnen“, so Liam Metzen. Das Ziel: eine Kreislaufwirtschaft.
Coffeecycle: Firma setzt auf „Upcycling“
Treffpunkt im Café Malina Stories in Barmbek – eine der wichtigsten Kaffeesatzquellen der beiden Gründer, die erst im Sommer Abitur gemacht haben. Inhaberin Kerstin Häseker brüht gerade einen Espresso auf, schlägt den Kaffeesatz in einen Behälter. Ein Stück weiter steht auf der Theke ein Ständer mit den Kaffeeseifen von Coffeecycle.
Das Stichwort lautet „Upcycling“, also scheinbar Nutzloses zu einem neuwertigen Produkt machen. „Unsere Seifen bestehen aus Oliven- und Kokosöl sowie Sheabutter, alles in Bio-Qualität“, sagt Leonardt Mücke. Mit dem Kaffeesatz kämen weitere wertvolle Rohstoffe dazu, die die Haut von toten Zellen und Verschmutzungen reinigen.
Coffeecycle-Seifen mit Pfirsich- und Orangenduft
Das Koffein sorge zudem für gute Durchblutung. Quasi als i-Tüpfelchen. Aktuell gibt es Coffeecycle-Seifen mit Pfirsich- und mit Orangenduft. Der Preis beträgt 9,90 Euro für ein 100-Gramm-Stück. Nicht gerade günstig. „Die Resonanz ist sehr gut. Vielen Kunden leuchtet das Konzept ein“, sagt Liam Metzen. Gut 3000 Seifen haben sie inzwischen schon verkauft. Neu ist eine Seifenschale im Angebot – natürlich auch mit reichlich Kaffeesatz hergestellt.
Das Potenzial ist gewaltig. Bundesweit landen im Jahr ungefähr 20 Millionen Tonnen Kaffeesatz im Müll. „Wir haben als Schüler im Café gejobbt und mitbekommen, welche Mengen das bei jeder Schicht sind“, sagt Leonardt Mücke. „Wir haben uns dann gefragt, was man dagegen tun könne.“
„Anfangs haben wir viel zu viel Kaffeesatz zugesetzt"
Als sie im Rahmen ihres Schwerpunkts Wirtschaft am Gymnasium Eppendorf eine Geschäftsidee entwickeln sollten, erfanden sie ihre Kaffeeseife. „Wir wollten etwas, das es so noch nicht gibt“, sagt Liam Metzen. Mit Erfolg. Im vergangenen Jahr schaffte es das Schülerteam bis ins Finale des bundesweiten Wettbewerbs business@school der Unternehmensberatung Boston Consulting Group.
Während in den meisten Fällen das Thema damit erledigt ist, machten Mücke und Metzen weiter. Im Sommer 2021, kurz vor Beginn ihres Abiturjahrs, gründeten die beiden Coffeecycle. Als Startkapital setzten sie ihre Verdienste aus den Schülerjobs als Barista ein – gut 7000 Euro. Um aus der Idee ein Produkt zu machen, haben die beiden, heute 18 und 19 Jahre alt, fast ihre gesamte Freizeit in das Start-up gesteckt. In der Küche ihrer Eltern machten sie sich ans Werk, testeten Rezepturen und Inhaltsstoffe. „Anfangs haben wir viel zu viel Kaffeesatz zugesetzt. Die Seife wurde steinhart“, erzählt Leonardt Mücke.
„Wir merken, dass die Nachfrage steigt“
Sie holten sich professionelle Unterstützung von einem Seifenproduzenten, probierten verschiedene Herstellungsverfahren aus, entwarfen eine Verpackung, suchten Cafés, die ihnen kostenlos Kaffeesatz überlassen – alles neben den Vorbereitungen für das Abitur. Im Dezember haben die Coffeecycle-Gründer ihre erste Seife auf den Markt gebracht.
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Inzwischen gibt es die Produkte auch bei Manufactum, in der Hafen-Spezerei und in mehreren Bio- und Unverpacktläden. „Wir merken, dass die Nachfrage steigt“, sagt Liam Metzen. Profitabel sei Coffeecycle aber bislang nicht. „Wir investieren alles wieder ins Unternehmen.“ Während andere Abiturienten durch die Welt reisen, Geld verdienen oder einen Freiwilligendienst absolvieren, wollen die Gründer bis zum Beginn des Studiums im nächsten Jahr ihr Geschäft weiter ausbauen.
Coffeecycle bringt neue Produkte auf den Markt
Aktuell machen sie das meiste selbst. Vom Abholen des Kaffeesatzes über das Trocknen, Reinigen bis zum Mahlen. Produziert wird die Kaffeeseife in einer norddeutschen Seifenmanufaktur. Als nächstes Produkt kommt im November eine Seife mit Kokosduft auf dem Markt. Auch ein Shampoo und ein Gesichtspeeling sind in der Entwicklung. Parallel läuft die Suche nach neuen Vertriebsquellen. Es gebe inzwischen auch Interesse von größeren Handelsketten, sagen die jungen Gründer. Langfristig, so der ehrgeizige Plan, könne mit ihrer Idee jedes Café in Hamburg frei von Kaffeeabfällen werden.