Hamburg. Die Traditionsfirma in der Innenstadt bietet schon in dritter Generation Unterhaltungselektronik und besteht gegen große Ketten.
Andreas Lichtenfeld muss erst mal die Schuhe wechseln. Der Chef des Hifi-Händlers Lichtenfeld kommt an diesem Vormittag direkt von einer Baustelle in den Laden in der Hamburger Innenstadt. „Der Eigentümer will sein Haus mit Lautsprechern neu ausstatten“, sagt er. Dabei geht es natürlich nicht um zwei Boxen, die irgendwo im Wohnzimmer aufgestellt werden.
Bei diesem Projekt soll die Musik künftig direkt aus der Decke kommen, aus einer unsichtbaren Quelle. „Das ist heute alles machbar. Ein bisschen wie Magie“, sagt Lichtenfeld. Gemeinsam mit Bauherr und Architekt hat er die technische Umsetzung der Hightech-Lösung geplant. Investitionsvolumen: mehrere 10.000 Euro.
Einzelhandel Hamburg: Saturn & Co. sind starke Konkurrenz
Lichtenfeld ist Spezialist für hochwertige Unterhaltungselektronik – und eines der wenigen Unternehmen in Hamburg, die sich neben Elektronikfilialisten wie Media-Markt und Saturn oder den Onlinehändlern auf dem Markt halten konnten. Im ersten Stock des Levantehauses gibt es auf 300 Quadratmetern Musikanlagen, Plattenspieler, Lautsprecher, Kopfhörer, Radios, Fernsehgeräte, Komplettausstattungen fürs Heimkino – einfach alles, was man für den richtigen Sound braucht.
„Hochwertig heißt nicht immer teuer. Wir haben auch günstige Sachen, wenn sie es wert sind“, betont Andreas Lichtenfeld, der den Familienbetrieb gemeinsam mit seiner Nichte Katharina Lichtenfeld führt. Im aktuellen Angebotsprospekt finden sich Lautsprecherpaare für 350 Euro und für 14.000 Euro.
Nachfrage nach Plattenspielern gestiegen
Bei der Produktauswahl spielt eine wichtige Rolle, dass Ersatzteile langfristig angeboten werden. Unterhaltungselektronik als Wegwerfartikel, davon halten sie in der Traditionsfirma gar nichts. Zum Konzept des Unternehmens gehört auch ein Reparaturservice. „Gerade bei älteren Geräten, die oftmals auch Lieberhaberstücke sind, lohnt sich das in der Regel.“ Alte Geräte werden in Zahlung genommen.
Ein Schwerpunkt mit einem eigenen Studio sind Plattenspieler, die es in großer Auswahl und allen Preisklassen gibt. „Die Nachfrage hat sich in den vergangenen 15 Jahren deutlich gesteigert“, sagt Katharina Lichtenfeld, die 2006 ins Geschäft eingestiegen ist. Verkauft werden auch ausgewählte Vinylschallplatten. Angeboten wird darüber hinaus ein Waschservice, bei dem die geliebten Scheiben mit einem besonderen Gerät gereinigt werden – ab 3 Euro pro Vinylschallplatte.
Johannes Lichtenfeld war gelernter Elektriker
Lichtenfeld ist zudem Experte für ganz besondere Schätze. In einem der Studioräume ist der Schallplattenspieler Reference der Kultmarke Thorens aufgebaut, mit vergoldeten Teilen und drei Tonarmen, der nach Komplettrestaurierung für 79.000 Euro angeboten wird. Wer kauft so etwas? „Das sind Menschen, die es sich früher nicht leisten konnten und damit jetzt einen alten Traum erfüllen“, sagt Lichtenfeld – und man hört, dass er dafür sehr viel Verständnis hat.
Der 68-Jährige, Markenzeichen: langer Zopf und Barfußschuhe, führt das Unternehmen in dritter Generation. Gegründet hatte es sein Großvater Johann Lichtenfeld 1901 um die Ecke am Burchardplatz. Radios, Plattenspieler oder Fernsehgeräte waren damals noch nicht erfunden, die Elektrifizierung der Haushalte hatte gerade erst begonnen. „Er hat alles verkauft, was damals modern war“, sagt sein Enkel. Glühbirnen, Schalter, Motoren, auch Fahrräder und Autoreifen. Sein Vater Johannes Lichtenfeld, ein gelernter Elektriker, führte dann in den 1930er-Jahren in seinem Laden in der Bergstraße die ersten Radioapparate und Musiktruhen, später kamen Waschmaschinen und Kühlschränke dazu.
Lichtenfeld musste 1993 Insolvenz anmelden
In der dritten Generation übernahmen zunächst Lichtenfelds ältere Brüder die Geschäfte. Er kam als jüngstes von zehn Kindern 1975 nach seinem Betriebswirtschaftsstudium dazu. „Zu besten Zeiten hatten wir fünf Filialen“, sagte er. Das änderte sich, als Ende der 80er-Jahre die Elektronikhandelsketten nach Hamburg kamen und mit günstigen Angeboten den Markt komplett veränderten.
Damals machten viele inhabergeführte Geschäfte dicht, auch Lichtenfeld musste 1993 Insolvenz anmelden. Noch im selben Jahr ging es unter Führung von Andreas Lichtenfeld mit einer neuen GmbH weiter. Nach mehreren Umzügen ist der Fachhändler seit 2010 im Levantehaus. Mit drei Mitarbeitern schmeißt das Familiengespann den Laden.
„Wir sind gut durch die Krise gekommen“
Dabei spielt Beratung eine zentrale Rolle. „Wir haben immer mehrere Anbieter für ein Produkt, sodass man immer im Vergleich hören kann“, sagt der Geschäftsinhaber, der viele Stammkunden hat. Das habe auch in den beiden Corona-Jahren viel ausgemacht. „Wir sind gut durch die Krise gekommen.“ Gerade im ersten Jahr, als Reisen, Konzerte und andere Veranstaltungen ausfielen, hätten viele Menschen in Musikanlagen zu Hause investiert. „2020 war unser umsatzstärkstes Jahr“, sagt der Hamburger Kaufmann. Konkrete Zahlen nennt er nicht, betont aber, dass auch 2021 und vor allem die ersten Monate dieses Jahres gut liefen.
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Auch deshalb haben er und seine Nichte beschlossen, dass sie in der aktuellen Krise durch den Krieg in der Ukraine helfen wollen und spenden zehn Prozent des Umsatzes für die Ukraine-Nothilfe. „Die Resonanz bei den Kunden ist gut“, sagt Katharina Lichtenfeld. Bis zum Ende der Aktion nach Ostern rechnen sie mit einem Betrag im fünfstelligen Euro-bereich.
Einzelhandel Hamburg: Platz für vierte Generation
Klar, dass sie selbst auch noch mal eingekauft haben. Jazz- und Fusionfan Lichtenfeld sammelt seit einigen Jahren wieder Schallplatten, nachdem er seine Sammlung vor 40 Jahren verkauft hatte. „Viel zu billig“, sagt er und schüttelt über sich selbst den Kopf. In den nächsten Jahren will er sich langsam aus dem Alltagsgeschäft zurückziehen und der vierten Generation Platz machen. Große Veränderungen plant Nachfolgerin Katharina Lichtenfeld nicht. „Der Umschwung in Richtung High End und Spezialisierung ist der richtige Weg.“