Hamburg/Berlin. Hamburger Firma als bestes Start-up des Landes ausgezeichnet. Gründerinnen wollen Verpackungen aus Getreideresten herstellen.
Erst vor gut einer Woche haben Anne Lamp und Johanna Baare mit ihrem Team von Traceless den Hamburger Gründerpreis als bestes Start-up der Hansestadt entgegengenommen. Der Applaus der mehr als 550 geladenen Gäste in der Fischauktionshalle war laut und anhaltend. Am Dienstagabend haben sie nun nachgelegt und in Berlin auch den Deutschen Gründerpreis erhalten – für eine Geschäftsidee, die womöglich einer ökologischen wie ökonomischen Revolution gleichkommt.
Denn ihr Unternehmen Traceless (spurlos) arbeitet daran, eine umweltverträgliche Alternative zu herkömmlichem Plastik zu entwickeln. Das ehrgeizige Ziel des im Jahr 2020 in Hamburg gegründeten Unternehmens, das inzwischen gut zwei Dutzend Beschäftigte hat: Verpackungsmaterial, Einwegbesteck sowie Folien aus Getreideresten herzustellen, die dann innerhalb weniger Wochen restlos verrotten und nicht wie ihre Kunststoffalternativen jahrzehnte- oder gar jahrhundertelang die Umwelt belasten.
Traceless holt sich auch den Deutschen Gründerpreis
Zwei Jahre nach der Gründung hat Traceless nicht nur zwei der begehrtesten Start-up-Preise bundesweit abgeräumt, das Unternehmen steht vor einem weiteren Meilenstein. Der Onlinehändler Otto will das Material für Versandtaschen testen. „Sie werden gerade produziert“, sagt Baare.
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Die Wirtschaftswissenschaftlerin ist die Frau für die Zahlen. Die promovierte Verfahrenstechnik-Ingenieurin Lamp hat an der Technischen Universität Hamburg die Technologie entwickelt, wie aus pflanzlichen Produktionsabfällen, die nurmehr als Tierfutter taugen, ein Stoff wird, der das Potenzial hat, eines der drängenden Probleme der Menschheit mindestens zu einem Teil zu lösen.
Otto und Lufthansa wollen mit dem Unternehmen arbeiten
Ökoplastik gibt es zwar längst in vielen Varianten. Bislang aber sind diese Materialien den Beweis schuldig geblieben, dass sie wirklich die gleichen Eigenschaften haben wie herkömmliches Plastik, aber trotzdem in der Natur schnell und spurlos verrotten. Traceless – darauf deutet alles hin – hat die Lösung gefunden. Auch die Lufthansa ist auf das Unternehmen bereits aufmerksam geworden und will nun Verpackungen für die Bordverpflegung aus dem Traceless-Material testen.
Wobei Lamp und Baare nicht selbst Besteck, Essschalen und Verpackungsfolie herstellen wollen. Sie liefern den Produzenten den Grundstoff dafür, ein Granulat. „Es kann mit denselben Maschinen verarbeitet werden, die Kunststoffgranulat verarbeiten“, sagt Anne Lamp.
Gründerpreis für Traceless: Finanzierungsrunde läuft
Anwendungsforschung und Granulatproduktion in kleinem Maßstab laufen aktuell in einem Innovationspark in Buchholz. In zwei Jahren soll in einer neuen Anlage sehr viel mehr Granulat hergestellt werden. Derzeit ist eine Finanzierungsrunde in vollem Gange. Dabei können sich die Gründerinnen ihre Geldgeber quasi aussuchen – so groß ist das Interesse. Über den Standort der Produktion soll bis Jahresende Klarheit herrschen. Nur so viel verrät Lamp: „In Norddeutschland.“ Auch Hamburg macht sich Hoffnungen.
Kennengelernt haben sich Lamp und Baare übrigens in einem Start-up-Förderprogramm. „Wir sind danach in Kontakt geblieben. Und als ich bereit zur Gründung war, war sie die perfekte Gründungspartnerin“, erzählt Lamp über Baare. Der Gewinn der Gründerpreise dürfte die Unternehmerin in ihrer Einschätzung bestätigen.