Hamburg. Öl, Nudeln, Fleisch – alles wird teurer. Die Konsumenten kaufen bereits weniger ein. Wie Hamburger Händler die Situation einschätzen.

Für lange Zeit war Inflation für die Hamburger nicht wirklich ein Thema. Teuerungsraten von einem bis zwei Prozent machten sich im Alltag eben kaum bemerkbar. Doch mit dieser Ruhe ist es seit dem Sommer vergangenen Jahres vorbei – und seit Frühjahr 2022 steigen die Verbraucherpreise in der Hansestadt sogar um rund sieben Prozent im Zwölfmonatsvergleich (siehe Grafik).

Dabei wird die Inflation gerade von zwei Bereichen des täglichen Bedarfs hochgetrieben, die man nicht umgehen kann: Energie verteuert sich am kräftigsten, gefolgt von Nahrungsmitteln. Und bei beiden ist ein Ende der Preissteigerungen nicht abzusehen. Aber welche Lebensmittel haben sich besonders stark verteuert? Wie reagieren die Verbraucher darauf und worauf müssen wir uns noch einstellen? Hier die wichtigsten Antworten dazu.

Welche Lebensmittel besonders teuer sind

Ganz oben auf der Liste stehen Speiseöle, die traditionell vor allem aus der Ukraine und aus Russland importiert wurden – solche Produkte sind nach Angaben des Statistischen Bundesamts jetzt um mehr als 80 Prozent teurer als vor einem Jahr. Ebenfalls besonders starke Preissteigerungen weisen Getreideprodukte wie Weizenmehl und Nudeln auf.

Fleisch vom Rind, Schwein sowie Geflügel ist um immerhin 30 bis 36 Prozent teurer geworden. Hier dürften sich die hohen Preise für Futtermittel und Energie auswirken – auch dabei sind die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs deutlich spürbar. Es gibt aber Lebensmittel, die zuletzt sogar günstiger geworden sind. Dazu zählen heimische Salate, Suppengemüse und Kohl.

Preise steigen – das sagen Verbraucherschützer

„Die Verbraucher beschäftigen die Preiserhöhungen sehr. Wir haben deutlich mehr Beschwerden. Das ist die Nummer eins bei den E-Mails“, sagt Armin Valet von der Hamburger Verbraucherzentrale. Die Preisspirale werde sich angesichts des Kriegs in der Ukraine und den Gasengpässen mindestens bis ins nächste Jahr weiterdrehen. „Da können wir keine Entwarnung geben.“ Der Lebensmittelexperte erwartet zudem, dass sogenannte versteckte Preiserhöhungen durch Mogelpackungen bis zum Jahresende zunehmen könnten.

„Das braucht in der Regel ein halbes Jahr Vorlauf.“ Schon jetzt gebe es Trittbrettfahrer, die die allgemeinen Preissteigerungen ausnutzen würden, sagt er. So sei unverständlich, warum eine Konfitüre plötzlich 20 Prozent teurer sei, obwohl die Früchte bereits im vergangenen Jahr geerntet und verarbeitet wurden. „Solche Fälle sind aber schwer nachweisbar.“

Hohe Preise – weniger Konsum?

Rechnet man die Preissteigerungen heraus (reale Betrachtung), so haben die Einzelhandelsunternehmen insgesamt nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamts im Juni ein Umsatzminus von 8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat Juni 2021 hinnehmen müssen. Das ist der stärkste Rückgang seit Beginn der Zeitreihe 1994. Die hohen Preissteigerungen würden „das Konsumklima spürbar beeinträchtigen“, heißt es von den Statistikern dazu.

Im Lebensmitteleinzelhandel war das Minus von 7,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat nicht ganz so ausgeprägt. Doch liege der Umsatz im Einzelhandel mit Lebensmitteln in konstanten Preisen „auf dem tiefsten Stand seit Juni 2016“, so die Behörde. Nach Angaben des Marktforschungsinstituts GfK gewinnen die Eigenmarken der Supermärkte und Discounter an Marktanteilen, während die – in der Regel teureren – Herstellermarken an Boden verlieren.

Wie reagiert der Einzelhandel?

