Hamburg. Nivea-Hersteller will sich auf Innovationen konzentrieren und hält Nordamerika für den Wachstumsmarkt der Zukunft.
Wenn ein Unternehmen rund zehn Journalisten zu einem Kennenlerngespräch mit vier seiner Vorstände einlädt, dann ist das eine Besonderheit. Wenn sich die Hamburger Beiersdorf AG zu so einer Veranstaltung entschließt, kann man schon fast von einer Revolution sprechen. Denn in der Vergangenheit hat sich der Nivea-Hersteller außerhalb der offiziellen Zahlenvorlagen doch sehr verschlossen gegeben.
Dahinter steckte auch die von der Miteigentümerfamilie Herz ausgegebene Strategie: Nicht einzelne Menschen sollten im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen, sondern die Produkte. Die Veranstaltung am Montagabend im Nivea-Haus am Jungfernstieg könnte der Auftakt zu einer neuen Form der Öffentlichkeitsarbeit gewesen sein.
Beiersdorf steigert Gewinn und Umsatz
Der Termin fällt in eine Zeit, in der Beiersdorf – trotz Corona, Ukraine-Krieg und hohen Inflationsraten – von gut laufenden Geschäften berichten kann. So legten die Erlöse im ersten Halbjahr um 15,5 Prozent auf rund 4,48 Milliarden Euro zu. Der Gewinn vor Steuern (Ebit) stieg um 23,4 Prozent auf 697 Millionen Euro.
Auch der Aktienkurs des DAX-Konzerns entwickelt sich seit Jahresbeginn deutlich besser als der Markt. Und Vorstandschef Vincent Warnery, der das Unternehmen seit Mai 2021 lenkt, will diese positive Entwicklung mit einer „klaren Fokussierung aufs Wesentliche“ vorantreiben, wie er am Montagabend sagte.
Anti-Pigment-Creme von Beiersdorf als Innovation
Man wolle sich auf „große Innovationen“ konzentrieren, sich nicht im Klein-Klein verlieren, so Warnery. Gitta Neufang, im erweiterten Vorstand für Forschung und Entwicklung zuständig, verwies in diesem Zusammenhang auf eine neue Anti-Pigment-Creme, an deren Wirkformel man zehn Jahre lang gearbeitet habe.
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Zudem versuche der Konzern digitale Technologien und Hautpflegeprodukte zu kombinieren – ein Zukunftsmarkt für die Hamburger. So würden aktuell 15.000 Probandinnen mit einem Testgerät täglich ihre Hautbeschaffenheit überprüfen. Beiersdorf könne so Rückschlüsse auf die Auswirkungen von Sonne, Kälte und anderen Umweltfaktoren auf die Haut ziehen und passende Produkte entwickeln.
Beiersdorf: „Nivea ist eine Marken-Ikone“
Warnery hob auch die Bedeutung der globalen Marke Nivea hervor. Sie müsse gestärkt werden – und zwar weltweit. „Wir haben mit Nivea eine Marken-Ikone“, sagte Grita Loebsack, die seit Januar 2022 im Vorstand für Nivea zuständig ist.
Um die Marke noch bekannter zu machen, kündigte Loebsack einen größeren Fokus aufs digitale Marketing an. Man wolle unter anderem noch stärker mit Influencern in den sozialen Netzwerken wie Instagram kooperieren.
Festes Mikroplastik soll verschwinden
Des Weiteren machte Vorstandschef Warnery klar, dass Beiersdorf das Thema Nachhaltigkeit weiter vorantreiben wolle. Schon seit 2021 seien die Produkte der Marke Nivea frei von festem Mikroplastik, ergänzte Neufang. Bei Eucerin soll dies 2023 so weit sein. Zudem strebe man danach, Mineralöle in den Produkten zu ersetzen.
Mit Blick auf die weltweiten Absatzmärkte nehmen Warnery und sein Team nun vor allem Nordamerika ins Visier. Der für Europa, USA und Kanada zuständige Vorstand, Oswald Barckhahn, strebt einen Jahresumsatz von einer Milliarde Euro in Nordamerika an. 2021 lagen die Erlöse dort bei 646 Millionen Euro.
Neben seinen Wachstumsplänen für Nordamerika, gab Barckhahn auch Einblick in die Preisverhandlungen diesseits und jenseits des Atlantiks. In Europa wolle der Handel vor allem billig einkaufen, in den USA gehe es primär um Wachstum, dort spiele der Preis nicht die entscheidende Rolle. Für Deutschland kündigte Barckhahn wegen der gestiegenen Energie- und Lohnkosten jedenfalls weitere Gespräche mit dem Handel an, die hart werden dürften. Für ihn steht fest: „Auch wir müssen unsere Preise erhöhen“.