Hamburg. Cut Power will in den nächsten drei Jahren 6000 Anlagen bundesweit installieren. Exklusiver Auftrag am Schloss Sanssouci.

Ein Hamburger Unternehmen will den boomenden Markt der E-Mobilität aufmischen. Was am Alten Wall mit der Station „Schnell Watt laden“ schon Wirklichkeit ist, soll bald überall im Land möglich sein – sein Auto binnen weniger Minuten aufladen. Cut Power plant in den kommenden Jahren mehr als 1000 Standorte mit Schnellladestationen zu betreiben. Gelingt das Hochfahren, hätten die Hamburger in einem zersplitterten Markt einen Anteil von rund 15 Prozent. „Unser Ziel ist es, bis 2025 an rund 1000 Stationen in Deutschland 6000 Schnellladesäulen zu bauen. Wir sind das führende unabhängige Unternehmen im Markt“, sagt Firmengründer Karl Eberhard Hunke.

Die E-Mobilität wälzt das Autoland um: 2030, so sehen es Studien voraus, sollen auf Deutschlands Straßen 15 Millionen E-Autos unterwegs sein, zugleich würden dann eine Million Ladepunkte benötigt. Klar ist: Der Ausbau der Infrastruktur muss sich beschleunigen, um mit der wachsenden Nachfrage Schritt zu halten.

Elektromobilität: Mehr Ladepunkte für die Innennstadt

„Während im Jahr 2019 noch acht Elektroautos auf einen öffentlichen Ladepunkt kamen, sind es im Jahr 2021 bereits 23 Fahrzeuge“, kritisiert die KfW in einer aktuellen Studie. Derzeit sind in der Bundesrepublik 63.570 Ladesäulen in Betrieb, rund 10.000 davon sind Schnellladesäulen. Von diesen wiederum gelten 3500 als superschnell – Cut Power hätte demnach bei diesen Hochleistungsanlagen einen Marktanteil von zehn Prozent.

Gerade in den Innenstädten, so zeigt die KfW-Studie, würden überproportional mehr schnelle und superschnelle Ladepunkte benötigt: „Der künftige Ausbau öffentlicher Lademöglichkeiten wird verstärkt die Ballungsgebiete betreffen, sodass insbesondere die Großstädte gefordert sein werden.“ Daran glaubt auch Hunke: Er erwartet, dass sich die „langsamen“ Wechselstrom-Wallboxen im öffentlichen Raum nicht durchsetzen. Diese Ladepunkte seien eher etwas für zu Hause oder Firmenparkplätze, auf denen die Fahrzeuge ohnehin mehrere Stunden parken. In der Stadt für zwischendurch müsse es schnell gehen, sprich das Auto in 30 Minuten bis drei Stunden geladen werden - „der typischen Parkhausnutzung“.

Stromnetz Hamburg hat Preise erhöht

Hier kommen die Gleichstrom-Schnellladestationen ins Spiel, die Cut Power von einem Hersteller aus Südtirol bezieht. Sie verkürzen das Aufladen wie am Alten Wall deutlich und werden stark nachgefragt: „Nach fast 150 Tagen ist das der innerstädtische Ladestandort mit der höchsten Nachfrage in ganz Deutschland.“ Die Kosten sind mit 69 Cent pro Kilowattstunde höher als die der Konkurrenz. Stromnetz Hamburg hat seine Preise aber zuletzt kräftig erhöht – dort zahlt man an öffentlichen Ladesäulen statt 32 Cent/kWh nun 44 Cent/kWh beziehungsweise 50 Cent bei Schnellladesäulen. Hinzu kommt eine Abrechnungspauschale von 2,06 Euro pro Ladevorgang.

Hunke bezweifelt, dass der Preis entscheidet. Er vertraut auf die alte Immobilien-Weisheit „Lage, Lage, Lage“, auf eine hohe Verlässlichkeit und Service. Früh setzte Cut Power auf Benutzerfreundlichkeit, die Stationen wurden überdacht, zudem soll es Toiletten und einen begehbaren Kiosk geben, den man mit der Kundenkarte öffnen kann. Knapp 100 Stationen, sogenannte Charging Hubs, mit 350 superschnellen Ladepunkten betreibt Cut Power bereits, 120 weitere sind in Planung, Vorlauf oder im Bau.

Burger-King-Restaurants sind wichtiger Parnter

Ein wichtiger Partner sind Burger-King-Restaurants in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg, auf deren Parkplätzen Ladestationen entstehen. Weitere Standorte haben sich die Hamburger vertraglich gesichert. Marktführer in der Bundesrepublik ist derzeit die EnBW Mobility mit 3777 Ladesäulen vor der E.on-Tochter Charge-on mit 2171 Säulen.

