Hamburg. Erzeuger aus dem Norden wie Glantz oder Mougin berichten von harter Konkurrenz aus dem Ausland. Auch die Gaskrise führt zu Problemen.

Auf dem Gelände des Bauernhofs Glantz stecken die Mitarbeiter gerade in den Vorbereitungen für das große Fest am Wochenende, mit Trampolin, Kettenkarussell und Reitturnier. Wie im Leben auf dem Ponyhof fühlen sich die Verantwortlichen des Betriebs in Delingsdorf vor den Feierlichkeiten zum Ende der Erdbeersaison allerdings nicht.

Zwar ist die Ernte dank vieler sonniger Tage zufriedenstellend ausgefallen, doch Inhaber Enno Glantz überlegt bereits, seine Flächen für den Erdbeeranbau im Kreis Stormarn künftig zu verkleinern. „Wir müssen die Saison erst noch analysieren, doch wir werden den Anbau möglicherweise zurückfahren“, sagte Glantz auf Anfrage des Abendblatts.

Landwirtschaft: „Es gab eine Kaufzurückhaltung“

Den Trend zu weniger heimischen Früchten gibt es schon länger: Erdbeeren werden in Deutschland jetzt noch auf 9700 Hektar angebaut, der kleinsten Fläche seit der Jahrtausendwende und neun Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Denn – auch wenn das Wetter mitgespielt hat – viele andere Faktoren trüben die Bilanz der Erzeuger. „Es gab eine Kaufzurückhaltung“, sagt Glantz, der die schleppende Nachfrage auch mit den Sorgen der Verbraucher vor steigenden Gaspreisen begründet.

„Schließlich muss man ja keine Erdbeeren essen“, sagt der Landwirt mit Blick auf die Früchte, die gerade im Direktverkauf nicht zu den günstigsten Lebensmitteln gehören. An den Ständen von Glantz kosteten die Vitaminbomben 8,90 Euro für das Kilo, ein Plus von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Erdbeeren in Supermärkten meist billiger

Dagegen waren Erdbeeren im Supermarkt häufig deutlich billiger. Schließlich verkaufen Edeka, Rewe und Co. längst nicht nur Obst aus regionalem Anbau, wie auch Heinrich Mougin vom gleichnamigen Erdbeerhof in Grömitz beklagt: „Der Verkauf lief von Anfang an nur schleppend. Grund dafür waren im Wesentlichen viel zu hohe Importmengen ausländischer und günstig produzierter Erdbeeren“. Die Konkurrenz hat bei der Ernte, die viel Handarbeit erfordert, einen Kostenvorteil.

„In Spanien bekommen die Arbeiter die Hälfte des bei uns üblichen Lohns und in Polen noch weniger“, sagt Glantz, der betont, der auf zwölf Euro steigende Mindestlohn sei wegen der hohen Lebenshaltungskosten in Deutschland gerechtfertigt. Er bringe aber eben auch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Importen mit sich. Die Preisvorstellungen der Erzeuger „konnten nicht realisiert werden“, heißt es zum Thema Wirtschaftlichkeit auch von der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer e.V. mit Sitz im Landkreis Oldenburg.

Landwirtschaft: Helfer kommen aus der Ukraine

Die Sorgen, auch in diesem Jahr genügend Kräfte für die Ernte zu bekommen, haben sich bei vielen Landwirten indes zerstreut. Bei Glantz kommen die Helfer häufig aus der Ukraine, und auch in diesem Jahr sind die Mitarbeiter trotz des Angriffskrieges angereist oder sie haben – im Falle der nicht ausreiseberechtigten Männer – für Ersatz aus der Familie gesorgt.

Bei Karls Erdbeerhof gibt es ebenfalls keinen Personalengpass, sagt Inhaber Robert Dahl. Es seien viele Studenten gekommen, aus 14 Ländern, auch aus der Mongolei oder Kirgistan. Sie würden in den Karls Erlebnis-Dörfern auch aushelfen, um ihre Deutschkenntnisse aufzubessern. Und wegen des Geldes: Die Löhne seien bereits im vergangenen Jahr relativ stark nach oben angepasst worden.