Hamburg. Flugzeugbauer übergibt bis August nur 382 Maschinen an Kunden. 700 sollen es am Jahresende sein. Woran es hakt.

Airbus muss in den nächsten Monaten ordentlich Tempo machen, um das gesteckte Auslieferungsziel zu erreichen. Im August habe der Flugzeugbauer 39 Jets an 22 Kunden ausgeliefert, teilte der DAX-Konzern mit.

Im laufenden Jahr gingen damit 382 Maschinen an 62 Flug- und Leasinggesellschaften. Ende Juli hatte Airbus bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen das Auslieferungsziel für 2022 von etwa 720 auf rund 700 gesenkt. Also müssten noch 318 Flieger fertig werden.

Airbus: Derzeit fehlen massiv Triebwerke

Der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt zweifelt das Gelingen an. „Das Auslieferungsziel für dieses Jahr ist nicht realistisch“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion und benannte das gravierendste Problem: „Die Triebwerkshersteller können nicht schnell genug liefern.“

26 „Gleiter“ hätten Ende Juni auf den Werksgeländen in Hamburg und Toulouse gestanden, hatte Airbus-Vorstandschef Guillaume Faury vor einem Monat gesagt. Heißt: Die Maschinen sind im Prinzip endmontiert, es fehlen nur noch die (nicht ganz unwichtigen) Triebwerke.

Airbus: Zahl der „Gleiter“ soll bis Dezember auf null sinken

„Wir gehen nicht davon aus, dass diese Zahl signifikant steigen wird“, sagte ein Airbus-Sprecher auf Anfrage zu den „Gleitern“. Im Gegenteil: Bis Dezember werde die Zahl Schritt für Schritt auf null sinken.

Während der Corona-Krise hatte der Flugzeugbauer die Produktion um etwa ein Drittel gedrosselt. Entsprechend mussten auch die Zulieferer ihre Fertigung runterschrauben. Doch schon seit einiger Zeit sieht man wieder Licht am Horizont.

Airbus: Zulieferer zweifelten offenbar an Airbus-Hochlaufplänen

Die Rate soll von 40 Flugzeugen der A320-Familie pro Monat wieder deutlich steigen. 65 waren ursprünglich für Mitte nächsten Jahres geplant, später wurde dieses Ziel auf Anfang 2024 gestreckt. Man habe die Zulieferer im ersten Halbjahr 2021 über die Pläne informiert, einige hätten diese aber später umgesetzt als gefordert, sagte der Airbus-Sprecher.

Für Großbongardt ist der Hintergrund klar, denn so mancher Zulieferer hätte Zweifel an den Hochlauf-Plänen gehabt. In der Krise bauten zudem viele Hersteller Arbeitsplätze ab, auch weil es in anderen Ländern zum Beispiel keine Regelungen wie das Kurzarbeitergeld gab. Entsprechend fehlt den Unternehmen nun das Personal für den Hochlauf. Insbesondere der Triebwerksbau sei hochkomplex, die Hersteller benötigten einen Vorlauf von bis zu 1,5 Jahren.

Airbus spricht von Herausforderungen im System

Hinzu kommen die bekannten Probleme bei den Lieferketten, sodass nicht alle Materialien vorhanden sind – und die Trägheit des Systems Luftfahrt. „Das ist ein großer Tanker, den man jetzt beschleunigen muss“, sagte Großbongardt und hält daher auch den geplanten Hochlauf der Fertigung für nicht realistisch: „Es knirscht im Hintergrund bei den Zulieferern sehr laut. Es herrscht dicke Luft.“

Der Airbus-Sprecher sprach von Herausforderungen für das System. Daher solle der weitere Hochlauf der Produktion auf 75 A320-Flieger pro Monat im Jahr 2025 nun weniger steil erfolgen.

Großbongardt hält 600 bis 650 Auslieferungen für realistisch

Grundsätzlich sind heiße Endspurts bei Airbus nichts Ungewöhnliches. In den vergangenen Jahren wurden stets im letzten Quartal die Auslieferungen hochgefahren. Und im Sommer 2018 standen sogar 100 „Gleiter“ auf den Betriebsflughäfen. Der Luftfahrtexperte hält die Situation aber nicht für vergleichbar.

Damals seien technische Probleme eines neues Triebwerkstyps zu lösen gewesen. „Dieses Mal umfasst das Problem das ganze Produktionssystem und nicht nur ein Bauteil – das macht es so schwierig“, sagte Großbongardt. Für dieses Jahr hält er eine Auslieferungszahl im Bereich von 600 bis 650 Airbus-Maschinen für realistisch.