Hamburg. Hamsterkäufe: Die Nachfrage nach Holz ist während der Pandemie extrem gestiegen. Was Verbraucher jetzt wissen müssen.

Anthony Agasi hat sich vor Kurzem einige Tage Urlaub gegönnt. In seinem Gewerbe bieten sich die Monate April bis August dafür an. „Normalerweise ist jetzt eine ruhige Zeit für uns“, sagt der Hamburger Brenn- und Kaminholzhändler. Doch derzeit ist nichts normal in der Holzhandelsbranche. „Die Nachfrage ist mindestens doppelt so hoch wie üblich“, sagt Agasi. Obwohl Kamin- und Kaminofenbetreiber im Sommer eher selten Eichen-, Buchen-, Birken- oder Eschenscheite in Flammen setzen und sich bislang zumeist erst zu Herbstbeginn um neues Brennmaterial für die kalte Jahreszeit bemühten, hat Agasi in diesen Tagen reichlich Bestellungen.

„Die Kunden fürchten offenbar, dass Brennholz im September und Oktober knapp und teuer sein könnte“, sagt er. Trotz der vielen Orders ist Agasi in Urlaub gegangen. Der Chef der Firma HamburgHolz und des Onlineshops Kaminholz.Hamburg kann derzeit ohnehin nur einen Teil der Kunden beliefern. „Ausverkauft“ steht auf der Internetseite von Kaminholz.Hamburg über den dort angebotenen Paletten mit je einem Raummeter Birke, Esche und Rotbuche. Die Ware, die er von Anbietern in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern für die Saison 2021/22 bestellt hatte, ist weitgehend verkauft.

Holzpreise werden durch Krieg weitersteigen

Agasi hat eine Reihenfolge für die Abarbeitung seiner Aufträge eingeführt. Besteller von kleineren Mengen, die in Kartons oder großen Säcken geliefert werden, haben eine gute Chance, Ware zu bekommen. „Unsere Profikunden wie etwa Restaurants, in denen ein Kaminfeuer zum Konzept gehört, beliefern wir in jedem Fall“, sagt er. Stammkunden mit Großbestellungen vertröstet er für mehrere Wochen oder Monate. Und Neukunden, die raummeterweise ordern, kommen auf eine spezielle Warteliste. Die müssen dann bis September oder Oktober warten. „Mindestens.“

Was das Holz dann kosten wird? Schwer bis gar nicht vorherzusagen. Klar ist: Schon in den beiden ersten Corona-Jahren verbrachten Kaminbesitzer mehr Zeit im Angesicht der lodernden Flammen und verfeuerten mehr Holz. Nun kommt noch der Krieg in der Ukraine hinzu und lässt die Preise weitersteigen. Agasi bezieht seine Scheite zwar nicht von dort, ist aber mittelbar betroffen: Die Nachfrage nach heimischen Holz ist gestiegen, das treibt die Preise nach oben. Höhere Kosten der Hersteller kommen hinzu. Noch vor Kriegsbeginn hat Agasi seine Preise angehoben. Ein Raummeter Buche, Eiche und Esche kostet bei ihm seit Anfang Februar 230 statt 195 Euro, Birke 220 Euro.

Pellets: „Die Leute kaufen, kaufen, kaufen"

Ein Preisplus von etwa 15 Prozent – davon können Besitzer einer Holzpelletheizung nur träumen. Nach den jüngsten vorliegenden Zahlen bezogen 2019 in Hamburg etwa 4300 von gut 250.000 Wohngebäuden ihre Energie aus solchen Anlagen, inzwischen dürften es 6000 bis 7000 sein. Doch die viel gepriesene und beliebte Alternative zur Öl- und Gasheizung erlebt derzeit nicht nur einen Einbauboom – zugleich geht auch der Preis für den Brennstoff steil nach oben.

Die Preisübersicht auf dem Internetportal Heizpellets24.de weist in diesen Tagen Kosten in Höhe von 385 Euro pro 1000 Kilo der zu Mini-Würstchen gepressten Späne aus. Vor einem Jahr waren es um die 190 Euro pro Tonne. Ein Einfamilienhaus-Haushalt verfeuert zwischen 5000 und 6000 Kilo pro Jahr. „Die Leute kaufen, kaufen, kaufen. Das treibt den Preis nach oben“, sagt Thomas Ackermann, Sprecher des Öl-, Gas- und Pellethändlers Wilhelm Hoyer aus dem niedersächsischen Visselhövede, der in Hamburg liefert und auch mehrere Tankstellen betreibt, über die aktuelle Lage auf dem Pelletmarkt.

„Eine solche Preisexplosion ist völlig unnormal"

Kaufmann meidet das Wort Hamsterkäufe, doch in der Realität passiert derzeit genau das. Auch das verrät die Preiskurve. Wie bei Heizöl knickt sie für gewöhnlich zum Ende der Heizsaison im April wegen der sinkenden Nachfrage etwas nach unten weg. Im vergangenen Jahr war das noch so, jetzt aber geht die Pelletpreis-Kurve immer weiter nach oben und erreicht fast täglich eine Rekordhöhe, weil die Holzheizungsbesitzer vorsorglich ihre Lager füllen. „Eine solche Preisexplosion ist völlig unnormal, wir haben das so noch nie gehabt.“

„Der Markt ist sehr angespannt“, sagt Hartmann. Für Händler sei es derzeit schwer, genügend Nachschub von den Herstellern zu erhalten. Die Kunden werden trotzdem bedient – sie müssen nur warten können. So weist die Preisübersicht von Heizpellets24 Lieferzeiten in Hamburg zwischen zwölf und 30 Tagen aus. Aber auch die Lieferfristen lassen sich über den Preis regeln, so Hoyer-Sprecher Hartmann.

