Hamburg. Während die Deutsche Bahn schon seit Jahren keine eigenen Nachtzüge mehr einsetzt, bauen die Österreicher ihr Angebot massiv aus.

Die Deutsche Bahn ist 2016 aus dem Geschäft mit Nachtzügen ausgestiegen, Ronald Pofalla hielt sie "nicht für wirtschaftlich". Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) hingegen wollen das Angebot nun massiv ausweiten. In Altona präsentierte die ÖBB am Montag mit der DB den modernisierten „Liegewagen Comfort“. Er soll das Reisen komfortabler machen und fortan in immer mehr Zügen von und nach Hamburg zum Einsatz kommen.

„Bis 2026 wollen wir die Zahl der Nightjet-Reisenden auf jährlich drei Millionen verdoppelt haben“, sagt ÖBB-Vorständin Sabine Stock. „Dabei ist es nicht nur wichtig, neue Destinationen in unser europäisches Nachtzugnetz aufzunehmen, sondern auch moderne und bequeme Züge anzubieten.“ Sie verwies darauf, dass bei normaler Auslastung der Nachtzug im Vergleich zum Flugzeug nur ein Fünfzigstel Kohlendioxid pro Passagier ausstößt.

Bahnreisen: Deutsche Bahn sieht sich als Partner beim Aufbau neue Nachtzüge

Auch die Deutsche Bahn sieht die Nachtzüge angesichts der ehrgeizigen Klimaziele offenbar wieder positiver. „Gemeinsam mit der ÖBB und unseren anderen europäischen Partnerbahnen werden wir in den nächsten Jahren 13 europäische Millionenmetropolen auf der Schiene über Nacht verbinden“, sagt Stefanie Berk, Marketing-Vorständin DB Fernverkehr.

Bislang verbindet die ÖBB die Hansestadt mit Innsbruck und Wien. Die bestehende Verbindung nach Zürich wird ausgebaut. Anfang September setzt die schwedische Staatsbahn eine tägliche Nachtzugverbindung von und nach Stockholm auf die Schiene. Berlin bekommt in Kürze einen Nightjet, der die Hauptstädte Brüssel und Paris anschließt.

Die Verbindungen gelten als relevant für den Tourismus. „Der Nightjet erhöht die Anziehungskraft von Hamburg, denn klimafreundlich und zeitökonomisch sinnvoll anreisen zu können, sorgt für zusätzliche Reiseimpulse bei Freizeit- und Geschäftsreisenden“, sagt Michael Otremba, Geschäftsführer der Hamburg Tourismus GmbH. Sprecher Sascha Albertsen sprach in Altona von einem „echten Geschenk für Hamburg.“

Das bieten die neuen Nachtzüge: leichter, moderner, bequemer

Das Innenleben des am Montag in Hamburg vorgestellten Zuges gibt einen Vorgeschmack auf die Zukunft des Reisens, denn so sollen die neuen Nachtzüge aussehen. „Wir haben uns beim Interieur am Nightjet der neuen Generation orientiert, der 2023 erstmals im Einsatz sein wird“, sagt Sabine Stock. Das Sechserabteil ist passé – die neuen Liegewagen kommen mit vier festmontierten Betten daher.

Alles ist leichter, moderner, bequemer und in dezenten Tönen gehalten: Die Abteiltüren öffnen sich mit einer Karte und sind verschließbar, Kameras überwachen die Gänge, alle Wagen verfügen über Wlan. Die Liegefläche ist nicht nur komforta­bler, sondern auch großzügiger: Nun hat der Passagier immerhin 1,93 Meter Platz. Ebenfalls neu sind drei Fahrradstellplätze direkt neben dem Eingang, wo auch ein Kinderwagen Platz findet. Die neu gestalteten 4er-Abteile sollen gerade für Familien den Reisekomfort erhöhen.

Immer mehr Geschäftsreisende nutzen den Nachtzug

Im gehobenen Preissegment lassen sich auch bezogene Betten in Einer- oder Zweier-Abteilen buchen. „Unsere Schlafwagen sind immer am schnellsten ausgebucht“, sagt Bernhard Rieder, Sprecher der ÖBB. „Immer mehr Geschäftsreisende steigen auf Nachtzüge um.“ Die Österreicher fühlen sich mit ihrem Nachtzugangebot sehr wohl. „Wir wollen und können es nicht missen. Tages- und Nachtverkehr sind Teile unseres Gesamtangebotes.“

Die Nachtzüge verkehren als Doppelzüge mit jeweils sieben Wagen, davon je drei Liege- und zwei Schlafwagen, und können bis zu 600 Passagiere transportieren.

ÖBB: "Wir sind stolz, führender Nachtzuganbieter zu sein"

Auch beim Thema Wirtschaftlichkeit scheinen die Österreicher optimistisch. Ihr Sprecher sagte bei der Pressekonferenz auf Gleis 12 im Bahnhof Altona: „Wenn die Auslastung hoch ist, ist das Geschäft kostendeckend.“ ÖBB-Vorständin Stock betonte. „Wir sind stolz, führender Nachtzuganbieter zu sein.“ Auch die Deutsche Bahn freut sich inzwischen über ihren Partner und das neue Angebot.

An der Auslastung arbeitet die ÖBB – gerade im Sommer sind die Verbindungen oft Wochen im Voraus ausgebucht. Nun investiert die ÖBB 700 Millionen Euro in 33 neue Züge – vor diesen Neuanschaffungen war die DB damals zurückgeschreckt. Siemens baut in Wien die Züge der Zukunft. Derzeit fehlt es an Material, um die Schienenoffensive zu forcieren.

Bahnreisen: Klimabilanz im Nachtzug 50 Mal besser als im Flugzeug

Dass am Zug kein Weg vorbeiführt, zeigt die Klimabilanz, die pro Passagier 50-mal besser ist als im Flugzeug. Das Chaos an den Airports und die kräftig gestiegenen Flugpreise machen die Nachtverbindungen attraktiver.

Allerdings hat auch der Nightjet seinen Preis: Eine Fahrt von Hamburg nach Wien kostet günstigenfalls 59,90 Euro – ein Privatabteil ist ab 199 Euro zu buchen. Ein Ausbau des Netzes ist wahrscheinlich: „Wir arbeiten ständig an neuen Ideen“, verspricht Stock.