Hamburg. Baufirmen berichten, dass Holzpreise „um bis zu 200 Prozent explodiert sind“. Warum der Rohstoff in Deutschland so teuer geworden ist.
Nur zwölf Prozent der Fläche Hamburg sind von Wald bedeckt. In der gesamten Bundesrepublik sind es aber immerhin 32 Prozent. Über alle Baumarten hinweg wird der Holzvorrat in Deutschland auf rund 3,7 Milliarden Kubikmeter geschätzt – und sein Wert steigt derzeit täglich.
Für alle, die zum Beispiel für den Bau eines Eigenheims Holz benötigen, sind das jedoch schlechte Nachrichten. „Bei Dachlatten sehen wir aktuell etwa eine Verdreifachung des Preises im Jahresvergleich – und nächste Woche kann es noch mehr sein“, sagt Ralf Ax, Geschäftsführer des Holz- und Baustoffhändlers Andresen & Jochimsen (A&J) in Stellingen. „Wir kommen kaum hinterher, die Verkaufspreise nachzukalkulieren“, so Ax.
Bau-Boom in USA sorgt für hohe Holzpreise in Hamburg
Auch die Weltmarktpreise für Holz an der Rohstoffbörse von Chicago zeigen eine Verdreifachung der Notierungen seit Jahresanfang 2020. „Einer der wesentlichen Gründe für den extremen Anstieg der Holzpreise ist der Bau-Boom in China und in den USA, wo die Konjunktur nach der Corona-Krise schon wieder anspringt“, erklärt Ax. „In den USA fließt ein Großteil des billionenschweren Konjunkturprogramms in den Bausektor. Aus diesem Grund steigt der Holzverbrauch dort überproportional.“
Zwar konnte das benachbarte Kanada als weltweit größter Holzexporteur den US-Bedarf in der Vergangenheit stets leicht decken. Doch seit einigen Jahren geht die Holzernte in Kanada stark zurück, weil der Bergkiefernkäfer die Wälder zerstört – wobei offenbar der Klimawandel zur raschen Ausbreitung des Schädlings beiträgt. Hinzu kommen Importzölle, die von der US-Regierung für Holzeinfuhren aus Kanada beschlossen wurden. „Dafür ist nun Deutschland aufgestiegen zum weltweit viertgrößten Exporteur von Fichtenholz“, sagt Ax.
Lärchenholz um mehrere Tausend Euro verteuert
Schon das Lärchenholz für den Dachstuhl eines Einfamilienhauses hat sich innerhalb von Monaten um mehrere Tausend Euro verteuert. Bei größeren Objekten geht es schnell um Mehrkosten im fünfstelligen Bereich, zumal Holz auch bei der Produktion von Fensterrahmen, Treppen und Dämmplatten ein gefragter Werkstoff ist.
„Eine solche Situation haben wir seit 15 Jahren nicht mehr erlebt“, sagt Janine Hammler, Sprecherin des Bauindustrieverbands Hamburg Schleswig-Holstein zu den drastischen Preiserhöhungen des Bauholzes. Das Problem für die Branche: „Bei laufenden Verträgen tragen die Bauunternehmen den Kostenanstieg.“
Hamburger Bauunternehmen können Preis nicht garantieren
Üblicherweise werde ja der Dachstuhl erst im späteren Verlauf eines Bauvorhabens mit etlichen Monaten Vorlauf errichtet, sagt Michael Seitz, Geschäftsführer der Bau-Innung Hamburg. Diese werde als Konsequenz aus dem kräftigen Anstieg des Holzpreises den Betrieben empfehlen, über die Aufnahme von Preisgleitklauseln in die Verträge zu verhandeln.
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Schon jetzt stellten manche Bauunternehmen ihre Angebote angesichts der „dynamischen Rohstoffsituation“ nur unter Vorbehalt, beobachtet Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW): „Sie wissen im Moment der Abgabe ihres Angebots nicht, zu welchem Preis sie später bei der Ausführung der Bauarbeiten das Material erhalten.“ Mitgliedsunternehmen berichteten, dass die Preise für Holz „um bis zu 200 Prozent explodiert sind“, so Breitner.
