Hamburg. Eingesparte Emissionen können über Internetportale verkauft werden – jedes Jahr. Wie es funktioniert und worauf zu achten ist.
Wer ein Elektroauto besitzt, kann durch das eingesparte Treibhausgas eine Prämie von mehreren Hundert Euro im Jahr erhalten. Rund 50 Millionen Euro sind bereits an die Besitzer von E-Autos in den ersten Monaten des Jahres geflossen. Wie läuft der Handel ab? Wer bietet die höchsten Zahlungen? Muss ich das Geld versteuern? Das Abendblatt sprach darüber mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen.
E-Autos: Was bedeutet die Treibhausgasminderungsquote?
Dieses Wortungetüm – kurz THG-Quote – ermöglicht es E-Autobesitzern, Hunderte Euro pro Jahr zu verdienen. Das Geld ist ein Ausgleich für eingesparte CO2-Emissionen, an denen aber andere Unternehmen interessiert sind. Denn Unternehmen, die Kraftstoffe produzieren und die gesetzlich vorgegebene CO2-Reduktion nicht selbst erfüllen, können so Strafzahlungen vermeiden.
Sie kaufen Zertifikate über eingespartes CO2 und schaffen dadurch einen Ausgleich zu den von ihnen ausgestoßenen Klimagasen. Seit 2015 gibt es die THG-Quote in Deutschland. Sie ist ein gesetzlich normiertes, marktbasiertes Klimaschutz-Instrument, mit dem klimaschädliche Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor reduziert werden sollen. Ausgangspunkt für die CO2-Berechnungen sind die Werte aus dem Jahr 2010. Im laufenden Jahr muss der Ausstoß um sieben Prozent darunter liegen, 2030 müssen es dann bereits 25 Prozent weniger sein.
Für welche Fahrzeuge gilt das?
Von den Zahlungen profitieren nur die Besitzer reiner Elektroautos und die Halter von elektrischen Motorrädern und E-Rollern mit Zulassung. Plug-in-Hybride werden nicht berücksichtigt. Die CO2-Einsparungen können von Privatleuten wie auch Unternehmen verkauft werden.
Wie hoch sind die Auszahlungen?
Wer sich für eine garantierte Auszahlung entscheidet und nicht abwarten will, was der eigentliche Handel bringen würde, kann gegenwärtig maximal 360 Euro vom Anbieter eauto-cash.de bekommen (siehe Grafik). Drei weitere Anbieter wie die THG-Börse garantieren mindestens 350 Euro. „Der Kunde sollte sich entscheiden, ob er ein Angebot mit einem Festpreis oder einer prozentualen Beteiligung am Verkaufserlös seiner CO2-Einsparung haben möchte“, sagt Marion Weitemeier von der Stiftung Warentest.
Wichtig sei auch, immer in die AGB zu schauen, ob es dort irgendwelche Einschränkungen gibt, die dem Werbeversprechen entgegenstehen, und wann mit der Auszahlung zu rechnen ist. Die flexiblen Auszahlungen können höher ausfallen als der Festpreis, dauern aber auch noch länger. Sicher ist eine höhere Ausschüttung nicht. Lichtblick bietet keinen Festpreis an und verweist auf Marktschwankungen. Ein Erlös zwischen 200 und 350 Euro sei realistisch. Da die Kunden offenbar lange auf Auszahlungen warten müssen, bieten Anbieter wie etwa quotando.de eine Sofortauszahlung von 255 Euro an, die 15 Prozent unter dem Festpreis des Anbieters liegt.
Warum fallen die THG-Prämien so unterschiedlich aus?
Der Service der Vermittler ist kostenlos, aber die Firmen arbeiten natürlich nicht umsonst. „Je nachdem, wie viel die Firmen herausholen und wie viel sie für sich abzweigen, unterscheidet sich der Erlös, mit dem die Verbraucher rechnen können“, sagt Ines Rutschmann vom Verbraucherportal Finanztipp. Es lohne sich daher zu vergleichen, welche Einnahmen ein Dienstleister verspreche.
Elektromobilität: Pauschalisierte Prämien
Gleichzeitig ist auch der Handel der THG-Quote sehr komplex und unterliegt geopolitischen Themen. „Es ist ein bilaterales Geschäft zwischen den Anbietern und den Mineralölkonzernen, das von Angebot und Nachfrage abhängt“, sagt Luca Schmadalla von geld-fuer-eauto.de. Wer größere Mengen an Treibhausgaseinsparungen anbieten könne, sei im Vorteil. „Bestimmt wird der Markt aber von den Herstellern von Biokraftstoffen, die Elektroautos decken nur einen sehr winzigen Anteil der THG-Quote ab.“ Der durchschnittliche Erlös für einen Elektro-Pkw ist in den vergangenen Wochen auf rund 340 Euro gesunken.
Wie werden die CO2-Einsparungen der E-Autofahrer berechnet?