Unternehmen will Lage entspannen

Kunden, deren Heizanlage wegen Brennstoffmangels zu erlöschen droht, könnten schnell und zum Wunschtermin beliefert werden – gegen einen Aufpreis von 30 bis 40 Euro pro Tonne. Auch über einen anderen Weg versucht das Unternehmen, die Lage zu entspannen. Wer jetzt für einen Liefertermin im Juli bestelle, „dem können wir beim Preis entgegenkommen“, sagt Hartmann.

Pellets werden hierzulande aus Rest-, Abfall- und sogenanntem Kalamitätsholz gefertigt. Das sind im Sturm geborstene oder vom Borkenkäfer befallene Stämme, die sich nicht zu Sägeware verarbeiten lassen. Nachschubprobleme aus der Ukraine oder Russland drohen da nicht. Und so ist es wohl eher die Furcht vor weitersteigenden Preisen, die jetzt die Preise nach oben treiben. Völlig irrational aber ist diese Furcht wohl nicht.

Pellet-Hersteller voll ausgelastet

Nach Angaben des Deutschen Energieholz- und Pelletverbands schraubten allein 2021 bundesweit mehr als 70.000 neue Anlagen die Gesamtzahl auf 570.000. Sie wird laut einer Prognose des Verbands in diesem Jahr voraussichtlich noch stärker auf knapp 650.000 anwachsen. Thomas Hartmann vom Brennstoffhändler Hoyer sagt, die deutschen Pellet-Hersteller seien schon jetzt voll ausgelastet. Wenn er recht hat, spricht nichts für fallende Preise.

„Einen Preis wie vor zwei, drei Jahren wird es nie wieder geben“, ist Frank Pielot schon jetzt überzeugt. Als Inhaber von Parkett Pielot mit Standorten in Hamburg und Apensen (Landkreis Stade) ist er qualitativ wie preislich am anderen Ende des Holzprodukte-Marktes unterwegs. Wenn Pielot in Sylter Reetdachhäusern Böden verlegt, kostet allein das edle Material gerne mal 350 oder 400 Euro – pro Quadratmeter. Da sind Lieferzeiten kein Thema.

Preis für Eichenparkett verdoppelt

Beim derzeit bei renovierenden Eigenheimbesitzern und Wohnungsunternehmen so beliebten Eichenparkett – Pielot schätzt den Marktanteil auf mehr als 90 Prozent – sieht das ganz anders und so ähnlich wie bei Holzpellets aus: Hohe Nachfrage insbesondere in den Hochzeiten der Pandemie, als man gern Geld für die Verschönerung der eigenen vier Wände ausgab, lange Lieferzeiten und stark steigende Preise. Vor wenigen Jahren sei ein Quadratmeter furniertes Eichenparkett in der Günstigversion noch für 20 bis 30 Euro pro Quadratmeter zu haben gewesen, inzwischen habe sich der Preis „mindestens verdoppelt“, sagt Pielot.

Dass die Preise absehbar wohl nicht mehr auf das frühere Niveau sinken werden, hat auch mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. Denn das Eichenfurnier stamme oft aus dem angegriffenen Land, die Sperrholzbasis des Parketts zumeist aus Russland, sagt Pielot. Die Hersteller suchten neue Bezugsquellen und versuchten, den Handwerksbetrieben und deren Kunden zunehmend Eschenparkett oder dunkle Nussbaumhölzer als Alternative schmackhaft zu machen. Bislang ohne erkennbaren Erfolg.

Holzpreise: Hamsterkäufe bei Holzböden

Die Lieferzeiten für Parkett hingen nun – wie beim Kaminholz – stark von der Bestellmenge ab, sagt Pielot, der als Obermeister der Hamburger Landesinnung für Parkett und Fußbodentechnik zugleich für die organisierte Branche in der Stadt spricht. Für eine Wohnung oder ein Haus sei Eichenparkett in der Regel binnen drei bis vier Wochen beim Händler zu beschaffen. „So ab 300, 400 Quadratmeter dauert es voraussichtlich sechs bis neun Wochen“, sagt Pielot. Wobei er eine Preisgarantie auf das Material nur für zwei, drei Wochen geben könne. Nach Ablauf dieser Frist müsse man gegebenenfalls reden. Es ist eine Art Selbstschutz des Handwerkers. „Es gibt Hersteller, die haben binnen eines Jahres sechsmal die Preise erhöht.“

Bei Großmengen sei es derzeit ganz schwierig mit der Beschaffung, berichtet der Obermeister. „Ich habe neulich mit einem Bauleiter gesprochen, der für ein Großprojekt in Bayern händeringend 40.000 Quadratmeter Eichenparkett sucht. Keine Chance.“ Und auch bei Holzböden gebe es jetzt Hamsterkäufe, weiß Pielot nur zu gut. Er selbst hat gerade 1000 Quadratmeter Dielen gekauft und auf Lager gelegt – um sie ohne Lieferzeit verlegen zu können, wenn ein Kunde sie denn haben möchte.