Hamburg. Um bis zu 16 Prozent sind Preise für Blumen und Pflanzen zuletzt gestiegen. Bei den Rosen kommt ein Faktor verstärkt hinzu.

Sie heißen „Black Magic“, „Golden Tower“, „Gräfin von Hardenberg“ oder „Lancelot“: Hunderte unterschied­licher Rosenbüsche in allen erdenklichen Farben blühen in langen Reihen unter Glasdächern. Die Sonne sorgt für ein fast tropisches Klima. Mit kleinen Pinseln bestäuben Beschäftigte von Rosen Tantau hier in Uetersen, zehn Kilometer vor den Toren Hamburgs, rund 80.000 Blüten mit Pollen – der Beginn einer bis zu sieben Jahre langen Züchtungsarbeit, an deren Ende vielleicht 20 neue Rosensorten stehen, die als Schnittblumen oder als Pflanzen für den Garten vermarktet werden.

Es sei gar nicht so leicht, eine klangvolle Bezeichnung für die Neuzüchtungen zu finden, sagt Miriam Busch, verantwortlich für Lizenzen und Marketing bei Rosen Tantau: „Es ist schon öfter passiert, dass uns ein schöner Name einfällt und wir dann feststellen müssen, dass der Name schon von anderen Rosenzüchtern genutzt wird.“

Rosen Tantau: Hier ist Miriam Busch aufgewachsen

Zwar ist Busch erst seit gut zwei Jahren im Unternehmen tätig. Trotzdem kann sie den Großteil der Pflanzen hier an der Blüte erkennen. Denn wie ihre Schwester, die bald auch in die Firma eintreten wird, ist sie nach eigenen Worten zwischen den Rosen aufgewachsen: „Als Kinder haben wir oft hier gespielt, in den Schulferien habe ich mir hier Taschengeld verdient, und auch während des Studiums habe ich in den Semesterferien hier gearbeitet.“ Die besondere Nähe zu der Firma hat ihren Grund: Miriam Busch ist die Nichte von Christian Evers, dem persönlich haftenden Gesellschafter von Rosen Tantau.

Heute gehört die 1906 gegründete Firma ebenso wie der Betrieb W. Kordes’ Söhne nördlich von Elmshorn und einigen niederländischen Wettbewerbern zu den international führenden Rosenzüchtern. „Die weltweit meistverkaufte rote Schnittrose ist unsere ‚Freedom‘“, sagt Busch.

Geschäftlich fahren die Uetersener zweigleisig: Sie verdienen das Geld sowohl mit jährlich rund drei Millionen Gartenrosen, die entweder als sogenannte Wurzelware ohne Zweige oder als komplette Pflanze im Behälter verkauft werden, als auch mit dem Grundmaterial für die Schnittrosenproduktion auf anderen Kontinenten: Diese Rosen werden als blattlose Stiele an die Farmer in Kenia, Ecuador oder Kolumbien versandt, die dafür eine Lizenzgebühr zahlen. Dort eingepflanzt, haben die Rosen eine Lebensdauer von im Schnitt sieben bis acht Jahren. Ertragreiche Sorten können in dieser Zeit jeweils bis zu 200 oder 250 Blüten für den Export per Luftfracht nach Europa oder Nordamerika liefern.

Züchtung von Schnittrosen sei lukrativer

„Gemessen an der Fläche züchten wir hier etwa je zur Hälfte Garten- und Schnittblumen“, sagt Miriam Busch. Dabei sei die Züchtung der Schnittrosen jedoch das lukrativere Geschäft. Insgesamt hat Rosen Tantau unter der Corona-Pandemie nicht wirklich gelitten; die Firma hat unverändert knapp 90 Beschäftigte, die zeitweise durch 20 bis 30 Saisonkräfte ergänzt werden. „Wir haben es geschafft, unser Personal zu halten, auch Kurzarbeit brauchten wir nicht“, sagt Busch. „Was die Gartenrosen angeht, haben wir in der Corona-Zeit gute Geschäfte gemacht.“ Die Menschen hätten sich viel um ihre Gärten gekümmert und die Gartenmärkte hatten geöffnet. „Inzwischen aber sind die Gärten gut bestückt, damit bewegen wir uns wieder auf Vor-Corona-Niveau“, erklärt Busch.

Zu Beginn der Pandemie sei es hingegen vielen der Blumenfarmer in Übersee schlecht gegangen, weil es kaum Flüge gab, um die Ware in die Exportländer zu bringen. Die Nachfrage habe sich jedoch nicht stark verringert: „Es sind zwar große Feiern weggefallen, aber die Menschen wollten ihr Zuhause verschönern – eben auch mit Blumen.“

Blumen und Pflanzen deutlich teurer

Allerdings ist es zuletzt deutlich kostspieliger geworden, das zu tun. Dem Verbraucherpreisindex zufolge haben sich Blumen und Pflanzen in den zurückliegenden zwei Jahren um insgesamt fast 16 Prozent verteuert, was klar oberhalb der allgemeinen Inflationsrate lag. Allein im vorigen Jahr erhöhten sich die Pro-Kopf-Ausgaben der Deutschen für Schnittblumen von 38,70 auf 44 Euro, Rosen liegen mit 35 Prozent Marktanteil klar vor den Tulpen mit 14 Prozent.