Seinen Optimismus gründet Hunke darauf, dass sein Hamburger Unternehmen in einem Markt der multinationalen Konzerne einen Vorteil hat – die Unabhängigkeit und Schnelligkeit: Cut Power bietet Unternehmen Ladestationen als Infrastrukturdienstleister auch „hinter der Schranke“ an, etwa für die Volvo-Zentrale in Köln. Wichtiger ist der Betrieb von Schnellladestationen auf eigene Rechnung – dabei richtet sich Cut Power mit einem eigenen Ladekarten-System direkt an die Endkunden.

Krieg in der Ukraine hat Unternehmen getroffen

Die schwierige Lage an den Märkten hat Cut Power nach Auskunft von Hunke „nur gebremst, nicht gestoppt“. Neben den gestörten Lieferketten und Personalengpässen, hat die Eskalation in der Ukraine die Hamburger getroffen. So kam der Stahl für die Trafo-Anlagen aus Russland, die Wickelarbeiten für das Innenleben der Anlagen aus der Ukraine.

Das bremst den Optimismus bei Hunke aber nicht aus: „Als kapitalmarktkompetentes Team sind wir mit einem kleinen, aber schlagkräftigen Unternehmen erfolgreich unterwegs.“ Cut Power begann als Nachhaltigkeitsinvestor mit der Energieoptimierung von Immobilien und hat sich zuletzt mehr und mehr zum Elektromobilität-Anbieter gewandelt. „Wir haben noch nie rote Zahlen geschrieben und unseren Umsatz binnen zwei Jahren verdreifacht“, sagt Hunke.

„Viele Standorte sind bereits profitabel“

Zuletzt stieß Hans-Martin Rüter als Aufsichtsrat hinzu, der lange als Vorstand ­Conergy leitete. 2015 wandelte sich Cut Power in eine Aktiengesellschaft um, ein Börsengang wird angestrebt. „Der Markt ist im Aufbruch und sehr dynamisch. Viele liefern sich ein Windhundrennen um die besten Standorte. Da ist Cut Power mit rund 1000 gesicherten Standorten gut aufgestellt“, sagt Rüter. „Viele Standorte sind bereits profitabel.“

Das unterscheidet die Hamburger vom Markt: Laut KfW waren die Nutzungsraten öffentlicher Ladepunkte in den Jahren 2019 und 2020 eher gering, sodass nur wenige Ladeparks rentabel sind. Hunke hält einen Börsengang in den nächsten zwei Jahren für möglich. „Derzeit konzentrieren wir uns jedoch auf die Steigerung der Rollout-Geschwindigkeit.“ Die Projekt-Pipeline beträgt mehr als 500 Millionen Euro, wobei eine Station ein Investitionsvolumen von rund 500.000 Euro hat. Insgesamt wollen die Hamburger in den nächsten fünf Jahren Anlagen für mehr als 600 Millionen Euro besitzen und betreiben. Auf Expansion sind auch die Büroräume an der Spitalerstraße ausgelegt – Fitness-Club inklusive.

Elektromobilität: Cut Power „Hoflieferant“ für Sanssouci

Abgesehen von höheren Strompreisen und Lieferschwierigkeiten sieht Hunke den größten Flaschenhals bei den Behörden. „Bauämter und Netzbetreiber verzögern und verhindern den schnellen Ausbau von Ladeinfrastruktur auf vielfältige Art und Weise“, kritisiert Hunke. „Wir warten seit sechs Monaten auf Stromanschlüsse für Stationen.“ Erschwerend kommt hinzu, dass die von EU-Seite vorgeschriebene Trennung von Netzbetreiber und Vertrieb nicht funktioniert. Hunke verweist auf das Hamburger Beispiel: So baut und betreibt Stromnetz Hamburg 1000 städtische Ladestationen. Den Strom bezieht die städtische Tochter von Hamburg Energie, ebenfalls im Besitz der Freien und Hansestadt.

Seit Kurzem ist Cut Power gar „Hoflieferant“, wie Hunke es nennt: „Wir haben den Zuschlag erhalten, exklusiv die Parkplätze der Preußischen Schlösser wie Sanssouci, Schloss Charlottenburg, Jagdschloss Grunewald mit Ladeinfrastruktur auszurüsten.“ Überhaupt hat Hunke ein Faible für Leuchtturmprojekte. In der Innenstadt von Paris will sein Unternehmen ein Parkhaus zu einem Mega-Urban-Charging Hub mit über 100 Ladeplätzen umwandeln. Für die Hamburger, ist sich Hunke sicher, hat der Weg an die Spitze gerade erst begonnen.