Hamburg. Schiffbau-Studie der IG Metall offenbart drastischen Stellenabbau. Gewerkschafter fordert mehr Aufträge an inländische Betriebe.
Die IG Metall hat keine guten Nachrichten für die Werftenbranche: „Der Beschäftigungsabbau verläuft zuletzt noch deutlich dramatischer als in den vergangenen beiden Jahren“, sagte Thorsten Ludwig, Forschungsleiter bei der Agentur für Struktur- und Personalentwicklung (AgS), die im Auftrag der Gewerkschaft eine Studie zur Arbeitsplatzsituation im Schiffbau erarbeitet hat.
Insgesamt gingen demnach 2626 Arbeitsplätze im Vergleich zu 2021 verloren. Hauptursache war die Insolvenz der MV Werften (Stralsund/Wismar/Warnemünde), allein in Mecklenburg-Vorpommern wurden 1860 Stellen abgebaut. Doch auch Hamburg war mit dem Verlust von 430 Arbeitsplätzen stark betroffen – dies entspricht immerhin einem Rückgang um fast ein Viertel auf nur noch 1344 Stellen im Werftenbereich.
Dramatischer Stellenabbau in Hamburg: "Reeder verdienen sich goldene Nase"
IG-Metall-Bezirksleiter Daniel Friedrich warnte davor, auch in diesem Wirtschaftssektor in eine Abhängigkeit von Staaten wie China und Korea hineinzurutschen. „Schiffbau ist kritische Infrastruktur“, so Friedrich. „Ich befürchte aber, dass das in der Politik nicht so wahrgenommen wird.“
Gleichzeitig appellierte er an die Schiffseigner, Neubauaufträge nicht stets aus Kostengründen ins Ausland zu vergeben, sondern die heimische Industrie zu stützen: „Man sieht, dass sich die Reeder jetzt eine goldene Nase verdienen. Sie könnten die Mehrkosten locker tragen.“
Im Hinblick auf die Auftragsentwicklung hellen sich die Erwartungen leicht auf. „Da kann es aber eigentlich auch nur noch aufwärtsgehen“, sagte Ludwig. In immerhin 27 Prozent der Werftbetriebe und -Standorte geht man nun davon aus, dass sich die Auftragslage in den nächsten beiden Jahren verbessert. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 glaubte man das nur in 15 Prozent der Betriebe.
Werften fahren Ausbildung zurück: "Nicht akzeptabel"
Im Kreuzfahrtbereich gäben die vor allem in Nordamerika steigenden Buchungszahlen Anlass zur Hoffnung auf neue Auftragseingänge, so Ludwig, und im Marineschiffbau gehe die große Mehrheit der Befragten vor dem Hintergrund der Investitionsplanungen des Bundes von einer positiven Entwicklung aus. In mehr als der Hälfte aller Werften arbeite man an einer Erweiterung des Produktportfolios. Das betreffe zum Beispiel unbemannte U-Boote zur Kampfmittelbeseitigung, Offshore-Service-Schiffe, Yachten oder emissionsfreie Schiffstypen.
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Aus Sicht von Friedrich ist es „nicht akzeptabel“, dass die Werften die Ausbildung zurückfahren. Die Ausbildungsquote, die um 2010 noch bei etwa acht Prozent lag, ist auf 6,2 Prozent gesunken. Dabei handelt es sich schon bei 27 Prozent aller Ausbildungsverhältnisse um duale Studiengänge, während der Anteil der gewerblichen Ausbildungen stark abnimmt. „Wenn die Werften zu reinen Ingenieurgesellschaften werden, stellt sich die Frage, wer die Schiffe, die wir in Deutschland brauchen, dann noch baut“, so Ludwig.