Modernisierung von Eigenheimen
Dabei hat nicht nur in den USA und China, sondern auch im Inland die Nachfrage nach dem Baumaterial zuletzt noch zugenommen. „In Zeiten des Lockdowns haben viele Deutsche damit begonnen, ihre Eigenheime zu modernisieren– wir haben gut zu tun“, sagt Ax.
Nun bekämen diese Kunden jedoch zu spüren, dass nicht nur die US-Konjunktur die Baustoffpreise hochtreibt: „Wegen der Knappheit der Containerfrachtkapazitäten sind die Liefermengen von Holz für Terrassen oder Sichtblenden, Parkett und Vinyl, das vielfach aus Asien kommt, stark zurückgegangen. Gleichzeitig werden die Frachtraten zum Kostentreiber für die Ware.“
Längere Lieferfristen für Holz
Zum Problem werden auch die immer längeren Lieferfristen, so Ax: „Man kann schon froh sein, wenn Dachlatten, die wir jetzt für unser Lager bestellen, im Juni oder Juli ankommen.“ Ein weiteres Beispiel: „Ein Lieferant von hochwertigen Innentüren hat derzeit vier Monate Lieferzeit.“
Bei den privaten Auftraggebern der Handwerkskunden von A&J fehle häufig das Verständnis für die Situation, „wenn wir zum Beispiel einfach keine kunststoffbeschichteten Spanplatten in einer bestimmten Farbe haben. Das alles ist auch für uns ein Drama.“ Sollte sich die Lage nicht entspannen, könnten die Lieferengpässe im „Extremfall“ nach den Worten von Seitz sogar dazu führen, dass Baubetriebe in Hamburg Kurzarbeit anmelden müssen.
Holz für Energiegewinnung günstiger geworden
Ein nicht geringer Teil der jährlichen Holzernte in Deutschland ist allerdings nicht für die Bauwirtschaft, die Papierhersteller oder die Möbelindustrie bestimmt, sondern zur Energiegewinnung – mit deutlich steigender Tendenz auch in privaten Eigenheimen. Gerade auch die zum Jahresbeginn eingeführte CO2-Bepreisung von fossilen Brennstoffen wie Öl und Erdgas hat dazu geführt, dass in Neubauten oder beim Austausch von Heizungen immer häufiger Pellet-Öfen eingebaut werden.
Für diesen Verwendungszweck hat sich der nachwachsende Rohstoff jedoch bislang nicht verteuert – im Gegenteil: Die Holzschnitzel sind aktuell sogar günstiger als vor einem Jahr. Eine Erklärung dafür liefern Statistiken des Deutschen Pelletinstituts: Zwar steigt der Verbrauch stetig, aber auch die Produktionskapazität in der Bundesrepublik hat von Jahr zu Jahr deutlich zugenommen – und sie liegt komfortabel oberhalb der Verbrauchsmenge.
Kein Raubbau an Deutschlands Wäldern befürchtet
Dennoch könnten auch in diesem Bereich die Preise anziehen, glaubt Josef Weichslberger, Geschäftsführer des Branchenportals Holzpellets.net: Sollte weiterhin so viel Holz aus Deutschland exportiert werden, argumentiert der Experte, würden auch weniger Sägespäne und Restholz bei einer Weiterverarbeitung im Inland abfallen, „sodass auch beim Rohmaterial für die Pelletproduktion mit einer deutlichen Preissteigerung gerechnet werden muss.“
Ein Raubbau an den Wäldern in Deutschland ist nach Angaben aus der Holzwirtschaft aber trotz der aktuell immens hohen Preise nicht zu befürchten: In staatlichen und privaten Forsten kämen pro Jahr rund 120 Millionen Kubikmeter Rohholz hinzu, heißt es. Von diesem natürlichen Zuwachs würden mit jährlich rund 80 Millionen Kubikmetern derzeit nur etwa zwei Drittel verbraucht.