Dabei dürften sich Rosen wegen des hohen Transportkostenanteils noch stärker verteuert haben als Schnittblumen insgesamt. Auch wenn es beim Discounter einen Strauß mit 18 Blüten für 24 Euro gibt, kann eine einzelne langstielige Rose beim Blumenhändler inzwischen 3 bis 5 Euro kosten. „Eine Schnittrose ist heute ein Luxusgut“, sagt Miriam Busch dazu.

Weil die meisten Rosen per Jet aus Afrika nach Deutschland kommen, gibt es immer wieder Kritik von Klimaschützern an diesem Geschäft. Doch Rosen aus niederländischen Gewächshäusern schneiden laut der Umweltschutz-Organisationen WWF im Hinblick auf den Energieeinsatz und die CO2-Bilanz schlechter ab als die aus Kenia. Wegen der zuletzt dramatisch gestiegenen Energiekosten kommen Firmen, die noch in den Niederlanden oder in Westdeutschland Schnittrosen in künstlich belichteten und geheizten Gewächshäusern anbauen, allerdings immer stärker in Bedrängnis.

Rosen Tantau nuttz moderneres Blockheizkraftwerk

Auch bei Rosen Tantau in Uetersen liegen immerhin 3,5 Hektar Land unter Glas und Folie. Zwar nutzt die Firma ein eigenes, vergleichsweise modernes Blockheizkraftwerk, betrieben wird es aber mit Erdgas. „Wir müssen abwarten, wie sich die Energiekosten weiterentwickeln“, sagt Busch. „Es wäre möglich, auch ohne künstliche Beleuchtung und Heizung zu arbeiten. Aber dann würde sich die Zeit bis zur Marktreife neuer Schnittrosensorten deutlich verlängern.“

Heute sind das drei bis fünf Jahre. Bei den Gartenrosen, die auf Testfeldern im Freien wachsen, benötigt man dagegen sieben Jahre dafür. Draußen wirkt sich aber schon der Klimawandel aus, wie Busch erklärt: „Es gibt nun häufiger lange Trockenphasen, darum mussten wir Bewässerungsanlagen für die Versuchsfelder installieren.“

Während bei den Schnittrosen neue Sorten mit sehr schmalen, zylindrischen Blüten immer stärker von den Landwirten gefordert werden, weil davon mehr in einen Transportkarton passen und sich die Luftfrachtkosten so verringern lassen, sind bei den Gartenrosen bienenfreundliche Sorten mit weit geöffneten Blüten der große Trend. Solche Sorten sind wegen der Verwandtschaft mit Wildrosen zudem robuster.

In den Treibhäusern sollen Insekten Schädlinge beseitigen

Wie Miriam Busch sagt, versucht auch Rosen Tantau, immer nachhaltiger zu wirtschaften. So verwende man für die Gartenrosen Container aus Recycling-Kunststoff, der dann selbst wieder recycelt werden kann. „Ich experimentiere auch mit Material aus Kokosfasern und aus Sonnenblumenkernen, aber bisher ist das noch nicht wirklich gut geeignet“, sagt Busch. In den Treibhäusern setzt die Firma seit einigen Jahren für den Pflanzenschutz gezielt auf bestimmte Insekten, die Schädlinge beseitigen. „Damit können wir den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln drastisch reduzieren“, erklärt Busch.

Eines der wichtigsten Zukunftsthemen ist für sie jedoch die Nachwuchssuche, denn zahlreiche der Beschäftigten seien schon 30 Jahre und länger im Betrieb. Junge Leute für diese Arbeit zu finden, sei aber sehr schwierig. „Es scheint uncool zu sein, sich die Hände schmutzig zu machen“, vermutet Busch. Dabei sei die Beschäftigung über das Jahr hinweg sehr abwechslungsreich: Derzeit müssen die Blüten bestäubt werden, ab August werden die Hagebutten geerntet, aus denen man rund 300.000 Saatkörner gewinnt, die im Dezember per Hand ausgesät werden. Außerdem gilt es, die Gartenrosen und das Material für die Rosenfarmer versandfertig zu machen.

Fachkräfte sind die meisten der Beschäftigten nicht. „Gelernte Gärtner sind fast gar nicht mehr zu finden“, sagt Busch. „Wir würden sie selber ausbilden, aber leider dürfen wir das nicht, weil wir nur eine Blumenkultur – eben die Rosen – haben.“