Auf die individuelle Fahrleistung kommt es nicht an und auch nicht darauf, welche Art von Strom man tankt. Es ist ein pauschalisiertes Verfahren, bei dem das E-Auto genauso behandelt wird wie der elektrische Roller und jedem Fahrzeug eine standardisierte Menge eingesparter Treibhausgase zugewiesen wird. Nur elektrische Transporter und Busse werden anders eingestuft. Auch ob das Auto schon im Januar gekauft wurde oder erst im Herbst, spielt keine Rolle.
Was muss ich unternehmen?
Es gibt eine Vielzahl von Unternehmen, die diese Dienstleistung des Verkaufs von CO2-Einsparungen anbieten. Denn es ist offensichtlich ein sehr attraktiver Geschäftsbereich, der von Start-ups wie dem Hamburger geld-fuer-eauto.de ebenso entdeckt wurde wie von Energieanbietern wie Lichtblick aus Hamburg oder großen Versicherern wie Allianz oder HUK-Coburg. Und auch Autohäuser spielen mit. „Wir sind Partner für 2000 Autohäuser“, sagt Schmadalla.
Kunden, die also nicht extra einen Dienstleister beauftragen wollen, können ihre Ansprüche aus der Treibhausgaseinsparung an den Autohändler abtreten und erhalten dafür andere Leistungen rund ums Auto wie Reifenwechsel oder Inspektion. Wer das nicht möchte, muss einen Dienstleister auswählen, sich dort anmelden und dann Geduld mitbringen. Die Unternehmen reichen den Antrag beim Umweltbundesamt ein. Das prüft, ob man tatsächlich der Halter des Fahrzeugs ist und ob die Prämie nicht schon bei einem anderen Anbieter beantragt wurde. Erst dann kann die Prämie ausgezahlt werden.
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Wie beurteilen Umweltschützer diesen Handel mit CO2-Emissionen?
Für viele Autofahrer wird die Höhe der Auszahlung und der Zeitraum entscheidend sein, bis das Geld auf dem Konto ist. Die THG-Quote stößt allerdings nicht nur auf Zustimmung. „Sie ist nicht schädlich, aber bringt den Klimaschutz leider viel zu wenig voran“, sagt dazu Tobias Austrup, Experte für Mobilität bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Mit der Regelung sollten eigentlich die Mineralölkonzerne motiviert werden, sich zu wandeln. „Mit der THG-Quote müssen sie aber ihr Geschäftsmodell nicht grundsätzlich ändern.
Es handelt sich eher um ein klassisches Freikaufen.“ Wer dieser Argumentation folgt, kann seinen Erlös ganz oder teilweise spenden. Auch dafür gibt es entsprechende Anbieter wie Fairnergy. „Der Verbraucher sollte sich zunächst überlegen, ob er die Auszahlung der THG-Quotenzahlung selbst vereinnahmen möchte oder einen Teil davon für Energieprojekte oder andere karitative Zwecke spenden möchte“, sagt Weitemeier. Allerdings gibt es für eine solche Spende meist keine Spendenbescheinigung.
Wie lange muss ich auf mein Geld warten?
„Es kann sechs bis zwölf Wochen bis zur Auszahlung dauern“, sagt Schmadalla. Der Engpass entsteht bei der Registrierung der Fahrzeuge durch das Umweltbundesamt. „Aufgrund des hohen Antragsaufkommens sowie des Volumens vieler Anträge und des mit der Bearbeitung zusammenhängenden Prüfungsaufwands im Zusammenhang mit der relativ kurzfristig zum Januar 2022 geänderten Rechtslage ist aktuell mit einer Bearbeitungszeit von einigen Wochen zu rechnen“, so ein Sprecher der Bundesbehörde.
Welche Fristen muss ich beachten?
Spätestens im Herbst sollten E-Auto-Besitzer aktiv werden, rät die Stiftung Warentest. Die Frist für die Registrierung eines E-Autos beim Umweltbundesamt läuft bis 28. Februar des Folgejahres. Der Vorgang muss aber bis dahin beim Amt durch sein, also muss man deutlich früher nach einem Dienstleister suchen. Die THG-Quote kann jedes Jahr neu beansprucht werden. „In der Regel geht man mit dem Anbieter einen Ein-Jahres-Vertrag ein. Will er auch im Folgejahr das THG-Zertifikat vermarkten, muss er erneut die Zustimmung einholen. Denn dazu ist auch eine erneute Kopie des Fahrzeugscheins notwendig, denn man könnte das Fahrzeug inzwischen auch verkauft haben“, sagt Weitemeier von der Stiftung Warentest. Wer mit seinem Anbieter nicht zufrieden war, kann ihn also auch wechseln.
E-Autos: Müssen Einnahmen aus diesem Geschäft versteuert werden?
Ausschlaggebend für die Steuerpflicht ist die Frage, ob es sich um ein Fahrzeug im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen handelt. Für Privatpersonen unterliegt der Erlös nicht der Einkommensteuer. Für andere Bereiche können Prämienerlöse je nach Nutzung des Fahrzeugs steuerpflichtig sein.