„Wir verkaufen deutlich mehr Sonderangebotsartikel aus der Werbung“, sagt Edeka-Kaufmann Jörg Meyer, der zehn Supermärkte in Hamburg und im Umland betreibt. Auch die Edeka-Eigenmarke Gut & Günstig werde spürbar mehr nachgefragt. „Dabei geben wir nicht die kompletten Preiserhöhungen der Industrie weiter. Wir subventionieren bestimmte Produkte wie etwa Fleisch, Quark oder auch Sonnenblumenöl und verzichten auf Gewinne.“ Für den Handel habe das weitreichende Folgen.

„Wir müssen uns klar machen, dass wir ein schlechtes Jahr haben“, sagt der Einzelhändler. Im Moment sieht er die Lage noch gelassen. „In der Corona-Pandemie hatten wir zwei Jahren mit hohen Umsätzen und konnten Reserven aufbauen.“ Ähnlich bewertet Edeka-Kaufmann Volker Klein die Lage. „Die Folgen sind je nach Einzugsgebiet unterschiedlich“, sagt er. Aber selbst in Kleins Märkten in Wedel und am Elbe Einkaufszentrum mit solventer Kundschaft macht sich der Wandel bemerkbar. „Der Durchschnittsbon ist gesunken. Es wird nicht nur preisbewusster, sondern auch weniger gekauft.“

Wie kann man beim Einkauf Geld sparen?

Auf Sonderangebote im Laden achten, auch mal die günstigeren Handelsmarken von Edeka, Rewe & Co. in den Einkaufswagen legen. Und: Je nach Saison sinken Preise von heimischem Obst und Gemüse (siehe Grafik) teilweise erheblich. Verbraucherschützer raten zudem, sich eine Einkaufsliste zu machen und auch daran zu halten. Gerade sogenannte Impulskäufe, auch wenn es scheinbar Schnäppchen sind, erhöhen die Ausgaben in der Regel beträchtlich.

Weitere Möglichkeiten sind Smartphone-Apps, die alle Supermarktketten und Discounter anbieten und die auf registrierte Kunden zugeschnittene Rabatte, Coupons oder Treuepunkte offerieren. Das kann viel Geld sparen, dafür gibt man aber im Gegenzug persönliche Daten über sich und sein Kaufverhalten preis.

Eine weitere Einsparmöglichkeit, die auch noch nachhaltig ist: Viele Geschäfte bieten Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum in Kürze abläuft, günstiger an. So führt etwa Lidl nach einer Pilotphase deutschlandweit im Rahmen des genannten „Rette mich“-Konzepts die Rettertüte mit weniger perfektem, aber verzehrfähigen Obst und Gemüse zum rabattierten Einheitspreis von drei Euro ein.

Lebensmittelpreise – wie geht es weiter?

Offenbar müssen sich die Verbraucher auf eine weitere Verteuerung der Lebensmittel einstellen. Einer aktuellen Umfrage des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo zufolge lagen im Juni die Preiserwartungen der Einzelhändler für Nahrungs- und Genussmittel bei 98,9 Punkten. Das bedeutet nach Angaben des Instituts, dass „fast jeder befragte Händler“ höhere Preise plant.

Der Handelsexperte Aurélien Du­thoit vom Kreditversicherer Allianz Trade (früher: Euler Hermes) ging bereits im Mai davon aus, dass die Preise im deutschen Lebensmitteleinzelhandel in diesem Jahr um mehr als zehn Prozent anziehen würden. „Umgerechnet entspricht das durchschnittlich 250 Euro Mehrkosten im Jahr pro Kopf“, so der Experte.

Wie teuer sind Lebensmittel in Europa?

Deutschland gilt allgemein als einer der Staaten mit den niedrigsten Nahrungsmittelpreisen in Europa. Das Statistische Bundesamt hat kürzlich einen Vergleich veröffentlich, der sich auf die Fleischpreise bezieht. Demnach ist Fleisch zwar in wenigen europäischen Ländern – etwa in der Schweiz und in Norwegen – deutlich teurer als in der Bundesrepublik. In den meisten Staaten Europas bezahlt man dafür aber zehn bis 25 Prozent weniger als in Deutschland.